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Plakatwerbung

17.10.2014 10:35

Feldversuche

Mit dem iPhone 6 beendet auch Apple seine Verweigerung gegenüber der NFC-Technologie – und lässt auch Plakatwerber hoffen, dass sich die Nahfeldkommunikation endlich durchsetzen könnte.

Schweizer Plakattest mit NFC: Der Elefant ist mittlerweile zur Welt gekommen, die NFC-Technologie dürfte eine Spätgeburt sein. © beigestellt / APG-SGA

Sie hat sich – und das ist ihr Problem – ziemlich unbemerkt in den Alltag eingeschlichen: die Near Field Communication, unter der Abkürzung NFC besser bekannt. Jeder hat sie, aber kaum einer hat bisher wirklich Notiz von ihr genommen oder nutzt sie regelmäßig. Möglicherweise liegt das daran, dass NFC-Technologie bislang auch in der Werbung keine große Rolle gespielt hat und die meisten Werber die Nahfeldkommunikation kaum auf der kreativen Rechnung hatten. Und das wiederum, so glaubt jedenfalls Kai Wutte, Manager des Hamburger Out-of-Home-Werbespezialisten Weischer Solutions, hat auch ein wenig mit der Präferenz von Werbern für Apple-Produkte zu tun: „Bei iPhone 5 und iPhone 4, das leider auch die meisten Werber nutzen, funktioniert NFC noch nicht. Das wird sich aber ab dem iPhone 6 ändern. Der Chip ist schon drin. In den nächsten Wochen wird es diesbezüglich Updates geben. Also verschließt sich auch Apple dieser Technik nicht“, so Kai Wutte. „Auf dem Samsung Galaxy und allen anderen Android-Geräten funktioniert es problemlos.“

Dabei würde Plakatwerbung besonders von NFC-Technologien profitieren und das gedruckte Plakat endlich zu einer angereicherten Werbeform machen. „Da gibt es schöne Cases, zum Beispiel aus Spanien, wo die Passanten über zeitlich und örtlich ausgesteuertes Couponing günstig an McDonalds-Produkte kamen“, so Kai Wutte. „Interaktion, Impuls und Informationsverlängerung sind zusätzliche Chancen für vertriebstaktische Imagekampagnen. NFC bietet sich in dieser Konstellation hervorragend an, einen ganz schnellen Link auf eine mobile Seite herzustellen. Das Plakat schafft die große Aufmerksamkeit und NFC bringt schnell weitere Information direkt auf das Handy des Users.“

Kontaktlose Elefantenwerbung

In der Schweiz verbindet man ein Elefantenbaby mit NFC. Genauer gesagt hat die schweizerische Plakatgesellschaft APG-SGA mit einer neuartigen NFC-Plakatkampagne in einem Pilotprojekt für den Züricher Zoo geworben. „Das war eine nationale Premiere, die für zwei Wochen im letzten April lief. Wir haben erstmals in der Schweiz an rund 150 Stellen in Zürich NFC-Träger aufgebracht“, berichtet Nadja Mühlemann von der APG-SGA. „Die Konsumenten waren über das Plakat aufgefordert, im Rahmen eines Wettbewerbs das genaue Geburtsdatum eines kleinen Elefanten vorauszusagen.“

NFC ist, wie QR-Codes auch, eigentlich ein Gimmick – ein Weg, um zusätzliche Informationen und Multimediainhalte möglichst unkompliziert für den Nutzer zur Verfügung zu stellen. NFC-Chips können neben der Verbreitung von URLs aber auch andere Zwecke erfüllen. „So lässt sich ein Anruf oder eine SMS-Nachricht so weit vorbereiten, dass der Nutzer dies lediglich mit einem Fingerdruck bestätigen muss. Clever eingesetzt, lassen sich damit auch Kampagnen testen oder ein Bezug zum Aufenthaltsort des Nutzers aufbauen. Selbiges gilt allerdings auch für QR-Codes, die jedoch in aller Regel falsch und nicht ihrem Potenzial entsprechend genutzt werden“, fügt Georg Holzer, Geschäftsführer des Klagenfurter NFC-Spezialisten Xamoom, hinzu.

Wie trivial die Idee hinter NFC sein kann, zeigt die Entstehungsgeschichte von Xamoom, das ursprünglich als Kultur-Initiative startete. „Bei einem Bier überlegte ich mir mit meinem späteren Co-Gründer Bruno Hautzenberger, was man mit NFC machen könnte. Klagenfurt hat bis heute keine Stadtbibliothek, also machten wir die Stadt zur virtuellen Bibliothek“, erzählt Georg Holzer. „Mittlerweile hat sich das Projekt Ingeborg gewandelt. In regelmäßigen Abständen stellen wir im öffentlichen Raum Künstlerinnen und Künstler aus Klagenfurt vor.“

Die Umsetzung von Projekt Ingeborg erfolgte mit einem WordPress-Plug-in, das NFC und QR mit der realen Welt verbindet. Es liegt unter einer Open-Source-Lizenz vor und ist für alle über das Plug-in-Verzeichnis von WordPress.org kostenfrei zugänglich. „Die Lösung skaliert jedoch nicht wirklich, weshalb wir im April 2014 ein Startup namens Xamoom gegründet haben. Wir bieten solche Lösungen für alle an, die mehr Kontext anbieten wollen.“

iBeacon in Berlin

Derweil experimentiert man hingegen beim deutschen Außenwerber Wall eher mit iBeacon. Die Beacons sind mit einem Preis von rund 25 Euro deutlich teurer als NFC-Tags, die bereits für einige Cents zu haben sind. Dafür haben sie auch eine Reichweite von bis zu 40 m. „Hinter iBeacon steht eine Push-Mechanik. iBeacon versendet Nachrichten an ein Smartphone, sofern der User Bluetooth aktiviert und eine App installiert hat. Dann kann er entsprechende Nachrichten empfangen, wenn er an einem Sender vorbeikommt“, fügt Kai Wutte an. Die App muss auf dem eingeschalteten Handy aktiv sein, damit dieses die gesendeten Daten interpretiert. Sie ermöglicht hierbei eine noch genauere Standortbestimmung als GPS. Aufgrund der deutlichen Unterschiede sehen Experten NFC und iBeacon auch nicht als konkurrierende, sondern als sich ergänzende Technologien an. Es kommt allerdings darauf an, Lösungsstrategien und Einsatzgebiete zu finden, in denen sich der Einsatz der einen, der anderen oder beider Technologien lohnt. In den USA wird iBeacon in Supermärkten genutzt, um den Kunden zu Sonderangeboten zu lotsen.

„Es ist generell ein Ausprobieren in der ganzen Branche, weil noch keiner das Ei des Kolumbus gefunden hat. Die Werbetreibenden, die Agenturen, natürlich auch wir als Anbieter schauen, wie man neben dem Plakat, das ja seine Wirkung hat, noch weitere Aktivitäten auslösen kann. Deshalb werden wir demnächst in Berlin bei unseren digitalen Plakaten mit iBeacon starten“, kündigt Michael Wehran, Leiter  der Unternehmenskommunikation bei Wall, an. „Generell geht es um die Akzeptanz dieser Funktion und natürlich auch um den Mehrwert. Wenn ich einfach nur auf die Internetseite des jeweiligen Unternehmens komme, dann ist das natürlich kein Mehrwert. Der Witz bei all diesen Technologien ist, dass man wirklich einen Mehrwert schafft, der diese Technologien für den Angesprochenen aufwertet. Das gehört zu den Aufgaben, die parallel gelöst werden müssen“, so Wehran.

Startschwierigkeiten

Unabhängig von NFC oder iBeacon muss die Akzeptanz der Verbraucher für diese Technologien noch steigen. Die größte Schwierigkeit besteht bislang in mangelndem Wissen bei den Nutzern. „Während sehr viele schon über die NFC-Technik verfügen, ist die Kenntnis darüber sehr wenig verbreitet. Hier müsste man den Nutzen kommunizieren“, so Georg Holzer. „Sieht man von Apples iPhone ab, kann man NFC mit jedem gängigen Handy nutzen. Einzige Voraussetzung dafür ist, dass man das in den Einstellungen aktiviert. Das bedeutet, dass schätzungsweise die Hälfte aller Österreicher und Deutschen NFC nutzen könnte. Es gibt allerdings derzeit noch kaum Anwendungen dafür“, erklärt Holzer.

Und dann gibt es noch zu wenig Angebote in dem Sinn eines Mehrwerts. Und die wird es vielleicht in absehbarer Zeit auch nicht geben. „Man braucht die kritische Masse, damit es sich lohnt, Dinge zu entwickeln“, weiß Michael Wehran. „Schöne Angebote, natürlich mit Kreativität und passend zum Produkt, gehören absolut zu den Hausaufgaben, die von Kreativagenturen, von Werbetreibenden geleistet werden müssen. Wir sehen es aber auch als unsere Aufgabe an, diesen Prozess mit zu unterstützen. Letzten Endes ist es ja eine mögliche Funktion, die wir anbieten wollen, um die Verbreitung, die Akzeptanz und die Wirkung von Plakaten weiter verbessern zu können. Ein wenig Mut zum Risiko gehört zum Unternehmertum. Gerade bei einer Technologie, die ja komplett neu ist, braucht es diesen Mut.“

NFC hat den Vorteil, dass es direkt ohne eine App funktioniert und somit eine Hemmschwelle zum Nutzer wegfällt. „NFC kann für jeden einzelnen lokalen Werbeträger passgenaue Informationen liefern. Und dies gepaart mit dem visuellen Momentum durch das opulente Plakat. Wenn es in Zukunft auch per iPhone funktioniert, wird es sehr interessant“, kommentiert Kai Wutte.

Das Geburtsdatum von Omysha, dem Elefantenbaby im Züricher Zoo, wollten per NFC nur einige hundert Menschen erraten, eine Bilanz deutlich unterhalb des Zufriedenheitspegels der Auftraggeber. Geboren wurde der Dickhäuter, jedenfalls das ist gelungen, am 17. Juni.

Anja Schlimbach

(4c Ausgabe 7/2014)

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