Sie haben diesen Artikel am 10.09.2016 um 04:51 ausgedruckt.
Den kompletten Artikel mit den zugehörigen Bildern und Medien finden Sie unter https://4-c.at/home/goto/aid/28613

Drupa 2016

19.02.2016 21:00

Heidelberg will Daten veredeln

Daten statt Tonnen. Maschinen sind - mit einer gewichtigen Ausnahme - nur eine Randnotiz im Drupa-Angebot von Heidelberg. Der Konzern nimmt seinen Slogan "We are more than machines" derzeit überaus ernst.

Ein Teil der neuen Icon-Welt von Heidelberg: Fernanalysen und Fernwartung werden zu einem wichtigeren Teil der Konzernausrichtung. © Beigestellt
4c Extra Die_Heidelberg_Roadmap.pdf

Dass Heidelbergs Zukunft gänzlich aussieht als Heidelbergs Gegenwart, erkennt man vielleicht am besten an Heidelbergs Vergangenheit. Rückblick auf die Drupa 2012: Heidelberg macht das ökologische Drucken zu einem der Kernthemen, die Speedmaster SX-Plattform wird vorgestellt, die Kooperation mit Ricoh inszeniert und die Presseabteilung verkündet Wochen vor der Messe mit einem Stolz, dass nun 2.000 Tonnen Material nach Düsseldorf speditiert würden. Der Heidelberg-Stand wird mit alten Druckplatten eingekleidet. Damals gab es dafür sogar einen Design Award.

Freilich wird Heidelberg auch bei dieser Drupa Variationen seines Offset-Portfolios präsentieren, mit neuen Generationen der Anicolor XL 75 und des Stahlfolder TH/KH 82-P. Aber das sind lediglich lineare technologische Entwicklungen, ein durchaus erwartbares Pflichtprogramm zur Großmesse Drupa.

Zum ersten Mal aber erfüllt der Druckmaschinenbauer, der neuerdings mehr sein will, seinen Claim „We are more than machines“ mit dem Anspruch, ein Ökosystem rund um seine installierte Maschinenbasis aufzubauen, das Daten und Algorithmen konsequent zur Performance-Steigerung von Druckereien nutzt.

Das Netzwerk, das Heidelberg da aufgebaut hat, generiert aus den Daten von 10.000 Maschinen und 15.000 Software-Produkten ein System technologischer Schwarmintelligenz. Kunden können über ein Portal auf diese Datenbasis zugreifen und darüber hinaus alle Service-Dienstleistungen von Heidelberg abrufen – von der Bestellung von Verbrauchsmaterialien bis zum Fernsupport.

Es ist nur ein kleines Feature, auf den ersten Blick eine Verspieltheit, aber möglicherweise bald das zentrale Element der neuen Strategie von Heidelberg: der so genannte „Heidelberg Assistant“, der ebenfalls zur Drupa vorgestellt wird als Erweiterung des e-Shops von Heidelberg. Mit dem System, einer Art App, können Drucker künftig einen Überblick über empfohlene Wartungen gewinnen, Serviceanfragen stellen oder Verbrauchsmaterialien bestellen. Algorithmen werden über das System eine analytische Intelligenz legen, die etwa dem Drucker die richtige Menge an Materialbestellung empfiehlt oder sogar selbständig die passenden Verbrauchsmaterialien bestellt.

Natürlich verfolgt Heidelberg ein Kollateralkalkül für all diese Neuerungen: einerseits das Service-Geschäft so weit wie möglich zu automatisieren, es mit der Datenbasis skalierbar zu machen, den Kunden im Ökosystem Heidelberg zu halten und ein Fundament zur direkten Kapitalisierung dieser Daten zu legen. Disruptiv ist das für sich genommen noch nicht. Kann es aber werden. Unter Umständen setzt Heidelberg den einzig möglichen Impuls für Disruption in einem enorm saturierten ökonomischen Umfeld. Heute noch mag vieles Kür sein, was da vorgestellt wurde. Bald schon wird es Pflicht sein. Genau so Pflicht wird es aber werden, die schöne neue digitalisierte Servicewelt zu einem Ertragsbringer auszubauen. Daran fehlt es wohl noch ein bisschen.

Bleibt noch die Ausnahme der erstaunlichen Zurückhaltung beim Maschinenbau: Heidelberg wird zur Drupa gemeinsam imt Fujifilm eine Inkjet-Maschine im B1-Format vorstellen. Mehr dazu in unserem Kommentar zur neuen Primefire 106 von Heidelberg.

Martin Schwarz, Heidelberg

Werden Sie die Drupa besuchen? Was erwarten Sie dort? Machen Sie jetzt bei unserer großen Drupa-Umfrage mit!