Business Karriere Design Tools Druck
StartseiteDesignDirect Mailing DesignEntscheidung in Sekunden

Direct Mailing Design

08.12.2010 12:59

Entscheidung in Sekunden

Viel Zeit hat ein Werbemailing nicht, um beim Empfänger zu überzeugen. Damit nicht gleich in den Papierkorb wandert, was Werber sich mühsam ausgedacht und wofür Unternehmen viel Geld investiert haben, muss die menschliche Wahrnehmung auch mal ausgetrickst werden. Von Suzanne Sudermann

Um den Thalamus kommen die Dialogmarketer heute einfach nicht mehr herum. Er ist die Schaltzentrale in unserem Gehirn, empfängt alle Sinnesreize, hier laufen alle Signale von Sinnesorganen zusammen. In Bruchteilen von Sekunden entscheiden wir, ob ein Mailing sofort im Papierkorb landet, später oder gar nicht. Ex oder hopp heißt es da oft für aufwändige Druckwerke, die immerhin einiges gekostet haben.
Gute Arbeit müssen die Dialogexperten leisten, wenn ihr Mail „ankommen“ soll. Sie bedienen sich dabei immer diffizilerer und gefinkelterer Werkzeuge und natürlich der Hirnforschung. Ein Pionier auf dem Gebiet der Werbewirkungsforschung ist Siegfried Vögele, Chef der Internationalen Gesellschaft für Dialogmarketing. Bei der Entwicklung
seiner Dialogmethode orientiert sich Vögele sehr stark am Ablauf eines persönlichen
Verkaufsgespräches. Hier steuert der Verkäufer den gesamten Ablauf von der ersten
Kontaktstufe bis hin zur Abschlussphase.
Der Kunde hat Fragen und erwartet gute Antworten. Auch im schriftlichen Dialog geht es um Fragen und Antworten: „Woher hat diese Firma meine Adresse, meinen Namen? Was will diese Firma von mir? Brauche ich das?“ Bis hin zur Schlussfrage „Was soll ich jetzt tun?“ Werden diese Fragen beantwortet und der Leser zu einer Reaktion, zum Response geleitet, war es ein gutes Gespräch, ein perfekter Dialog. Informationen ohne Reaktion sind Monologe. Man zählt sie zum klassischen Bereich der Werbung, sie tragen zur Verbesserung der Bekanntheit und des Images bei, aber nicht zu einer Reaktion.
 
Aug’ um Aug’
 
Um ein Werbemittel auf seine Merkmale zu testen, werden seit Jahrzehnten Augenkameras eingesetzt. Das sind Blickaufzeichnungsgeräte, die die Testpersonen wie eine Brille aufsetzen und mit deren Hilfe die Bewegungen der Pupille genau registriert werden. Ziel ist die Ermittlung von Prioritäten, die vom Leser bei der Erfassung einzelner Werbeelemente gesetzt werden, sowie die Bestimmung sogenannter Fixationspunkte. Daraus wird deutlich, welche Stärken und Schwächen ein Werbemedium aufweist. Was bestimmt unsere Aufmerksamkeit, welche Elemente steigern die Werbewirkung?
Auf diese Fragen hat die Psychologie zum Teil bereits Antworten gefunden. Die wichtigsten Punkte beim Betrachtungsverlauf sind: Bild vor Text, Personen vor Landschaften, Gesichter vor Körper, Auge, Mund und Nase zuerst. Auch wichtig: Unruhige Hintergründe können die Lesbarkeit einschränken, einfache, geschlossene Formen und warme Farben werden zuerst gesehen.
 
Welches Ziel, welche Gruppe?
 
Im Marketing muss das Medium die Zielgruppe erst einmal tatsächlich erreichen. Oder
in wirkungspsychologischen Begriffen: Es muss den Medienfilter überwinden. Früher wurde die Zielgruppe definiert in Männer, Frauen, Alter oder Schichten. Längst überholt.
Vielmehr geht es jetzt um psychografische Daten wie Verhalten, Werte oder Lifestyle.
Zwei Beispiele: Ein Unternehmen, das seine Tradition und das hundertjährige Bestehen hochhält, spricht logischerweise eine Zielgruppe an, deren Lifestyle bodenständig und
traditionell ist. Einer anderen Zielgruppe, den Early Adopters, sind Firmentraditionen sicher egal, ihnen sind technologische Aspekte wichtiger. „Und so wie die Zielgruppe tickt, muss in Wortwahl und Design parliert werden“, sagt
Anton Jenzer, Geschäftsfü̈hrer der Schober Group und Präsident des Dialogmarketingverbands Österreich (DMVÖ).
 
Psychospiele
 
Roswitha Hasslinger, Geschäftsführerin von Gallup, weiß: „Design und Gestaltung spielen eine große Rolle. Aber man darf die Konsumenten auch nicht für doof halten, die wissen schon, dass auch persönlich adressierte Post aus dem Computer kommt. Sie finden es aber gut, wenn sich da jemand Mühe gemacht hat, es ist subjektiv wichtiger.“ Hasslinger liefert natürlich auch gleich Zahlen: Die Erinnerungsquote an ein adressiertes Mailing steigt um durchschnittlich 60 Prozent, die Responserate um bis zu 80 Prozent. Aber es wirdimmer schwieriger. Von Jahr zu Jahr nimmt das Informationsangebot wesentlich schneller zu als die Informationsnachfrage. An den Kunden heranzukommen und ihm im besten Fall noch eine Reaktion abzuringen, wird mehr und mehr zum Drahtseilakt der Werber.
Einst als „Brieferlschreiber“ in der Branche abgetan, lukrieren die Dialogschmieden dennoch inzwischen kontinuierlich mehr Umsatz. Die Ausgaben für Dialogmarketing steigen seit Jahren und liegen insgesamt höher als die für klassische Werbung. Es liegt wohl auch mehr Potenzial im Dialogmarketing. Richtig umgesetzt ist der Streuverlust gleich null.
Dieter Weidhofer, Geschäftsführer von Home Digital, vormals Kreativ Geschäftsführer von Draftfcb: „Directmail hat die Aufgabe, Verhalten zu erzeugen. Das Design hat die Aufgabe, die Markenwelt zu stützen und den Prozess zu fördern. Bilder sind ganz wichtig, eine positive Stimmung aufbauen, überschaubare Lesearbeit schaffen.“ Aber positive Stimmungen aufzubauen, scheitert manchmal schon am Generationenkonflikt: „Die Artdirektoren können sich nicht in ältere Leute hineindenken, sie produzieren nur für ihre eigene Altersklasse. Und: Wir müssen weg vom Produzentendenken, hin zum Verbraucherdenken. Ich hab was produziert, jetzt muss ich das brutal verkaufen mit der Holzhammermethode, das geht so nicht mehr.“
Auffällige Farben sẗützen den Recall, haptische Ungewöhnlichkeiten potenzieren die Aufmerksamkeit. Ein 3-D-Mailing macht neugierig. Eine neue, etwa quadratische Form des Kuverts ragt aus der Masse heraus. Eine, wenn auch gedruckte, Unterschrift steigert den Response und die direkte, korrekte Anrede streichelt unsere Eitelkeit. Aber: ganz ausbrechen aus der inhaltlichen oder optischen Linie, die in der klassischen Werbung verfolgt wird, sollte ein Direct Mailing nun auch wieder nicht.
 
Adressenpflege
 
Adressierte Werbepost, also personalisierte Mailings im großen Stil sind erst durch den
Digitaldruck möglich geworden. Allerdings erfordert das Handling gute Datenbanken und Adressenpflege. „Oft passiert es leider, dass man einen personalisierten Werbebrief erhält mit der Anschrift Herr Elfriede Mayer. Da wir bei einem Mailing zuallererst auf unseren Namen schauen, werden wir den Brief wahrscheinlich empört in den Müll werfen, eine vielleicht gute Nachricht verpufft somit ungelesen. Nur bei einer richtig geschriebenen Adresse liest man weiter. Schlimm sind auch Doubletten. Das nervt“, sagt Markus Zadina, Inhaber des Direktmarketing-Dienstleisters ZMG.

Die ganze Palette
 
Wenn der schriftliche Weg einmal unerwartet zu wenig Response gebracht hat, dann kann der Kontakt im Dialog auch per Telefon gesucht werden. Unter Beachtung aller
gesetzlichen Rahmenbedingungen kann dies sehr erfolgreich sein. „Das Nachfassen einer
Kampagne im Kundenkreis kann die persönliche Basis intensivieren. Dabei ist es wichtig, ein sympathisches und auf die Zielgruppe abgestimmtes Gespräch zu initiieren. Ohne Druck, ohne das Empfinden eines abgelesenen Leitfadens,“ sagt Heike Reising, deren Institut für qualitative Marktbearbeitung I.Q.-M. auf die Ausbildung von Verkäufern im Kundenkontakt spezialisiert ist. „Die Kunden sind sensibler geworden und dem kommen wir in unserer Kundenansprache auch nach. Erfolgreich sind die, die empathiefähig sind, natürlich und spontan reagieren können mit aller Wertschätzung dem Verbraucher gegenüber.“