Business Karriere Design Tools Druck Digital
StartseiteBusinessCreative Packaging 2013Hülle mit Inhalt

Creative Packaging 2013

21.11.2013 14:05

Hülle mit Inhalt

Was Technologie muss, damit Verpackung kann, was Konsumenten wollen, war der große Spannungsbogen der von 4c veranstalteten Creative-Packaging-Konferenz 2013. Internationale Referenten näherten sich dem Thema von verschiedenen Seiten – und rund 120 Gäste waren dabei.

Damit da mal bitte keine Missverständnisse entstehen, versucht es Alfred König mit einer wagemutigen Deutung seines Lebensthemas: „Wenn Sie sich entscheiden, jemandem eine Watsche zu geben, haben Sie sich für eine zielgerichtete Form der haptischen Kommunikation entschieden“, sagt der Münchner Haptik-Guru schmunzelnd. Haptik, darauf legt Alfred König großen Wert, ist nicht bloße Textur, vergänglicher Effekt für die Fingerspitzen, kurzer Impuls für die Nervenbahnen. Haptik, da möchte Alfred König ganz deutlich sein, ist Wirkung, ist Inhalt, ist Botschaft. Doch genau das haben viele Unternehmen noch nicht so richtig begriffen. Sie betrachten die haptische Komponente der Markenkommunikation als bloßes Schmuckwerk, als Accessoire. „Wir wissen alle, dass Magenta die Farbe der Deutschen Telekom ist. Aber wie fühlt sich die Telekom eigentlich an?“, so König.

Königsweg

Haptik, das war eines der großen Themen der diesjährigen Creative Packaging im Wiener Designforum. Alfred König trug zu diesem Schwerpunkt nicht bloß mit seinem Vortrag bei, sondern auch mit einem Workshop für einige der 120 Gäste. Zwei Stunden lang beschäftigten sich die Teilnehmer mit der Entwicklung eines Systems, das König „Corporate Haptics“ nennt, also mit der Integration haptischer Regeln in die Identität einer Marke. Denn: „Das erste Unternehmen, das eine haptische Identität entwickelt, wird allen anderen weit voraus sein“, ist König sicher. Das Spiel mit dem Tastsinn nämlich ist eine der wenigen Komponenten der Markenkommunikation, die noch Potenzial zur Entwicklung haben. Dazu gehört aber auch, dass sich Unternehmen von den „typischen haptischen Belanglosigkeiten“ auf den Verpackungen verabschieden und Konzepte entwickeln, wie sich fühlbare Unverwechselbarkeit vom Produkt bis zu allen Werbemitteln durchzieht. Also etwas wie Braille für Sehende. 

Fabelhafte Folien

Mit den nötigen Materialien zur Herstellung dieser haptischen Unverwechselbarkeit beschäftigte sich bei der Creative Packaging 2013 Thorsten Drews, Geschäftsführer der deutschen Achilles-Gruppe. „Es gibt keine schlechten Veredelungen, es gibt nur ungünstige Kombinationen“, ist Drews überzeugt. Veredelungen herzustellen, ist Drews’ Job und jener der 730 Mitarbeiter der Achilles-Gruppe. Welche Veredelungstechnologien derzeit besonders gefragt sind, kann deshalb mutmaßlich kaum jemand anderes besser beurteilen. Einen Anteil von erklecklichen 20 Prozent am gesamten Achilles-Produktportfolio haben momentan etwa kratzfeste Folien, die auch bei etwas rau gestaltetem Handling ihren Glanz bewahren. „Das hat uns wirklich überrascht. Als wir mit den kratzfesten Folien begonnen haben, dachten wir, dass die über einen zehnprozentigen Anteil nicht hinauskommen werden“, so Drews. Auch goldene Heißfolie ist so ein Produkt, das gerade großen Anklang am Markt findet. „Wir haben derzeit jährliche Zuwachsraten von 20 Prozent bei dieser Art der Veredelung“, so Drews.

Noch mehr Nutzen

Die Wiener Designerin Gerlinde Gruber ist für Drews wohl keine typische Kundin: Sie beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit Verpackungen in Kleinstauflagen und kann daher mit den industriellen Methoden der Verpackungsproduktion oft nichts anfangen. „Wenn ich eine Druckerei für meine Projekte suche, dann sind es eben oft die kleinen Betriebe, die sich mit dieser Art von Jobs beschäftigen und die nötigen Strukturen für die kleinen Auflagen haben“, sagt Gruber. Doch eben diese Verpackungen in Kleinstauflagen werden dem Nischendasein langsam entrissen: Das Bedürfnis der Kundschaft nach regionalen Produkten, die schnell eröffneten und ebenso schnell wieder geschlossenen Popup-Stores, all das begünstigt solche Kleinstauflagen. Oft sind es Startup-Unternehmen, die Gerlinde Gruber engagieren. „Die legen großen Wert auf das Verpackungsdesign“, weiß die Designerin. Doch der große Wert braucht manchmal auch den kleinen Preis. Für die Wiener Tücher-Macher der Marke Tucholski hat Gruber etwa eine Verpackung kreiert, die gleichzeitig auch Gebrauchsanweisung für den Inhalt war. „Für ein Booklet über die Möglichkeiten, wie man diese Tücher verwenden kann, hätte das Budget nicht mehr gereicht. Also war die Verpackung auch gleich Booklet“, so Gruber.

Eine solche Funktionserweiterung der Verpackung war Thema des Vortrags der Designerin Susanne Lippitsch. Wirklich gute Verpackungen nämlich bräuchten ein zweites Leben, eine weitere Bestimmung, als bloß im Regal den Käufer zu locken oder Schutz für den Inhalt zu sein. Dieser Wandel von der bloßen Hülle zu einem Funktionsträger gelingt etwa mit den Verpackungen für „Veuve Cliquot“-Champagner, die zum Champagnerkühler, oder auch mit Weintrageboxen, die zum Regal werden. 

Spielmacher

Viel früher im Prozess der Produktentwicklung setzte indes der diesjährige Keynote-Speaker der Creative Packaging, Martin Kornberger, an. Er beschäftigt sich an der Business School Kopenhagen und der Universität Stockholm unter anderem damit, wie Marken die Kreativität ihrer Kundschaft bei der Entwicklung neuer Produkte oder eben auch Verpackungen anzapfen könnten. Eher zufällig entdeckt hat die Macht der Schwarmintelligenz etwa der dänische Spielwaren-Hersteller Lego. Als der begann, eigene Spielzeug-Roboter herzustellen, und bemerkte, dass die Kundschaft die Roboter umzuprogrammieren und umzubauen begann, richtige Communitys entstanden, die gemeinsam tollkühne Funktionen für den Roboter erdachten, da reagierte Lego, wie Konzerne oft reagieren: Der Hersteller plante, die Experimentierfreude der Kundschaft auf dem Rechtsweg zu bremsen. „Aber man merkte bald, dass es keine gute Idee war, tausende Kunden auf der ganzen Welt verklagen zu wollen“, so Kornberger. Also änderte Lego seine Politik radikal: Man begünstigte noch den Forschergeist der Kundschaft, unterstützte die verspielten Konsumenten gar. Solche Prozesse in Gang zu setzen, sie zu organisieren und zu fördern und daraus Kapital zu schlagen, beherrscht kaum ein Unternehmen besser als Apple. Der App-Mikrokosmos, der rund um die i-Produktpalette des Konzerns entstanden ist, wächst und gedeiht ohne das Zutun Apples, erhöht aber den Nutzwert der Produkte, und Apple verdient prächtig daran. „Innovation, die beginnt nicht beim Produkt, sondern bei der Organisation“, sagt Martin Kornberger.

Die Kreativität der Gäste wurde dann auch beim letzten Programmpunkt der diesjährigen Creative Packaging gefordert: In Bernhard Rameders Studio „Rausgebrannt“ unweit des Designforums konnten die Gäste selbst die Möglichkeiten der Laserstanzung austesten – und eigene Verpackungen anfertigen lassen. 

leaderboard,skyscraper,rectangle_cad_300_250,banner_468,rectangle_300_250,rectangle_300_100