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Zeitungsgründung

01.06.2015 13:50

Nur auf Papier

Ein außergewöhnliches Zeitungsprojekt: Leipzig hat eine neue Wochenzeitung. Auf Papier. Und nur auf Papier. Und ganz ohne Inserate.

Braucht 12.000 Abos: die neue "Leipziger Zeitung". Bisher hat man schon mehr als 1.000 Abonnenten gewinnen können. © Beigestellt

Wenn es nach Cesare Stercken geht, ist es um die Medienvielfalt in Leipzig nicht gut bestellt. In Sachsens größter Stadt erscheinen eine Tageszeitung und ein monatliches Stadtmagazin, dazu die "Bild"-Zeitung mit lokalem Schwerpunkt. Zu wenig, findet der Journalist. Deswegen hat er ein ambitioniertes Vorhaben gestartet: Am 29. Mai erscheint die erste Ausgabe der "Leipziger Zeitung".

Die Wochenzeitung wird es ausschließlich auf Papier geben. "Wir wünschen uns eine vielfältige Medienlandschaft und wir sehen, dass es einen Bedarf danach in der Stadt gibt", sagt Stercken. Er hat zuvor ein Stadtteilmagazin herausgegeben und sich nun mit Journalisten der etablierten "Leipziger Internet Zeitung" und Bloggern für das neue Projekt zusammengetan. Im Vorfeld konnten die Macher rund 1.000 Abonnenten von ihrem Projekt überzeugen. Weniger Zusagen als geplant, aber angeblich genug, um die versprochenen 52 Ausgaben zu produzieren.

Das Projekt ist ehrgeizig, weil der Zeitungsmarkt in Leipzig wie in vielen anderen deutschen Städten in der Krise steckt: Die Auflage der einzigen Tageszeitung der Stadt, der "Leipziger Volkszeitung" (LVZ), ist laut der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern in den letzten 15 Jahren um rund ein Drittel gesunken. Die LVZ beobachtet das neue Zeitungsprojekt nach Angaben von Chefredakteur Jan Emendörfer interessiert.

Ob die neue wöchentliche "Leipziger Zeitung" eine Konkurrenz für die täglich erscheinende "Leipziger Volkszeitung" wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass sich die Macher nicht gerade einen einfachen Moment ausgesucht haben. Der Medienwissenschaftler Horst Röper vom FORMATT Institut Dortmund ist skeptisch: "Es ist sehr ungewöhnlich, sich nur über Abonnenten finanzieren zu wollen und kein Online-Angebot bereitzustellen. Normalerweise braucht es die Begleitmusik im Internet, um sich halten zu können."

"Nach wie vor favorisieren viele Menschen eine Zeitung auf Papier", ist Stercken dagegen überzeugt. Die neue Wochenzeitung erscheint daher nur gedruckt, also ohne eigenes Online-Angebot. Zudem sei der langsamere Wochenrhythmus ein Mittel für journalistische Qualität. "Die Abgrenzung zum Digitalen ist uns wichtig. Zwar ist auch im Internet solider Journalismus möglich, aber die Artikel erfahren weniger Aufmerksamkeit." Nach seiner Ansicht funktioniert tagesaktuelle Berichterstattung online, aber es fehle die Zeit für umfangreichere Recherche und Meinungsbildung. Das Modell Wochenzeitung sei die logische Konsequenz.

"Man sieht an den überregionalen Wochenzeitungen, dass ein Mehr an Hintergrund und Analyse funktionieren kann, zumal, wenn es besser geschrieben ist", bestätigt Röper zwar. Er gibt jedoch zu bedenken: "Es gibt immer wieder vereinzelte Versuche, lokale Wochenblätter zu etablieren, meist von ehemaligen Zeitungsredakteuren. Die Erfahrungen sind aber eher negativ, mit Ausnahme von 'Kontext' aus Stuttgart.

"Finanzieren will sich die "Leipziger Zeitung" vor allem über Abonnements, langfristig sollen es 12.000 werden. Auf den eingebrochenen Anzeigenmarkt wolle und könne man sich nicht mehr verlassen, die eigene Unabhängigkeit stehe im Vordergrund. "Wir wollten keinen Verlag im Hintergrund, der eigene finanzielle Interessen verfolgt. Wir sehen den Leser in der Hauptpflicht der Finanzierung", sagt Stercken. Langfristig sei ein Genossenschaftsmodell geplant.Es gilt: Chance oder Scheitern. "Sollte wirklich niemand die Zeitung kaufen und wir haben nur das Geld der derzeitigen Abonnements zur Verfügung, gibt es die 'Leipziger Zeitung' für zwei, drei Monate", sagt Stercken. "Es gab aber soviel Zuspruch von Lesern und aus der Wirtschaft, dass ich bereits für drei Jahre plane. Es wäre schade, das ins Leere laufen zu lassen."

(APA/dpa)

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