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Zeitungen

06.09.2015 12:24

"Die Menschen wollen das nicht"

Hermann Petz, Chef der österreichischen Moser Holding, hat eine Streitschrift für die gedruckte Zeitung geschrieben und sich damit auch teils spöttische Kritik der digitalen Eliten eingehandelt. Mit 4c sprach er über digitale Parallelgesellschaften, die Akzeptanz für digitale Werbung und den Umgang mit Smartphones.

Den Schutzpatron für seine Thesen hat Hermann Petz schon gefunden und in seinem Buch "Die Zeitung ist tot. Es lebe die Zeitung!" auch ordentlich gewürdigt: Martin Sorrell, Chef des Werberiesen WPP, ließ im März bei einer Rede in London eher beiläufig einen Satz fallen, der seitdem Zeitungsmacher, Werber, Marketeers und auch den einen oder anderen Druckereichef bewegt: „Möglicherweise sind Zeitungen und Magazine auch in  ihrer traditionellen Form wirksamer, als man ihnen zugetraut hätte.“ Seitdem wird die gesprochene Fußnote des Martin Sorrell in Branchenkreisen heftig diskutiert und analysiert, als wäre das alles gesprochene Alchemie, die funktioniert. Das mag daran liegen, dass Sorrell zumindest bis dahin als einer galt, der seine Werbespendings ganz massiv in digitale Kanäle umleitete und Print nicht mehr viel zutraut.

„Eine Fiktion“

Die These von Hermann Petz ist gar nicht so anders, allerdings wird besonders von digitalen Eliten ein bisschen rüder damit umgegangen und Petz eine Krümmung der Wirklichkeit vorgeworfen. „Weltfremd“ sei der Chef der „Tiroler Tageszeitung“ und nur bedingt anpassungsfähig an eine Zeit, in der digitale Medien eben den Takt der Erneuerung angeben.

Schließlich würden ja die Werbeumsätze von Print eher stagnieren, die Online-Umsätze dagegen steigen. Diese Entwicklung bezweifelt Petz auch gar nicht in seinem Buch, sondern konzentriert sich auf die Wirksamkeit von Werbung in gedruckter Form und damit auch auf die Lesekultur. „Mobile Advertising zum Beispiel“, sagt Petz gegenüber 4c, „ist noch ganz jung, aber schon jetzt ist klar, dass die Menschen das nicht wollen.“ Bei gedruckten Zeitungen dagegen wären die Leser in einer Situation, die erstens entspannt ist, aber auch die Aufmerksamkeit fördert. In einer solchen Situation würden auch Anzeigen eher akzeptiert und weniger als störend empfunden.

Selbst jetzt, wo Online-Werbung quantitativ zunimmt, gedruckte Werbung aber nicht, ist es für Verlage, meint jedenfalls Petz, eine „Fiktion, dass man das, was man hier verliert, dort aufholen könnte“.  Allerdings würden die Preise für Printwerbung auch durch Onlinewerbung beeinflusst: „Das große Online-Inventar hat dazu geführt, dass digitale Werbung immer günstiger wird und das wirkt sich auch auf die Preise für Printwerbung aus“, so Petz.

Parallele Wirklichkeiten

Zwischen Wien und Tirol pendelt Petz regelmäßig und damit auch zwischen Metropole und Land. Dabei meint er was entdeckt zu haben: „Wenn ich zurück nach Tirol komme, dann sehe ich, dass sich die Lebenswirklichkeit der Menschen gar nicht so sehr verändert hat in den letzten Jahren“. Daraus zwirbelt Petz den relativ eigenwilligen Verdacht einer digitalen Parallelgesellschaft: dass die Attraktivität des Digitalen, die Lust an neuen Medienmodellen, die Vorherrschaft des Digitalen in Debatten über die Medienentwicklung vor allem von den „Meinungsführern“ befeuert wäre und da würden sich – grob geschätzt -  eben „70 Prozent ausschließlich mit digitalen Medien beschäftigen“. Das verzerre letztlich auch die öffentliche Diskussion. Schließlich sei es ja in Diskussionen spannender, jemanden zu hören, der „sagt, dass alles anders wird, als einen, der sagt, dass vieles bleibt, wie es ist.“

Junge Menschen zwischen 17 und 23 Jahren, so hat kürzlich eine Studie ergeben, schauen im Durchschnitt 135 Mal täglich auf ihr Smartphone. Hermann Petz glaubt, dass sich dies ändern wird, weil für den Umgang mit den Mobilgeräten noch kein gesellschaftlicher Kodex entwickelt worden sei. Seine erstaunliche Prognose: „In einigen Jahren wird es als absolut asozial gelten, in einem Gespräch dauernd auf sein Smartphone zu achten.“

Sein Buch über die Zeitung, das versichert Petz, habe er ergebnisoffen recherchiert. Nur: wäre bei seinen Recherchen heraus gekommen, dass Print jedenfalls gleich wirksam wie Online wäre, während natürlich der Aufwand für die Printproduktion massiv höher ist, dann „hätte ich das Buch wahrscheinlich nicht geschrieben.“ Das ist nun doch eine leichte Krümmung der Wirklichkeit.

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Hermann Petz ist Keynote Speaker des „World Printers Forum“ am 7. Oktober in Hamburg. 

 

Hermann Petz

Die Zeitung ist tot. Es lebe die Zeitung!

Haymon Verlag

Gebundene Ausgabe: 17,90 Euro

Kindle-Edition: 12,90 Euro

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