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Selbständigkeit

15.10.2012 06:22

Das Euro-Roulette der Kreativen

Gerade selbständige Designer verzweifeln oft daran, ihre Leistungen auf einem Niveau einzupreisen, das für den Auftraggeber keine Zumutung und für sie selbst keine Entmutigung ist. Betriebswirtscahft spielt in den Lehrplänen der einschlägigen Schulen noch immer eine untergeordnete Rolle.

Honorare für Freelancer: die kleinen, aber für das eigene Portemonnaie desaströsen Fallstricke in den Vereinbarungen mit dem Auftraggeber sind zahlreich. © Fotolia.de

Der Reflex der Kundschaft ist meist von Pawlowscher Durchschaubarkeit: zeig mir Deine bisherigen Auftraggeber und ich sage Dir, wie viel ich zahle. Deshalb gehört ein üppiges Portfolio zu jenen Faktoren, mit denen er beim Rittern um neue Aufträge auch pfunden kann: „Eine gute Kunden – und Projektliste erhöht den individuellen Stundensatz“, weiß Design Austria-Geschäftsführer Severin Filek. Doch die Gewohnheiten der Kundschaft, ehemalige Auftraggeber zum Maßstab für die Entlohnung zu machen, sind nicht die einzigen Unwägbarkeiten, mit denen sich angehende Designer erst herumschlagen müssen, bevor sie für sich ergründen können, ob das Freelancertum auch den Freelancer nähren kann. Immerhin sind nach einer neuen Studie des Designer-Headhunters Designerdock rund drei Viertel aller Befragten zufrieden mit ihrer Jobsituation. 

Der Preis des Ruhms

Die schwierigste aller Freelancer-Disziplinen bleibt aber die Findung der richtigen Balance zwischen erträglichen Honoraren für den Kunden und erträglicher Arbeitslast für den Schaffenden. Severin Filek rät rundweg dazu, sich bei Pitches nicht mit dem vorgegebenen Budget abspeisen zu lassen, sondern ruhig zu pokern, wenn das eigene Argumentarium für einen höheren Stundensatz denn auch wohl geordnet ist. Hält der Auftraggeber die Forderungen für überzogen, kann man sich das kleine Honorar noch immer schön rechnen, indem man die Referenz höher bewertet: gerade am Karrierebeginn können weniger gut bezahlte, dafür aber repräsentative Projekte für die Zukunft eine gute Entscheidung sein. Wichtig ist aber für den Freelancer in jedem Fall, die manchmal recht dünn gespannten, aber in jedem Fall für die eigene Kalkulation desaströsen Fallstricke zu beachten, die in einem Auftrag lauern können: „Möchte der Kunde nur Skizzen oder eine druckreife Vorlage? Möchte er die Arbeit auf teuren und hoch qualitativen Papieren vorgelegt bekommen? Das alles muss man unbedingt mit einberechnen“, mahnt Severin Filek.

Kleingedrucktes

Haben sich Freelancer und Auftraggeber geeinigt, geht es an die Angebotslegung. „Es ist unheimlich wichtig, dass schon im Vorfeld schriftlich vereinbart wird, wie die Projektentlohnung aussieht und wie bei einer Verlängerung verrechnet wird“, sagt Designerdock-Chefin Maria Roth. Denn Verzögerungen sind genau wie am Bau die Regel. „Es kommt immer wieder vor, dass der Kunde doch noch etwas anders haben oder verändert haben möchte“, weiß Severin Filek. „Deshalb sind intensive Briefings so wichtig und das Angebot sollte unbedingt so formuliert werden, dass es zu einem Mehraufwand kommen kann.“

Lehr-Manko

Gerade Kreative verzweifeln zuweilen an den zahlengetriebenen Begleiterscheinungen ihres Tuns: „Es gibt große Mankos in der Ausbildung an den einschlägigen Lehranstalten, was den betriebswirtschaftlichen Aspekt betrifft“, sagt Filek. „Es kommt zwar irgendwann ein Jurist und berichtet über Urheberrechtsprobleme, Plagiate oder zahlungsunfähige Auftraggeber, aber das ist nicht nahe am harten Arbeitsleben.“ Der Wille der Lehreinrichtungen wäre da, aber es scheitert am Unwillen der Politik. „Gerade in Zeiten, wo viele in die Selbstständigkeit gedrängt werden, steht es in der Verantwortung der Politik, die Lehrpläne anzupassen.“ 

Erika Kronfuß

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