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Etikettendruck

27.07.2015 06:59

Die Chance klebt

Merkbar experimentierfreudig zeigt sich der Etikettendruck bei der Nutzung neuer Technologien. Wahrscheinlich kommt die ganze Laborlust ja auch aus Sorge vor Verdrängung durch Direktdruck.

1. Wer Etiketten kann, könnte auch Verpackung.

Viele Druckdienstleister wollen in den Verpackungsmarkt, aber möglicherweise haben Etikettendrucker jedenfalls in einem sehr engen Segment besonders gute Voraussetzungen dafür und die nötige Motivation: Das Etikett ist ja in einigen Anwendungsfeldern durchaus anfällig dafür, ersatzlos verdrängt zu werden durch Drucktechnologien, die etwa direkt auf eine Verpackung die nötigen Informationen auftragen. Deshalb glaubt Mike Fairley, einer der Entwickler der diesjährigen Labelexpo im September in Brüssel, dass die Zulieferindustrie die Verschmelzung von Etikett und Verpackung mit neuen Aggregaten anschieben wird. Etikettendrucker können sich damit zumindest die unteren Segmente des Verpackungsmarktes erschließen und komplementäre Produktwünsche eröffnen: „Etikettendruckmaschinen, egal ob analog, hybrid oder digital, werden in diesem Jahr verstärkt mit erweiterten Funktionalitäten zur Produktion kleinauflagiger Tüten, Beutel, Tubenlaminate, Schutzhüllen, kleiner Kartonagen und flexibler Verpackungen angeboten, die für größere Verpackungsdienstleister ökonomisch nicht besonders sinnvoll sind.“ 

2. Etiketten werden mit Hightech vollgepackt.

Wenn das Etikett als bloßer Informationsträger auch vom direkten Druck auf Behältnisse oder Produkte stark herausgefordert wird, so dürfte es als Brücke zu digitalen Technologien eine neue Funktion gefunden haben.

Im März stellte der britische Spirituosenhersteller Diaego auf dem Mobile World Congress in Barcelona einen Prototypen einer smarten Flasche für den Johnnie Walker „Blue Label“-Whisky vor. Das NFC-Sensor-Tag stammt vom norwegischen Unternehmen Thin Film Electronics, das die Open Sense-Technologie ursprünglich entwickelt hatte, um anzuzeigen, ob das Siegel einer Flasche durchbrochen wurde. Sobald der Whiskyconnaisseur die Flasche öffnet, wird eine Sollbruchstelle des Etiketts beschädigt. Jetzt gibt der Sensor einfach eine neue Information heraus. Zudem sind die Tags auch mit einer ID versehen, die vor Fälschungen schützt.

Das ist für einen Scotch Whisky, von dem der Liter über 100 Euro kostet, verständlich. Doch die Kommunikation mit dem Kunden hört an dieser Stelle noch längst nicht auf. Und das weiß auch Diaego. Vor dem Regal möchte der Kunde vielleicht eine Entscheidungshilfe, welche Marke die beste ist und ob ein Single Malt oder vielleicht ein Blend angebracht ist. Zuhause wiederum steht die Frage an, auf welche Weise man ein so luxuriöses Getränk angemessen genießen kann. Wie warm oder kalt sollte der Johnny Walker beispielsweise serviert werden? Das alles kann mit der Open Sense-Technologie mit dem Handy über das Etikett ausgelesen werden.

Ein QR-Code ist ein anderes, sehr simples Mittel, das Etikett anzureichern. Allerdings hat sich das simple System noch nicht sehr breitflächig durchgesetzt. Ein Grund für die ansonsten doch schleppende Durchdringung mit QR-Codes ist die oftmals zweckentfremdete Verwendung. In vielen Fällen führte der Link lediglich zu einer Homepage, die nicht einmal handyoptimiert war. Jetzt gibt es immer mehr Sachen, die einen echten Zusatznutzen bieten. „Ich glaube, dass der QR-Code sich noch mehr verbreiten wird, weil er etwas wirklich Praktisches, etwas sehr Einfaches, Kostengünstiges und etwas Verlässliches ist“, glaubt Johannes Michael Wareka, Geschäftsführer von Marzek Etiketten & Packaging in der Nähe Wiens.

3. Der Etikettenmarkt wird zum Proberaum für Personalisierung.

Es gibt nicht viele Technologien, bei denen die Diskrepanz zwischen Prognose und tatsächlicher Nutzung so sichtbar ist wie bei der Personalisierung. Aus dem Hype wurde eine Hängepartie. Das technologische Wunderkind hat seine Talente nicht wirklich zeigen können, es gilt als zickig und so richtig hat sich die Erkenntnis noch keine sehr breite Schneise geschlagen, wozu diese Talente denn eigentlich gut sein sollen. Mag sein, bei Etiketten ist das etwas anders, weil Personalisierung auf Etiketten möglicherweise intensiver wahrgenommen wird und direkt mit dem Produkt korrespondieren kann. Ungefähr 800 Millionen personalisierte Etiketten mit den beliebtesten 150 Namen in mehr als 32 Ländern, in 15 Sprachen und fünf verschiedenen Alphabeten hat der Koffeintrunkhersteller Coca-Cola vor einiger Zeit produzieren lassen und das in eine entsprechend interaktiv aufgebaute Kampagne eingebettet. Immer noch greifen Verbraucher lieber zur Coke mit dem eigenen Namen.

Nun gibt es auch den Schokoaufstrich Nutella für Peter und Sofie im Supermarktregal. Die Verbraucher konnten sich online ihr Etikett in der Markenanmutung mit dem persönlichen Kose- oder Rufnamen gestalten, wenn sie zuvor ein spezielles Aktionsglas im Supermarkt erstanden hatten. Im Deckel gab es Aktionscodes, mit denen man die gestalteten Etiketten bestellen und so sein Glas neu ausstatten konnte.

Nun werden ganze Sujets und nicht bloß Texte und Nummern individualisiert. Wiederum für Coca-Cola wurden kürzlich zwei  Millionen Flaschen bis auf das berühmte Logo komplett individualisiert, jede Flasche wurde zum Unikat. Die „Stay Extraordinary"-Kampagne wurde von Coca- Coca Israel für Diet Coke mithilfe der Agentur Gefen Team sowie Q Digital und HP Indigo ins Leben gerufen. Ein spezieller Algorithmus sorgt dafür, dass Millionen einzigartiger Designs automatisch generiert und anschließend auf die Flasche gebracht werden können.

Die Experimentierlust der Branche scheint groß. „Bei Marzek Etiketten und Packaging haben wir voriges Jahr im Rahmen eines Studentenprojekts für eine Weinserie 3000 verschiedene Etiketten produziert, die nur eines gemeinsam hatten: Das Logo prangte ganz groß in der Mitte. Die Designs haben sich jeweils verändert. Es gab 60 Serien von jeweils 50 Etiketten, die zusammen eine Geschichte erzählt haben. Das war eine wirklich tolle Aktion. Dafür mussten wir mit HP gemeinsam die ganze Hardware aufrüsten, damit Datenmenge und Produktionsgeschwindigkeit zusammenpassen“, erzählt Marzek-Chef Wareka. „Individualisierung wird verstärkt kommen. Das ist nur eine Frage der Zeit.“ Bei Etiketten wird diese Frage sich möglicherweise schneller beantworten lassen als in anderen Bereichen des Druckmarktes.

4. Die UV-Inkjet-Technologie wird sich auf Etiketten beweisen müssen.

Ein sehr attraktives Feld des Digitaldrucks ist der UV-Inkjet. Dies liegt vor allem daran, dass UV-Inkjet für zahlreiche dekorative und industrielle Zwecke eine sehr gute Wahl ist, unter anderem, wenn es um den „No-Label“-Look geht. Er liefert einfach beste Ergebnisse, wenn es um siebdruckähnliche Effekte geht – zum Beispiel, um einen intensiven Farbauftrag mit schönen glänzenden Farben oder um den Druck auf Kunststoffen. Die chemische Beständigkeit und Lichtechtheit sind auch eher auf der technologischen Haben-Seite des UV-Inkjets. Etiketten sind zwar keine Plakate, müssen aber dennoch oft genug im Außeneinsatz bestehen.

Allein die technologische Umsetzung ließ auf sich warten. Da kommt es nämlich nicht nur auf die Kopftechnologie an, sondern vor allem auf jene für die Trocknung und das Gesamtkonzept. Mittlerweile haben UV-Inkjet-Systeme eine gewisse Marktreife erreicht. „Inkjet hat schnell an Akzeptanz gewonnen und die Menge an installierten UV-Inkjet-Maschinen, die bereits im Einsatz befindlichen UV-Flexo-Maschinen ergänzen, nimmt sogar noch schneller zu“, erläutert Mike Fairley.

Es hapert allerdings noch ein wenig an der Präzision. „Die Produktion von feinen Etikettendetails auf bestimmten Materialien ist noch nicht ganz perfekt. Und preislich ist der UV-Inkjet auch nicht immer am günstigsten“, kommentiert  Johannes Michael Wareka.

Bereits während der letzten Labelexpo hat Gallus indes mit der ECS 340 die weltweit erste LED-UV-Anwendung im schmalbahnigen Etikettendruck vorgestellt. Im Akzidenzdruck hat sich die Spielart des UV-Drucks schon ein wenig etabliert, doch für den industriellen Einsatz bei den Etiketten langt die technologische Reife noch nicht. Das gilt besonders für die Verwendung von Low-Migration-Farben. „Das Potenzial von LED-UV ist in unseren Augen sehr hoch und wir gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren viele entsprechende Maschinen damit ausgestattet sein werden“, so Martin Kast, Produktmanager beim Schweizer Maschinenbauer Gallus. „Im Moment gibt es auch bei den höheren Geschwindigkeiten noch Probleme. Wenn es denn aber einmal soweit ist, bietet UV-LED sehr viele Vorteile. Neben dem Energieverbrauch, der bei konventionellen UV-Lampen extrem hoch ist, fällt die Hitzeentwicklung deutlich geringer aus“, so Kast.

Anja Schlimbach

(4c Printausgabe 4/2015

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