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Large Format

05.12.2012 10:17

Das beherrschbare Chaos

Gerade im Large Format-Bereich zeigen sich die Grenzen der Automatisierung: zu viele Variablen beim Endprodukt machen es Software-Anbietern schwer, alle Eventualitäten in ihren Programmzeilen festzuhalten.

Wie in allen anderen Industriezweigen gilt auch in der grafische Industrie die Faustformel: Je stärker ein Verfahren standardisiert ist, umso besser lässt es sich automatisieren. Das Verhältnis zwischen standardisierbaren Verfahren und der Breirte der Produktpalette ist aber im Large Format-Bereich eher ungünstig.  Natürlich gibt es einige Produkte die standardisierbar sind, etwa Aufhänger in Kaufhäusern, Banner oder Stadionwerbung. Dem stehen jedoch sehr viele Anwendungen gegenüber, die ganz und gar nicht berechenbar sind, weil zum Beispiel bestimmte Aufsteller verwendet werden, weil der Kunde sich bestimmte Rahmen wünscht, weil sich erst im Nachhinein noch Wünsche ergeben. Und dann ist es schwierig, so etwas einfach im Workflow durchlaufen zu lassen. „Dass vorne Daten gefüttert werden und hinten als fertige Produkte aus dem Drucker fallen, das gibt es natürlich auch. Aber standardisierbare Produkte sind gerade im Großformat nicht die Regel“, erklärt Karsten Schwarze, der sich beim Hamburger Großformat-Dienstleister Impressed primär mit Datenaufbereitung und -ausgabe beschäftigt.

Die Folge: Im Großformat-Segment gibt es auch nur wenige geschlossene Workflowsysteme. „Viele Large Format-Druckerereien, vor allem die kleineren, nutzen nur sehr wenig Automatisierung oder Qualitätskontrolle. Es gibt immer noch sehr viele manuelle Arbeiten und in den meisten Fällen müssen alle Jobs von vielen Leuten angeschaut und oft auch angefasst werden. Das geht mit erheblichen Kosten einher und gestaltet den Wettbewerb viel schwieriger“, erklärt  Carole Demeulemeester, Marketingbeauftragte des belgischen Softwarespezialisten Four Pees.

Zwar werden  Workflowsysteme, die aus dem Akzidenzbereich kommen, auch im LFP verwendet, können hier allerdings nur teilweise genutzt werden. Das ist unsinnig, wenn sich das gleiche auch mit einer kleinen Lösung umsetzen lässt. „Wir steuern die Produktion oft über die Auftragsdaten“, ergänzt Karsten Schwarze. Der Kunde hat entweder eine Datenbank oder kann XML nutzen, zum Beispiel mittels eines Web-Frontends. „Dort melden sich die Kunden an und laden die Daten hoch, die sofort geprüft werden. Gibt es Diskrepanzen, bekommen sie sofort ein Feedback. Ansonsten werden die Information in eine XML-Datei gepackt, strukturiert und dem Job mitgegeben. Dass man sehr gut diversifizieren kann,  was geht und was nicht, ist der Vorteil, wenn man sich im Vorfeld entsprechend Gedanken macht“, erläutert Karsten Schwarze.

Keine Steckdosen

Trotzdem ist eine Automatisierung zwar wünschenswert, aber nur selten realisierbar. Jede Druckerei hat ihre eigenen Abläufe und ist ein klein wenig anders aufgestellt als die anderen. „Natürlich sind alle darauf erpicht, etwas Spezielles anbieten zu können, etwas noch besser machen zu können. Das macht schließlich auch den Reiz in der grafischen Industrie aus. Aber es verhindert auch eine Standardisierung. Wenn das in der Elektronik so wäre, würden wir keinen Stecker in die Steckdose bekommen“, so Karsten Schwarze.

Was jedoch gleich sein kann und gleich sein sollte, ist die Nutzung der Auftragsinformationen. „Meine Erfahrung ist, dass in den meisten Betrieben alle für alles verantwortlich sind. Die eine Kollegin bekommt die Daten der Kunden und leitet sie per E-Mail an die Vorstufe weiter. Dort liest ein weiterer Kollege die E-Mail, vergisst aber zu antworten. Und so landen Informationen irgendwo im Nirvana“, so Karsten Schwarze. Werden allein schon die Verantwortlichkeiten festgeschrieben, kann das Prozedere erheblich beschleunigt werden. Die Kollegin, die die Auftragsdaten erhält, generiert im BDI-System eine Auftragsnummer. Damit liegen alle relevanten Informationen vor: der Maßstab, in dem gedruckt werden soll, die Druckmaschine die verwendet werden soll, und die Substrate, die bedruckt werden sollen. Diese Informationen werden über einen digitalen Laufzettel, an den Job geheftet und stoßen so den Workflow an.

Betrachtungsfrage

Bereits jetzt kann dann auch ein Preflight erfolgen. Eine Besonderheit hier ist die Skalierung. Bei keinem anderen Druckverfahren werden Daten in einem Maßstab angeliefert. Im LFP gibt es allein aufgrund von Limitierungen der Anwendungsprogramme dagegen oft Maßstäbe von 1:4 oder 1:10. Und der Maßstab sollte wiederum abhängig von Endgröße und Betrachtungsabstand in Relation zu einer passenden Auflösung gesetzt werden. „Ein großer Fine Art Print, der später in einer Galerie ausgestellt wird, muss eine höhere Auflösung haben, also mehr Details darstellen, als wenn der Ausdruck hier in Hamburg am Congress Center hängt. Im letzten Fall genügen übertrieben gesagt auch fünf dpi“, erklärt Karsten Schwarze. „Deshalb ist es sehr nützlich, wenn abhängig von einem Betrachtungsabstand und der Endgröße des Produkts in der Software auch die Bildauflösung abgefragt wird. So haben wir zum Beispiel Pitstop von Enfocus dementsprechend angepasst. Es müssen nur ein paar Parameter vor der Ausführung an den Preflight gegeben werden. Dieser wird dann darauf bezogen geprüft.“

Insofern kann bereits die Kollegin, die Daten aufnimmt, wieder mit den Auftraggebern Kontakt aufnehmen, wenn das Format nicht stimmt. „Stellen Sie sich vor, eine Bank möchte die Fassade erneuern, aber irgendjemand hat vergessen, in Illustrator den richtigen Knopf zu drücken. Das Bild ist deshalb nur noch mit 70 dpi aufgelöst. Dann haben Sie anstatt eines Bildes einen Pixelwust, den man, wenn man gut gewillt ist, im besten Fall noch für einen QR-Code halten kann. Und das kann man natürlich durch diesen Workflow vermeiden. Da braucht es jetzt keine Druckvorstufenexperten, das kann auch jemand machen, der die Auftragsdaten hat. So wird jede Datei, die in die Produktion geht, vorher überprüft, ob sie drucktauglich ist“, erläutert Karsten Schwarze.

Transparenzpaket

Eine weitere Besonderheit sind die eingesetzten RIPs. In vielen Betrieben sind solche im Einsatz, die Schwierigkeiten mit bestimmten Konstrukten wie Transparenzen oder Überdrucken haben. „Das sind Punkte, die vielen LFP-Dienstleistern schwer im Magen liegen. Es stimmt aber nur zum Teil, dass die Systeme das nicht leisten können. Oft treten einfach Fehler in der Datenaufbereitung auf. Es gibt Tools auf dem Markt, die in der Lage sind, diese Eigenschaften einer PDF-Datei zu erkennen und so aufzubereiten, dass sie auf allen Systemen auch korrekt ausgegeben werden können“, so Karsten Schwarze. „Man muss nur wissen, wie sich die Ausgabegeräte verhalten. Das kann man mit entsprechenden Testdateien abprüfen“, entgegnet Karsten Schwarze. „Dann kann man im PDF-Preflight genau auf diese Punkte prüfen, bei denen die Schwierigkeiten auftreten. Wenn das Programm einen Fehler generiert, kann man auch darauf Einfluss nehmen.“

Um Abläufe automatisieren zu können, muss einfach der Ablauf im Betrieb transparent sein. Jeder Beteiligte muss wissen, wo seine Verantwortlichkeit liegt. Außerdem muss der Auftrag digital beschrieben sein. „Das muss dann an eine Software übergeben werden, die den Auftrag von der Datenannahme bis zur Ausgabe durchschleusen kann. Hier reden wir nicht über Investitionen von tausenden Euro. Die Preise sind ohnehin im Keller. Da bleibt gar nichts anderes übrig, als bestimmte Abläufe zu standardisieren“, so Schwarze.

Anja Schlimbach

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