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Flüssigtoner

05.06.2014 09:13

Ende eines Monopols

Winzige Partikel, die in einer öligen Substanz schwimmen. Das erzeugt angeblich sagenhafte Druckqualität. Und die war bisher HP Indigo vorbehalten. Jetzt aber kommt Konkurrenz von Xeikon – und ein großer Indigo-Kunde flirtet schon mit den Belgiern.

Trillium-Maschine von Xeikon: Ernsthafte Konkurrenz zu HP Indigo-Maschinen. © Beigestellt Elanders Deutschland-Chef Peter Sommer: "HP Indigo ist in den letzten drei Jahren überhaupt nicht schneller geworden. Und auch die Zuverlässigkeit der Maschine lässt immer noch zu wünschen übrig. Die Gesamtperformance ist deutlich schlechter als die anderer Digitaldruckmaschinenhersteller." © Michael Hetzmannseder

Es war alles so beruhigend einfach bisher. Die tradierten Muster der Druckproduktion, ihre ökonomischen Konstanten waren lange Zeit unverrückbar. Druckdienstleister, das galt bis vor kurzem jedenfalls und war zentrales Handlungsmotiv für die Entwicklungen der Maschinenhersteller, benötigen eine möglichst günstige Kombination aus Qualität und Substratvielfalt für ihren Produktionsprozess. Und viele Druckanwendungen brauchen diese beiden Faktoren ja immer noch. Aber in der Nachbarschaft dieser Gewissheiten hat sich ein weitaus dynamischer Markt entwickelt. Glaubt jedenfalls Danny Mertens, beim belgischen Digitaldruckhersteller Xeikon für neue Geschäftsfelder zuständig: „Unsere Kunden verändern aber heute ihre Geschäftsmodelle: auf der einen Seite gibt es eine wachsende Nachfrage nach Kundenorientierung und Personalisierung, auf der anderen Seite gibt es einen zunehmend fließenden Übergang zwischen Offline- und Onlinemedien. Bisher gibt es keine Lösungen, die eine Antwort auf diese steigende Nachfrage in Bezug auf Technologie und Ökonomie bietet. Wir glauben, dass die Trillium-Technologie die erste sein wird, der dies gelingt.“ Zum gesicherten Wissen fehlen bei Xeikon noch ein bisschen die Erfahrungswerte: eine Maschine hat man bisher installiert, bei der französischen Druckerei Tag G Informatique.

Vielversprechende Tests

Zumindest gespannt ist Peter Sommer, Chef der Waiblinger Druckerei Elanders, auf die neue Technologie – und das heißt was bei ihm, schließlich gehört er zu den größten Kunden von HP in Deutschland. „Jeder Maschinenhersteller kommt zurzeit mit einer Inkjetlösung um die Ecke, aber Inkjet ist in der Qualität zu sehr limitiert. Die Trockentonerverfahren haben sich in dieser Hinsicht signifikant verbessert, aber was die Haptik angeht, lassen sie sich mit HP Indigo nicht vergleichen. Von daher warten wir mit Spannung darauf, ob Xeikon das mit der Trillium-Technologie schafft. Wenn sie es schaffen, dann haben sie sicherlich einen Fuß in der Tür. Deshalb bin ich gespannt darauf, wie sich das weiterentwickelt“, so Peter Sommer. „Die ersten Tests sind vielversprechend, das kann ich ganz klar sagen.“ Er ist einer der wenigen, die solche Tests mit der Xeikon Trillium schon durchgeführt haben.

Ungleiche Zwillinge

Mit Trillium setzt Xeikon wie auch HP mit der Indigo auf eine Flüssigtonertechnologie. Flüssigtoner erlauben sehr kleine Partikelgrößen, die letzten Endes die hohe Druckqualität bewirken. „In einer flüssigen Umgebung können wir die Tonerpartikel sehr klein halten, was bedeutet, dass weniger physische Masse benötigt wird, um eine Abbildung mit der gleichen Pigmentierung zu drucken. Im Moment können wir den Tonerverbrauch durch Anwendung der Trillium-Technologie um das Vierfache senken im Vergleich zu traditionellen Trockentonersystemen“, fügt Danny Mertens hinzu.

Tatsächlich sind Trillium und HP Indigo gar nicht sehr weit voneinander entfernt. In Xeikons HVT-Toner enthält die hochviskose Trägerflüssigkeit kleine Farbpartikel, die gerade einmal zwei bis drei Mikrometer groß sind und einen hauchdünnen Farbfilm auf dem Substrat bilden. Das kennt man ja schon. Es ist vor allem die Viskosität die Xeikons Flüssigtoner von der bekannten HP ElektroInk unterscheidet. Die niedrige Viskosität erlaubt es, sehr viele Pigmente in sehr wenig Trägerflüssigkeit zu verwenden.

Auch die Übertragung der Farbe aufs Medium beruht auf einem der HP Indigo-Technologie sehr ähnlichen System mit elektrisch geladener Bildtrommel und einer dem Gummituchzylinder gleichenden Zwischenwalze. Dabei gewährleisten ungewöhnlich enge Lücken, sogenannte „Micro Gaps“, zwischen den Zylindern aber einen sehr präzisen und sehr schnellen Farbtransfer, bei dem die Trägerflüssigkeit weitestgehend auf der Bildtrommel verbleibt und gar nicht erst aufs Gummituch gelangt. „Xeikons sogenannte 'microgapping'-Bebilderung kombiniert die Vorteile von Elektrofotografie, also dem Tonerdruck, und dem Kontaktdruck. Das heißt, wir bebildern mit 1200 dpi und gleichzeitig werden die Tonerpartikel von der Trägerflüssigkeit über eine 'Lücke' von lediglich fünf Mikrometer übertragen. Das gewährleistet unsere hohe Bildqualität. In der Trillium-Technologie wird die Trägerflüssigkeit recycelt und im Bebilderungsprozess wiederverwendet. Das hat ebenso Auswirkungen auf die Kosten wie auf die Ökologie“, so Danny Mertens.

Papier-Nerds

Xeikon verspricht bei gleichbleibend hoher Druckqualität eine in Geschwindigkeit, Kosten und ökologischem Potenzial zukunftssichere Technologie „Wenn sie das so realisieren, wie sie es ankündigen, wird es eine deutlich höhere Produktivität bei hoffentlich gleicher Qualität wie HP Indigo geben. Und deswegen sind wir schon sehr gespannt, inwieweit Xeikon sich mit der Trillium-Technologie diesem Thema weiter nähert, sprich wie hoch die Flughöhe dann sein wird, die sie erreichen können“, kommentiert Peter Sommer von Elanders. Dort stehen zurzeit rund zehn Anlagen von HP Indigo.

Der Maßstab liegt jedenfalls hoch. „Für uns war es eine relativ schnelle Entscheidung, in die HP Indigo zu investieren. Sie ist wohl eine der teuersten Digitaldruckmaschinen, hat aber in unseren Augen drei gravierende Vorteile gegenüber anderen Lösungen. Zum einen kommt sie dem Offsetdruck am nächsten. Das ist für die meisten Anwender ein wichtiges Argument, denn viele nutzen die HP Indigo als Alternative für kleine Auflagen, sozusagen als kleine 4c-Offsetmaschine. Das war für uns aber gar nicht so relevant. Viel wichtiger war die Tatsache, dass durch den Flüssigtoner die Papierstruktur nicht verändert wird. Bei der Xerographie wird eine Pulverschicht über das Papier gelegt und eingebrannt. Wir wollen aber offene Strukturen haben und schöne Papiere verwenden. Und der dritte spannende Aspekt ist die Möglichkeit, White Ink zu nutzen. Das sind natürlich sehr überzeugende Argumente“, erklärt Christopher C. Mickelthwate, Geschäftsführer der Frankfurter Druckerei Dygy.

Natürlich wird auch der Klickpreis ein wenig von der Konkurrenz profitieren. „Es gibt immer Risiken und Nebenwirkungen. Bei der HP Indigo ist der Preis so ein Punkt. Die Maschine kostet viel Geld. Jede Impression kostet Geld“, erklärt Christopher Mickelthwate. „Auf der anderen Seite wissen die Kunden ja, was sie für den Preis bekommen. Wenn Sie in den Supermarkt gehen und Bioware einkaufen, zahlen sie auch ein bisschen mehr. Sie tun es trotzdem, weil sie wissen, was sie dafür als Gegenleistung erwarten dürfen. Bei HP Indigo ist das die Qualität, die auch unseren Vorstellungen als Druckdienstleister entspricht. Wir wollen schließlich auch mit unseren Kunden den Premiummarkt ein wenig abdecken.“

Schlechte Performance

Vielleicht bringt ein wenig frischer Wind auch in anderen Bereichen noch Bewegung ins Spiel. „HP Indigo ist in den letzten drei Jahren überhaupt nicht schneller geworden. Und auch die Zuverlässigkeit der Maschine lässt immer noch zu wünschen übrig. Die Gesamtperformance ist deutlich schlechter als die anderer Digitaldruckmaschinenhersteller. Auf jeden Fall sehe ich noch Ausbaupotenzial, was die neue 10000er Maschine angeht. An dieser Stelle ist HP noch bei Weitem nicht da, wo sie mit den kleinerformatigen Maschinen inzwischen angekommen sind“, ergänzt Peter Sommer.

Man hätte an der Stelle der Fairness halber gerne gewusst, wie HP die Kritik von einem der größten Kunden in Deutschland bewertet. Aber das ist mit völlig überforderten PR-Agenturen nun auch ein bisschen schwer: „Der Kollege bei HP“, schreibt eine Mitarbeiterin der für die Pressearbeit des Unternehmens zuständigen PR-Agentur F&H Porter Novelli, sei „nicht greifbar“. Nach drei Wochen waren drei PR-Agenturen in die Suche nach dem HP-Experten involviert. Doch der ließ sich einfach nicht finden.

Trillium jedenfalls ist eine industrielle Technologie. Es ist schwierig, sie zu verkleinern. „Industriell bedeutet aber auch verlässlich. Das heißt, wir bauen eine robuste Druckmaschine für den 24/7-Einsatz, die auf bestimmte Branchen abzielt. Uns ist bewusst, dass nicht jede Druckerei die entsprechenden Anwendungen oder die entsprechende Nachfrage haben, um diese Investition zu tätigen“, so Danny Mertens. „Unser erster Fokus für diese Technologie ist der Dokument- und Akzidenzdruckmarkt, da es hier bereits Bedarf gibt, der in Zukunft weiter steigen wird. Wir sehen auch Potenzial in Nischenbereichen des Druckmarktes, aber es ist noch zu früh, um hier ins Detail zu gehen.“

Ob Elanders neben HP auch in Trillium investieren wird, ist noch nicht entschieden. „Wir sind mit Xeikon im Gespräch. Wir sind informiert über den derzeitigen Status der Entwicklung. Wir haben Druckmuster aus der Alphatestserie vorliegen und wir schauen uns diese Entwicklung sehr genau an. Im Herbst werden wir uns die Beta-Installation in Frankreich anschauen und dann auch eigene Daten mitbringen“, kommentiert Peter Sommer. „Im Februar nächsten Jahres soll dann schließlich die erste echte Installation stattfinden und je nachdem, wie sich die Tests weiter anlassen, könnte es durchaus sein, dass die bei uns zu finden sein wird.“ Für HP Indigo ist der mögliche Trillium-Flirt eines so großen Kunden wie Elanders eine neue Situation. Plötzlich gibt es Konkurrenz bei den Flüssigtonern. Für die Technologie kann das nur gut sein.

Anja Schlimbach

(4c Printausgabe 4/2014)

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