Business Karriere Design Tools Druck Digital
StartseiteBusinessBusiness-BlogNur ein Stockwerk

Business-Blog

06.12.2010 10:53

Nur ein Stockwerk

Warum eine tschechische Druckerei auf der Buch Wien mutmaßlich gute Geschäfte gemacht hat. Und heimische Druckereien nicht.

Mehr als 30.000 Besucher und eine Druckerei aus Tschechien: die Buch Wien 2010 © Reed Exhibitions
Web-Links Buch Wien

Von Martin Schwarz

Zwischen dem Sitz des Verbands Druck und Medien und jenem des Hauptverbandes des österreichischen Buchhandels liegt nur ein Stockwerk. Wenige Stufen bloß trennen die beiden Interessenvertretungen und gleichzeitig auch wieder Welten.

Welten vor allem im Verständnis des letztlich gemeinsamen, schrumpfenden Marktes, Welten auch in der Einschätzung der eigenen Möglichkeiten, als Interessenvertretung für gleichermaßen bedrängte Drucker und Buchhändler noch auf die durch neue Technologien verursachten ökonomischen Fliehkräfte einwirken zu können. Aus dem einen Stockwerk hört man: nichts. Aus dem anderen Stockwerk ist zumindest ein gewisses Bestreben zu bemerken, sich den augenscheinlichen Unvermeidbarkeiten wahlweise entgegen zu stellen oder sich mit ihnen zu arrangieren.


Kühn haben große Buchhandelsketten in Österreich sich etwa als Vertriebspartner für E-Book-Reader in die Schlacht um Marktanteile am künftig papierlosen Lesen geworfen. Nach einigen Monaten müssen sie bekennen: der bibliophile Österreicher verbindet die Tätigkeit des Lesens erstaunlich störrisch mit Papier, die vor Monaten getätigten, hoffnungsfrohen Einschätzungen über den steilen Aufstieg der Plastikvariation des Buches können wieder gekübelt werden. Wenn stationäre Buchhändler, deren einziges echtes Asset die Bereitstellung von Platz für Bücher ist, sich auf das Abenteuer E-Book einlassen, weiß man zuerst einmal nicht, ob man das als Mut oder doch vielleicht Verzweiflung identifizieren soll. Sicher dagegen ist: die Buchhändler haben eine Agenda – und zwar eine, die sich an ihren Markt, ihre Konsumenten richtet, auch wenn sie vielleicht noch nicht besonders schlüssig ist.

Mitte November haben die Buchhändler wieder einmal die Buch Wien veranstaltet, eine klassische Publikumsmesse für Leser. Mehr als 30.000 Menschen waren diesmal da, zahlten brav jeweils sieben Euro Eintritt, um Bücher zu betrachten, anzufassen, darin zu blättern. Der Hauptverband hat damit dokumentiert: das Buch taugt noch zum Publikumsmagneten, es liegt noch nicht in musealer Agonie.

Eine Druckerei war auch auf der Buchmesse. Finidr aus Cesky Tesin. Mit einem beeindruckenden, hoch professionellen Prospekt und gutem Standpersonal wird sie wohl die Basis für den einen oder anderen Druckauftrag von einem der ausstellenden Verlage gelegt haben. Keine einzige österreichische Druckerei hingegen war auf der Buchmesse vertreten. Es gab keinen Gemeinschaftsstand der heimischen Drucker, keine wie auch immer geartete Aktivität derjenigen, die aus den Gedanken der Autoren erst Bücher machen – eben jene Produkte, von denen Menschen offenbar noch immer fasziniert sind.

 

Es wäre ungerecht, dem Verband Druck & Medien das Fehlen einer Agenda zu unterstellen. Aber so es sie gibt, nimmt die Außenwelt sie kaum wahr. Wie sollte sie auch.

 
Stockwerkswechsel. Es wäre ungerecht, dem Verband Druck & Medien das Fehlen einer Agenda zu unterstellen. Aber so es sie gibt, nimmt die Außenwelt sie kaum wahr. Wie sollte sie auch. Denn die Agenda des Verbandes richtet ihren Fokus ganz augenscheinlich auf die Mitglieder des Verbandes, nicht aber auf den Markt, den Kunden und den Kunden der Kunden, betastet mit hypochondrischer Präzision vor allem die eigenen Befindlichkeiten. Die Abwesenheit bei der Buchmesse war eine verpasste Gelegenheit, leider.

Die nächste Buch Wien findet vom 17. bis 20. November 2011 statt. Für ein Engagement im nächsten Jahr wäre nur ein Stockwerk zu überwinden. Oder eine Welt.

leaderboard,skyscraper,rectangle_cad_300_250,banner_468,rectangle_300_250,rectangle_300_100