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LE-UV

13.11.2013 10:48

Es ist Trockenzeit

Die höhere Geschwindigkeit bei der Bewältigung von Druckjobs ist eines der meistverwendeten Argumente für den Einsatz der LE-UV-Technologie. Dabei würde es spannendere Beweisketten für die hohe Akzeptanz dieses Verfahrens geben.

Der Kanton Appenzell in der Schweiz, das ist nicht unbedingt das pochende Herz gesellschaftlicher Entwicklungen. Das Frauenwahlrecht wurde hier zum Beispiel erst 1990 eingeführt. In der Drucktechnik sind die Appenzeller schon forscher: Die Druckerei „Appenzeller Volksfreund“ hat etwa erst vor wenigen Monaten in eine LE-UV-Maschine von Heidelberg – eine Speedmaster XL75-6-P+L-C LE UV – investiert, das letzte einer ganzen Reihe von LE-UV-Engagements in der Schweiz: In keinem anderen Land wurden von Heidelberg mehr Druckwerke dieses Typs verkauft. „Das führen wir auch ein wenig darauf zurück, dass die Schweiz ein sehr kleines und sehr innovatives Land ist und es deshalb unter den Druckereien noch viel Kommunikation gibt. Jedenfalls haben einige Schweizer Druckdienstleister sehr schnell erkannt, dass es sich hierbei um ein interessantes Verfahren handelt. Ganz besonders, wenn sehr viele Naturpapiere eingesetzt werden, denn die brauchen eine deutlich längere Trockenphase“, sagt Heidelberg-Produktmanager Frank Süsser. Die Verarbeitung von Naturpapieren ist auch ein Argument von Markus Rusch, Geschäftsführer der Druckerei Appenzeller Volksfreund: „Bei Offset- und Naturpapieren erreichen wir eine sichtbar bessere Brillanz in den Farbtönen. Dies einerseits deshalb, weil die Druckfarbe an der Oberfläche des Bedruckstoffs sofort getrocknet wird und nicht weiter in das Papier einschlägt und dadurch die Tiefenwirkung verloren geht. Andererseits können wir durch das Führen von etwas mehr Farbe im Druckprozess einen größeren Farbraum abdecken“, sagt Markus Rusch.

 

Schneller Durchlauf

 

Auf den ersten Blick erscheint LE-UV allerdings in eher unspektakulärem Gewand: Die Technologie wird als kompakter Schaltschrank geliefert, der die gesamte Elektronik inklusive Abluft umfasst und mit einer bis maximal drei UV-Lampen ausgestattet werden kann. „Wir haben eine Low-Energy-Anlage kreiert, die mit extrem wenig Energie auskommt, und doch schon lange bewährte UV-Lampen verwendet, die wir auch in unseren größeren UV-Anlagen einbauen“, so Frank Süsser. „Mit hochreaktiven Farben und Lacken ist die Trocknung schon mit einer Lampe in der Auslage möglich.  Einer der großen Vorteile ist, dass der Bogen sofort nach dem ersten Druckdurchgang trocken ist. Man bekommt also den Auftrag sehr schnell durch den Drucksaal.“

Letztendlich steht damit nicht nur eine schnelle Wendung im Drucksaal dahinter, sondern auch in der Weiterverarbeitung. „Die LE-UV-Trocknung erlaubt es, die ganzen Risiken auszuschließen, die bestehen, wenn der Bogen eben nicht trocken in die Auslage gelangt. Der ganze Prozess wird sicherer. Es gibt kein Schmieren, es gibt kein Kratzen. Damit kann man ganz anders mit dem Bogen in der Auslage umgehen“, ergänzt Jens Becker, Geschäftsführer des Druckhaus Becker, der erste Anwender in Deutschland, der eine Maschine mit diesem Verfahren eingesetzt hat.

Jenseits der Trocknung

Wirft man einen Blick hinter die Kulissen, wird das große Interesse des Markts dann noch verständlicher. Dann sind nämlich Potenziale zu sehen, die hinter der schnellen Trocknung liegen. Naturpapiere oder satinierte Papiere benötigen ja lange Trocknungszeiten. „Wenn sich heute eine kleine oder mittlere Akzidenzdruckerei von den ganz Großen abheben will, muss sie überlegen, welchen Mehrwert sie den Kunden anbieten kann und will. Diesen Mehrwert kann man mit LE-UV erzielen, indem man auf Papiere oder Materialien geht, die nicht ganz so einfach zu verarbeiten sind und mit denen man sich von der Masse abheben kann“, erläutert Frank Süsser.

Mehr Anwendungen

„Sie können sämtliche nichtsaugenden Materialien bedrucken, was vorher auch konventionell nicht oder nur bedingt möglich war. Sie bekommen zum Beispiel exzellente Ergebnisse auf Naturpapieren, ohne dass farbliche Veränderungen entstehen, ohne Wegschlagen, alles resultierend aus den schnell trocknenden Farben“, so Jens Becker. Die UV-Technologie verkürzt aber nicht nur die Trocknungszeiten von Materialien, sie kann auch Materialien und Verfahren in Anwendung bringen, die sich noch einmal ein ganzes Stück vom konventionellen Offsetdruck abheben. „Ob Deckweiß-, Hybridlack-, Strukturlack- oder Folienanwendungen. Man hat hier unglaublich viele Möglichkeiten.“

Für Druckereien auch interessant ist die Möglichkeit, die Wertschöpfungskette im eigenen Haus zu behalten. „Unser UV-Lack-Anteil an Aufträgen war schon immer recht hoch. Wir haben gedruckt und den UV-Lack als Fremdleistung zugekauft. Deshalb haben wir nach Lösungen gesucht und mit LE-UV die passende gefunden“, so Jens Becker. „Wir drucken qualitativ hochwertiger, inline und ohne Puder, schneller und preisgünstiger.“ Beim Schweizer Unternehmen AquaPrint, das sich auf den Postkartendruck spezialisiert hat, reicht der Glanz, der sich hiermit erzeugen lässt, aus, um vom Laminieren wegzukommen. Die Postkarten werden in Zukunft einfach mit UV-Hochglanzlack belegt. 

Reich an Kniffen

Es können also richtige Spezialanwendungen realisiert werden. Die Druckerei hat einfach die Option, mehr anzubieten. Davon können vor allem kleine und mittlere Druckereien partizipieren. „Natürlich ist das UV-Verfahren für Akzidenzdruckereien nicht unbedingt von vornherein bekannt. Man kann sagen, dass die Farben, die hier eingesetzt werden, mit ihren Eigenschaften sehr nah an normalen Offsetfarben sind“, ergänzt Frank Süsser.

Eine Herausforderung gibt es dann aber schon. „Wir sind mittlerweile so weit, dass die Technologie im Alltag funktioniert. Es ist aber nicht so einfach, wie wenn man im konventionellen Offset druckt, der schon 100.000 Mal irgendwo installiert ist und seit Jahr und Tag läuft. Es gibt gewisse Kniffe und man muss sich schon ein bisschen tiefer mit der Materie befassen. Allein durch die immense Bandbreite an Bedruckstoffen gilt es, immer neue Lösungen zu generieren. Das kann man mit dem konventionellen Offsetdruck auch nicht mehr vergleichen. Wir stellen uns dieser Sache ganz bewusst“, fügt Jens Becker hinzu.

Auch sind die Farben etwas teurer. Die Mehrkosten pro Auflage muss der Markt also aufnehmen können. „Im Vergleich zur Offsetfarbe mit 100 Prozent liegt eine UV-Farbe bei 200 Prozent der Kosten und eine hochreaktive UV-Farbe sogar bei ungefähr 230 Prozent. Das sind schon relativ hohe Werte“, fügt Frank Süsser hinzu. „Allerdings muss man auch in Betracht ziehen, dass mit geringeren Farbschichtdicken gefahren werden kann. Von den Druckereien haben wir gehört, dass bis zu 25 Prozent weniger Farbe verbraucht wurden. Die Druckerei Appenzeller Volksfreund geht zudem davon aus, dass die Farben im Preis sinken, je mehr sie eingesetzt werden. Und durch die Sicherheit, dass in der Weiterverarbeitung nichts passiert und die Nachdruckkosten gering sind, spielt dieser etwas höhere Preis der Farbe eine untergeordnete Rolle, so dass sich das für die Kunden auf jeden Fall lohnt.“

Zurück zur Geschwindigkeit

Wenn man  dann wieder bei der Geschwindigkeit anlangt, stellt sich zum Thema Mehrwert noch die Frage nach der Integration in die Anicolor-Technologie von Heidelberg, wodurch extrem kurze Rüstzeiten in Verbindung mit extrem geringer Makulatur gesetzt würden. „Einige Druckereien setzen bereits konventionelle UV-Farben, die wir schon für Anicolor qualifiziert haben, für Akzidenzdrucksachen ein. Natürlich ist das auch unser Gedanke, dass wir hier in Verbindung mit LE-UV weiterkommen. Aber hier ist der Schlüssel die Kombination von Farbe und der Anicolor-Technologie, denn da haben wir aufgrund der Rasterwalzentechnologie einen geringeren Spielraum, in dem wir mit der Farbe arbeiten können. Wir werden aber in den nächsten Monaten prüfen, wie wir LE-UV auch für die Anicolor qualifizieren können“, verspricht Frank Süsser.

Eine weitere Veränderung ist auch schon zu spüren. Die Anzahl der Anbieter von hochreaktiven UV-Farben hat sich in den letzten Monaten deutlich erhöht. Dies wird ein größeres Angebot an Farben bringen und die preisliche und regionale Situation entspannen. „Druckfarben sind das eine, aber auch alle weiteren Verbrauchsmaterialien spielen eine wichtige Rolle bei LE-UV. Wir arbeiten daran, zukünftig LE-UV-Farben und alle sonstigen benötigten Produkte über unsere Saphira-Reihe anbieten zu können“, so Frank Süsser. 

Bleibt festzuhalten, dass die Technologie eine ist, die in Zukunft durchaus ihren Platz in den Offsetdruckereien einnehmen kann. Dabei kommt es aber nach wie vor auf die Anwendungsgebiete an. Ist der Zeitdruck nicht da und spielt die Trocknung keine spezielle Rolle, ist LE-UV nicht unbedingt notwendig. Daher wird das Verfahren nicht zum Massenprodukt, das die komplette Offsettechnologie überrollt. Aber es wird doch seine Markierungen in der Offset-Umgebung hinterlassen. Und damit ist dann doch irgendwie die Geschwindigkeit wieder das schlagende Argument.

Anja Schlimbach

(4c Printausgabe 7/2013)

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