Business Design Tools Druck Digital PLUS
StartseiteDruck3D DruckIn Lebensgröße

3D Druck

07.12.2015 10:38

In Lebensgröße

Ein israelisches Start-up baut an einem neuen 3D-Drucksystem, das sich im Außenwerbemarkt etablieren soll. Die völlig neue Gel-Technologie ermöglicht zwar eine ungewöhnlich hohe Geschwindigkeit beim Drucken, benötigt dann aber auch eine entsprechende Nachbehandlung. | Mit Video

Groß. Schnell. Neu. Der Raum der Argumente für die Technologie ist klar abgesteckt. Erst vor wenigen Monaten hat das israelische Start-up MassivIt ein 3D-Drucksystem auf den Markt gebracht, das sich sowohl in seinen Ausmaßen als auch seiner Technologie jeder Vergleichbarkeit mit anderen Systemen entzieht. Das beginnt schon beim verwendeten Material: Der MassivIt-Drucker verwendet kein Filament zum Aufbau von Objekten, sondern – eine Eigenentwicklung – ein Gel mit dem schönen Kunstnamen Dimengel, das nach dem Auftragen unter UV-Licht aushärtet. Dieses Gel hat ausgesprochen günstige Eigenschaften. Es ermöglicht den Druck mit vergleichsweise hohen Geschwindigkeiten, was den Anwender freut. Es wird von MassivIt selbst hergestellt und vertrieben. Das freut MassivIt, aber den Anwender wohl weniger, weil der Preis proprietärer Technologien – und das ist nun ungünstig – ausschließlich vom Hersteller diktiert werden kann.

Wie der Name bereits vermuten lässt, ist das Besondere am „MassivIt 1800“, so heißt der Drucker, dass er Objekte mit einer Größe von bis zu 1,8 Metern Höhe, 1,5 Metern Breite und 1,2 Metern Tiefe drucken kann. Es gibt zwei Druckköpfe, sodass man theoretisch auch noch größere Objekte produzieren kann, indem man zwei Objekte, die gleichzeitig gedruckt werden können, zusammenfügt. Doch nicht nur die Dimensionen der druckbaren Masse, sondern auch die hierfür benötigte Zeit ist eindrücklich: Bis zu 35 Zentimeter pro Stunde wächst so ein Objekt. „Für eine einfach geformte Statue braucht der Drucker etwa fünf Stunden“, veranschaulicht Lilach Sapir, Marketingleiterin von MassivIt.

Außenwerbung statt Rapid Prototyping

Der Preis für eine Anlage liegt bei 300.000 Euro und das Material zum Drucken kostet pro Kilogramm etwa 100 Euro und wird in 19-kg-Kübeln ausschließlich von MassivIt vertrieben. Mit diesem Angebot plant der junge 3D-Druckerhersteller nun insbesondere Druckereien, die auf digitalen Großformat-Druck spezialisiert sind, anzusprechen. Schließlich haben sich die drei Gründer Gershon Miller, Moshe Uzan und Igor Yakubov bislang mit Großformatdruck befasst, etwa bei HP. Rapid Prototyping wäre mit dem Drucker zwar auch möglich, doch der Markt, den das Start-up aus Israel erobern möchte, hat mehr mit Figuren als mit Modellen zu tun.

Der erste und bisher einzige Kunde ist der israelische Druckdienstleister ES Digital, der mit großformatigen Druckprodukten für Visual Merchandising am POS und Ähnlichem sein Geschäft bestreitet.

Nackt

Das vom MassivIt 1800 verwendete Dimengel ist durchsichtig. Das bedeutet, dass die gedruckten Objekte anschließend noch von Hand bemalt, besprüht, überzogen oder eingehüllt werden müssen. „In dieser Größenordnung gibt es meist nur einfarbige Verfahren. Im Hinblick auf den Requisitenbereich in der Filmindustrie wäre es natürlich schön, wenn man direkt einfärben könnte. Die Erfahrung zeigt aber, dass auch bei den pulverbasierenden Verfahren die Farbechtwerte noch nicht gegeben sind, also nicht mit den hochauflösenden Ergebnissen im Digitaldruck zu vergleichen sind“, erläutert Manfred Haiberger, technischer Geschäftsführer der Schiner 3D Repro. Hinzu kommt, dass die Objekte vor Einfärbung angeschliffen und eingeebnet werden müssen, da die Baustufen des 3D-Druckprozesses meist sehr sichtbar sind.

Ob die Möglichkeit, seinen Kunden rasch einen 3D-Druck in Übergröße anbieten zu können, ein Game Changer für Druckereien bedeutet, ist allein in Anbetracht des finanziellen Aufwands, den die Einfärbung der Objekte mit sich bringt, sehr fraglich.

Ein bisschen grob

Doch nicht nur der Aufwand bei der Colorierung ist problematisch, sondern auch die relativ geringe Präzision des schnellen Großformat-3D-Druckers.

„Beim MassivIt 1800 sind die Baustufen sehr hoch. Darunter leidet die Genauigkeit. Der Einsatzbereich dieses 3D-Druckers wird sich daher auf große Teile beschränken, denn bei genaueren Teilen wird wegen der Schichtstärke eine Nachbearbeitung etwa mit CNC-Fräsen notwendig werden“, vermutet Haiberger. Er sieht den Bedarf an großen 3D-Druckteilen im Bereich der Konzeptionsüberprüfung in der Automobilindustrie und in der Flugzeugindustrie, im Bereich der Requisiten in der Filmindustrie oder auch bei Promotion-Aktionen in Einkaufszentren oder auf Flughäfen.

Auf Größe haben auch zwei andere Hersteller von 3D-Druckern gesetzt: Voxljet bietet weltweit den größten Bauraum mit 4.000 x 2.000 x 1.000 Millimeter, ExOne druckt immerhin Objekte mit maximal 1.800 x 1.000 x 700 Millimeter. Beide Hersteller arbeiten auf Basis von Quarz Sand und PMMA, wodurch ihre Einsatzgebiete zum Teil anders sind als die von MassivIt. Außerdem liegt ihre Schichtdicke im Bereich von 0,1 mm, so dass sie nicht die Geschwindigkeit des MassivIt 1800 erreichen können. Voxljet verwendet sein Verfahren allerdings ebenfalls für diverse Requisiten und Außenwerbung und steht somit im direkten Wettbewerb zu MassivIt.

Große Umstellung

Das Start-up aus Lod in der Nähe Tel Avivs glaubt daran, dass der potenzielle Markt für die 3D-Dienstleistungen mindestens genau so groß ist wie beim Großformatdruck. Haiberger ist da nicht ganz so sicher: „Wenn eine klassische Druckerei in diesen Bereich einsteigen würde, wären die mit so einer Anlage überfordert. In dieser Größenordnung ist das schon eine gewisse Herausforderung. Wenn man aus dem klassischen 2D-Druckbereich kommt, ist das eine ganz andere Welt. Allein die Datenaufbereitung der 3D-Daten ist völlig anders, als bei dem 2D-Druckprozess. Man braucht dementsprechend Know-how in der 3D-Druckdatenaufbereitung und man muss sich mit der Technologie und dem Maschinenequipment auseinandersetzen.“ Andererseits wieder: Gerade bei Druckereien könnte das größere Wagnis im Beharren auf Bekanntem liegen.

Ann Kimminich

(4c Printausgabe 6/2015)

leaderboard,skyscraper,rectangle_cad_300_250,banner_468,rectangle_300_250,rectangle_300_100