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Weissdruck

01.03.2017 15:26

Unbezähmbare Farbe

Weiß zu drucken ist immer noch eine Herausforderung für den Digitaldruck. Selbst so ausgereifte Systeme wie Flüssigtoner-Maschinen kommen mit der besonderen Farbe schlecht zurecht. Drucker müssen da auch schon mal improvisieren, um eine deckend-weiße Schicht auf das Papier zu bringen.

Weissdruck: fällt auf, wirkt elegant und ist auch nicht einfach zu produzieren. © Beigestellt Ralph Hadem, Colour Connection: "Braucht jemand ein wirkliches Weiß mit vielen Flächen, vielleicht auch mit Reliefeffekt, dann gibt es eigentlich nach wie vor nur die Möglichkeit über den Inkjet." © Beigestellt

Die Ingenieure des Digitaldruck-Herstellers Canon würden sich vielleicht ein wenig wundern, was bei der Frankfurter Druckerei Colour Connection mit dem Großformatdrucker Arizona produziert wird. Nicht unbedingt nur Großformatiges nämlich. Sondern auch spezielle Visitenkarten, Broschüren oder andere Drucksorten, die sonst mit anderen Maschinen hergestellt werden. Warum Colour Connection die Arizona für solche Aufträge nutzt, erklärt Geschäftsführer Ralph Hadem mit einem besonderen technologischen Vorteil der Maschine: „Dieses System konnte von Anfang an ein sehr hochwertiges, deckendes und vor allen Dingen erhabenes Weiß drucken. Allerdings ist die Arizona im Vergleich recht langsam und die Kosten in höheren Auflagen deshalb teilweise so hoch, dass sich der ein oder andere Kunde die nette Idee zweimal überlegt hat.“

Für Fashion

Noch immer ist der Weißdruck ein Meisterstück des grafischen Gewerbes; eines, das sich nicht in die Routinen der Massenproduktion einzwängen lässt, aber ein Wirkungskatalysator für Druckprodukte ist. Denn Weiß ist im Gegensatz zu Cyan, Magenta oder Schwarz deckend und nicht lasierend, weshalb eben auch dunklere Materialien bedruckt werden können. Weiß auf dunklem Hintergrund ist wie eine visuelle Adelung, bei exklusiveren Druckprodukten also sehr beliebt: "Wir haben zur Berlin Fashon Week oder auch zur Berlinale Einladungen in Weißdruck realisiert", erzählt etwa Gerd Dopslaf, Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Magentur in Berlin.

"Wir merken, dass die Nachfrage nach der Druckfarbe Weiß immer mehr zunimmt", bestätigt denn auch Druckereichef Ralph Hadem, rückt aber auch gleich die Perspektive zurecht: "Wir sind aber auch spezialisiert auf besondere Druckfarben und Materialien. Das ergänzt sich natürlich".

Ein Anfang

Der Weißdruck ist erst einmal keine besondere Herausforderung für eine Druckerei, sondern eher für die Hersteller von Digitaldruckmaschinen: „Das Problem des Weißdrucks ist, dass die digitalen Drucksysteme sehr unterschiedliche Qualitäten liefern. Es gibt sehr kleine Systeme, die naturgemäß schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn es um Grammaturen und Oberflächen geht. Es gibt ausgewachsene Systeme, mit denen man sehr viele Materialien verwenden kann“, erläutert Ralph Hadem. „Relativ neu ist ein kleines System von Oki, das gemessen an seiner wirklich überschaubaren Investition ein recht überzeugendes Weiß liefert. Die Grenzen liegen hier in der Grammatur, den Oberfächen und der Passgenauigkeit", sagt Hadem. Mit zwei Weißdruck-Geräten, dem Pro 7411WT für das A4-Format und dem Pro 9420WT für das A3-Format möchte der Officedrucker-Hersteller OKI auch Nischen-Lösungen für Agenturen oder Digitaldruckereien anbieten.

Im Grunde beschränkt sich der Weißdruck auf zwei Verfahren. Das ist zum einen der UV-Inkjet, der ein wirklich deckendes Weiß liefert. Der Nachteil ist, dass die entsprechenden Plattendrucksysteme naturgemäß sehr langsam sind.

Bläulich

Zum anderen bieten tonerbasierte Systeme die Möglichkeit, Weiß in preisgünstigen Auflagen zu drucken. „Wenn man damit aber einen schwarzen Karton beispielsweise in einer Fläche von 5 x 5 cm bedrucken möchte, sieht diese Fläche leider nicht strahlend weiß, sondern eher silbrig, bläulich aus. Wird nur eine Schrift oder eine dünne Linie gedruckt, ist das Weiß wieder sehr überzeugend, weil die Fläche nicht zu groß ist“, erklärt Ralph Hadem. „Wir rüsten gerade unsere Kodak Nexpress mit Weiß aus. Das wird vermutlich von der Qualität her die meisten Möglichkeiten bieten, weil die Maschine an sich sehr leistungsfähig ist.“

Und dann gibt es natürlich noch die HP Indigo. Hier ist die Deckung allerdings nicht so überzeugend. Es muss mehrfach übereinander gedruckt werden, um an ein gutes Ergebnis zu kommen.

UV-Inkjet oder Toner unterscheiden sich preislich allerdings enorm. „Wir verkaufen beides für die unterschiedlichsten Anwendungen. Braucht jemand ein wirkliches Weiß mit vielen Flächen, vielleicht auch mit Reliefeffekt, dann gibt es eigentlich nach wie vor nur die Möglichkeit über den Inkjet. Aber das wird sehr schnell so teuer, dass ein Printprodukt dann doch vielleicht besser im klassischen Siebdruck oder im UV-Offset produziert werden sollte“, fügt Ralph Hadem an.

Expertenwissen

Weißdruck bleibt aber bei Kreativen und Printbuyern erklärungsbedürftig. „Wenn wir unseren Kunden einfach nur einen Flyer in die Hand drücken, bei dem Weiß verdruckt wurde, dann muss schon ein Experte auf der andern Seite stehen, der die Effekte des Weißdrucks kennt und dessen Wirksamkeit für die Kommunikation gerne nutzen möchte. In der Regel sieht der Ansprechpartner aber nur, dass hier etwas Besonderes vorliegt“, erzählt Michael Grunewald, Chef der Kasseler Digitaldruckerei Grunewald. „Wir haben deshalb zum Beispiel den Begleitbrief zu unserem Kundenmagazin, das immerhin an 2.500 Empfänger geschickt wird, im Frühjahr komplett in Rot gehalten und weiße Texte darauf geschrieben. Da kamen schon einige sehr positive Rückmeldungen.“

Wer weiß

Papier ist ein essentieller Bestandteil der Wirksamkeit des Weißdrucks. Grundsätzlich lässt sich alles mit Weiß bedrucken, das auch in CMYK möglich ist. „Trotzdem mussten wir natürlich erst einmal unsere Erfahrungen sammeln. So muss man beispielsweise ausprobieren, wie oft man das Weiß auf einem bestimmten Material drucken sollte, damit es auch weiß aussieht“, erzählt Michael Grunewald.

"Unsere Kunden suchen oft die sehr haptischen Papiere, die auch begreifbar sind. Da passt der Weißdruck sehr gut“, ergänzt Agenturchef Gerd Dopslaf. „Dabei profitieren wir von einer sehr guten Zusammenarbeit sowohl mit Fedrigoni als auch mit Metapaper, von denen wir die Mohawk-Papiere beziehen.“ Der Weißdruck ist aber gerade bei den immer beliebteren Naturpapieren nicht ganz unproblematisch. Selbst bei UV-Inkjet-Maschinen steht Weiß auf offenem Material nicht so gut wie auf glatten, gestrichenen Papieren. „Naturpapier plus wirklich hochdeckendes Weiß lässt sich nicht so einfach realisieren“, weiß Ralph Hadem.

Im Hintergrund

Aber es gibt natürlich viele andere tolle Materialien, die sich sehr gut und sehr deckend bedrucken lassen. „Die eingefärbten Papiere eignen sich natürlich für Weißdruck prinzipiell wunderbar, unabhängig davon, ob man sie nur mit Weiß oder in den anderen Prozessfarben bedrucken möchte. Verschiedene Folien bieten gute Möglichkeiten. Hier war früher immer noch der Siebdruck nötig. Jetzt kann das im Digitaldruck, in kleinen Auflagen und wenn es sein muss sogar personalisiert erledigt werden. Schließlich werden auch Metallic-Papiere gerne genutzt“, erläutert Gerd Dopslaf.

Ein Beispiel für die Einsatzvielfalt von besonderen Papieren bietet etwa die Autoindustrie mit ihrer speziellen Herausforderung, den Lack der Autos möglichst realitätsnah schimmern zu lassen. „Wir haben zum Beispiel für verschiedene Autohäuser Prospekte zur Vorstellung von neuen Modellen im Weißdruck umgesetzt. Wir haben ein Material ausgesucht, das einen sehr schönen Perlmuttschimmer aufweist. Das Auto bekommt dadurch einen sehr edlen Metallicton, während der Hintergrund auf Weiß überdruckt wird und deshalb auch im Hintergrund bleibt. So wird das Auto zum Schimmern gebracht – ganz ohne Lack“, erzählt Michael Grunewald.

Anja Schlimbach

(4c Printausgabe 1/2017)

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