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Microstock

06.12.2010 12:38

Bilder für das Mikrobudget

Stimmungsbild: 4c befragte Kunden der billigen Online-Datenbanken. Stimmungszoom: Langsam können sich die Bildsammlungen vom verwackelten Image befreien.

foto screenshot website life on white © Beigestellt foto screenshot website life on whiteFreigestellte Fauna: Life on White bietet ausschließlich Bilder von Tieren vor weißem Hintergrund an. © Beigestellt foto screenshot vettaGut und etwas teurer: Mit der hochqualitativen Foto-Sammlung Vetta reagiert iStockphoto auf die Spezialisierung der kleinen Anbieter. © Beigestellt

Billige Symbolfotos, Massenware. So oder so ähnlich lautet das gängige Vorurteil über Microstock-Agenturen. „Irgendwie sagt man damit, dass man sich keinen richtigen Fotografen leisten kann“, raunt etwa ein Grafiker, der auf Microstocks verzichtet, solange es geht.
Auch die aus Brasilien stammende Wiener Gestalterin Jo Santos greift nur auf Bilddatenbanken zurück, „wenn es kein Bildbudget gibt“. Potente Kunden – Santos betreut große Industriebetriebe – haben Geld für eigene Fotos. Bei den meist knapp budgetierten Mitarbeiterzeitungen setzt aber auch Santos die günstigen Fotos ein. Aber auch wenn Fotografen beauftragt werden, greift die Designerin Claudia Weiss schon mal auf Stock-Seiten zurück: Für Foto-Briefings reichen die Symbolfotos allemal. Auch Santos arbeitet lieber mit einem kleinen, aber feinen Pool von Fotografen.
Gar nicht lumpen lässt sich dagegen der konzeptionelle Gestalter Clemens Schedler. „Fotografien sind für mich Abbildungen von Vorstellungen“, erklärt der Vorarlberger, „und mit vorgefertigten Vorstellungen kann ich nichts anfangen.“ Mit Stockphotos geht er dementsprechend hart ins Gericht. Er verweigert ihren Einsatz kategorisch, weil sie „jede Arbeit in eine Beliebigkeit verwandeln“, für ihn stellen sie „totes Füllmaterial ohne Substanz“ dar. Die Recycle-Bilder sind für Schedler „ein inhaltliches Missverständnis“, ja „eine institutionalisierte Lüge“, die nur so tut als ob: „Ich sage auch keiner Frau, dass ich sie liebe, wenn es nicht so ist.“

Schnell und einfach

Aber das Tabu bröckelt allmählich. Schließlich punkten die günstigen Online-Anbieter gegenüber ihren unmittelbaren Konkurrenten: Das klassische Geschäftsmodell der alten Bildagenturen hat nämlich so gut wie ausgedient. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, der Tenor lautet aber: Microstocks sind unkompliziert. Der Bildersucher kommt sehr schnell zu einem Ergebnis, die User-Interfaces der Webseiten sind bedienerfreundlich, simpel und schnell.
„Ich muss mit niemandem mehr reden“, atmet Weiss auf, „alles geht schnell und einfach, die Auswahl ist groß.“ Die mühsamen Geschäftsbedingungen traditioneller Agenturen muten ihr mittlerweile wie aus grauer Vorzeit an. Ihr Kollege, der Schriftgestalter und Designer Viktor Solt-Bittner, pflichtet ihr bei: Die Vertragsbedingungen waren immer eine umständliche Angelegenheit. Bei den Microstock-Anbietern hingegen entfallen einfach die mühsamen Fragen nach Auflagen, Verwendungszweck, Verwendungsort und dergleichen.

Bild-Kredit

Solt-Bittner ärgert sich aber über die Art der Verrechnung. Viele Dienstleister, etwa die Branchenführer Fotolia, Shutterstock und iStockphoto, kalkulieren auf Basis von Credits: Der User kauft eine bestimmte Anzahl ein – je mehr, desto billiger pro Stück – und kann sie für Bilder ausgeben. Der Wiener findet es dann aber „lästig, dass immer ein paar Credits übrig bleiben.“
Hat man die benötigten Fotos beisammen, bleiben die Werteinheiten in der Regel noch ein Jahr gültig und – so das Kalkül der Seitenbetreiber – animieren suggestiv zum Download weiterer Bilder. Meistens reichen die verbleibenden Credits freilich nicht – und man zückt wieder die Kreditkarte. Das sei aber halb so schlimm, winkt Weiss ab, schließlich gehe es um Lapidarbeträge.

Wiederholungsgefahr

In der Grafikstube des „Freizeit Kurier“ hat man ein differenziertes Bild von Microstocks. Bei der Fotoauswahl müsse man gut aufpassen, meint eine Layouterin. Zu bestimmten Themen tauchen nämlich immer wieder dieselben Abbildungen auf. Da kann es schon mal passieren, dass zwei Zeitungen dieselben Fotolia-Bilder abdrucken.
Beeindruckt von der Auswahl bei iStockphoto zeigt sich hingegen Sigrit Fleiß, ihres Zeichens Chefredakteurin der auflagenstarken Stadtzeitung „Das Wien“. Auf der Suche nach einem fotografischen Aufmacher mit Wien-Bezug durchforstete sie die Online-Bilder. Gewisse Fotos seien zwar „sauteuer“, aber die Auswahl war riesig, die Handhabung „irrsinnig leicht“. Die Wahl fiel schließlich auf ein Detailbild des Stephansdoms. Den Rest fasst Fleiß so zusammen: „Bezahlen, runterladen, in zwei Minuten war das Cover fertig!“

Günstige Abos

Auch Martha Karner von der Wiener Agentur comm.in benötigte Sujet-Bilder für die Kundenzeitung eines Industrie-Unternehmens. Sie stieß auf die „BilderBox“, eine oberösterreichische Foto-Datenbank. „Alles war relativ einfach“, urteilt die PR-Frau. Für einen günstigen Jahrestarif konnte sie auch immer wieder aufs Neue Fotos runterladen.
Ähnliche Abo-Services bieten mittlerweile die meisten Microstock-Betreiber an. Die Palette reicht sogar bis zu täglichen Download-Kontingenten zum Fixpreis. Ein solches Arrangement lohnt sich natürlich erst bei einem entsprechenden Bedarf. So greift etwa die Tageszeitung Kurier oft auf Microstocks zurück, unter anderem mit einem Fotolia-Abo.

Spezialisiert

Auch das Spektrum der Anbieter erweitert sich kontinuierlich. So bietet die belgische Agentur „Life on White“ rund 14.000 Fotos von Tieren vor weißem Hintergrund an. Die Preise sind gestaffelt nach Dateigröße, mehr als elf Euro pro Bild bezahlt man aber nie. Die Seite Microstock.co.il spezialisiert sich dagegen auf Fotos mit Israel-Bezug. Braucht man die Skyline von Tel Aviv oder den Tempelberg in Jerusalem, wird man hier fündig.
Positiver Nebeneffekt: Durch die Spezialisierung wird die Suche vereinfacht. Außerdem schätzen Insider die höhere Bildqualität, weil eingereichte Fotos erst eine redaktionelle Vorauswahl überstehen müssen, bevor sie zum Download bereitstehen.
Die herkömmlichen Microstock-Seiten reagieren ihrerseits mit eigenen Qualitätsschienen: So lockt iStockphoto anspruchsvollere Kunden mit dem Service „Vetta“ und Fotolia bewirbt die „Infinite Collections“. Die dort feilgebotenen, handverlesenen Bilder stammen durchwegs von echten Profi-Fotografen. Freilich greifen die Foto-Dealer dabei auch gleich tiefer in die Credit-Tasche. Die Geschäftsbedingungen sind aber dieselben. Ironie am Rande: Viele der spezialisierten kleinen Bildsammlungen kooperieren mittlerweile mit den großen Playern.