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Interaktiv

29.01.2015 09:59

Fetzen, Freundschaft, Facebook

C&A in Brasilien lässt mit gedruckten Inseraten samt integriertem Facebook-Like-Button von den Leserinnen eines Modemagazins das beliebteste Outfit wählen. Der Aufwand zur Realisierung der Werbung ist beträchtlich, die Siegerklamotten den Verantwortlichen vermutlich egal. Die Kampagne verdeutlicht, wie sich Print und Social Media-Marketing in Kombi kreativ weiterentwickeln lassen.

Der „Fashion Like“-Button überträgt die Likes für ein Outfit von der Contigo-Zeitschrift in Echtzeit ins Store in São Paulo. © Beigestellt

Dass C&A die bevorzugte Hängeware im eigenen Kleiderschrank ist, galt bisher vielen Menschen wahrscheinlich nicht als Hebebühne für das eigene Sozialprestige. Möglicherweise war genau das der Grund, warum  die Modekette in Brasilien eine Kampagne gestartet hat, mit der die Marke C&A zu viraler Blüte kommen sollte.

Und das geht so: die C&A-Kundin drückt beim Zeitschriftenlesen einen Like-Button in einem Modemagazin und teilt ihrer Facebook-Welt mit, welche C&A-Mode in einem Werbesujet ihr besonders gut gefällt. Unbestreitbar beeindruckend ist die Interaktionskette zur Verknüpfung von Druck und digitaler Kommunikation bei dieser so genannten „Fashion Like“-Kampagne von C&A Brasilien. Erstmals konnte über eine Zeitschriftenanzeige direkt auf Facebook geliked werden, in diesem Fall Kleidungsstücke von C&A. Geschaltet wurde die Anzeige im August 2014 in „Contigo“, einem Magazin mit Vorliebe für Stars und Mode. In einem Rutsch sammelte C&A so persönliche Daten und Vorlieben der Kunden, betrieb Verkaufsförderung, Kundenbindung und Markenpflege. Vier Unternehmen verwirklichten die Kampagne: C&A Brasilien, Microsoft, das brasilianische Telekommunikationsunternehmen Tim und die Werbeagentur DM9DDB, São Paulo.

Zeitschrift mit Button

Eine Vorschaltseite fragt „Welchen Look mögen Sie lieber?“, folgend kann die Leserin auf der Zeitschriftenanzeige per Button digital ihren bevorzugten Modelook liken. Ohne Smartphone oder W-LAN. Wie es funktioniert? Die Leserin registrierte sich zuvor schon auf Facebook bei Contigo für die Zusendung einer individualisierte Zeitschriftenausgabe. Jedes dieser Contigo-Exemplare erhielt eine spezifische Elektronikplatine und einen Chip. Tim hatte die Informationen über den Facebook-Nutzer und späteren Leser gespeichert. Wenn die Leserin ihr Lieblingsoutfit ausgewählt und den zugehörigen „Like“-Button ausgelöst hatte, wurde dieser Status in der Facebook-Zeitleiste der interagierenden Person veröffentlicht. In der gedruckten Anzeige leuchtete ein Licht auf und zeigte an, dass die Stimme zählt. Bei C& A im Morumbi-Einkaufscenter, São Paulo, wurden die zusammengezählten Likes in Echtzeit angezeigt.

C&A als Social Media-Vorreiter

"Die C&A-Kundin ist eine gut vernetzte Frau, die Informationen zur Mode im Internet sucht und in den sozialen Netzwerken sehr aktiv ist. Deshalb sind wir auf verschiedenen Plattformen präsent, online und offline, damit wir unsere Beziehung zu ihr noch enger gestalten können“, formuliert sich Paulo Correa, Vizepräsident von C&A Brasilien, seine ideale Kundin zurecht. Die Agentur DM9DDB glaubt an Social-Media-Innovationen und digitale Investitionen, die sieht sie als „organischen Bestandteil“ des Markenimages. „Seit der Einführung des „Fashion Like“, setzen wir bei C&A auf den digitalen und interaktiven Markt. Wir schaffen neue Formen der Beziehungen mit den Verbrauchern. ", erklärt Adrian Ferguson, Vizepräsident bei DM9DDB.

Aufwand für Calvin Klein

C&A arbeitet konsequent mit Social Media, Werbeaktionen sind keine Saisonware. Mit „Fashion Like“ präsentierte C&A Brasilien vor zwei Jahren auch die Facebook-Kleiderbügel. Die Anzahl der Facebook-Likes für Kleiderstücke, Stimmen damals abzugeben über die Facebook-App „C&A Fashion like“, wurde auf Kleiderbügeln im Store in São Paulo angezeigt. Eine aufwändige Aktion, und Klotzen statt Kleckern ist auch das Motto bei der Aktion „Look Block“. Hier schafft C&A es, mittels Facebook eine Aura von Exklusivität und Wertigkeit im Verkauf zu kreieren. 2012 vertrieb beim „Look Block“ niemand geringeres als Model-Ikone Gisele Bündchen ihre Kollektion. Mit App und Facebook wurden Freundinnenkreise eingeladen, sich Outfits zusammenstellen. Maxime war dabei immer, dass keine Frau das gleiche wie ihre Freundin kaufen kann. 2014 konnten die Kundinnen die Kollektion des Calvin-Klein-Designers Franciso Costa bewerten und mit Glück gewinnen. Die genähten Designerstücke standen im Kaufhaus mit einem Schloss gesichert auf Kleiderständern. Bei einer gewissen Gesamtanzahl an Facebook-Likes erhielten alle Liebhaberinnen eine E-Mail mit Code. Die Teilnehmerin, die als erstes im Geschäft den in der Mail abgebildeten Schlüssel an das Schloss hielt, konnte das Kleidungsstück gewinnen. Das klingt alles recht kompliziert und abstrus, ist aber bei Modejunkies offenbar erfolgreich. 

Keine Patentrezepte

Ob die europäischen Leser ebenfalls bald Druckanzeigen liken dürfen? Bei C&A schaue man sich natürlich verschiedene innovative Konzepte und Kampagnen an und bewerte diese für den europäischen Markt, verlautete aus der Europazentrale der Kleider-Könige. Nun liegt das Geheimnis des Erfolges von Social Media-Kampagnen eben in ihrer Einzigartigkeit. Entsprechend sind 1:1-Adaptionen meist wenig sinnvoll und auch gar nicht möglich, sei es wegen regionalen Imagedifferenzen oder rechtlich aus Datenschutzgründen. Ob die Kampagne in Brasilien wirtschaftlich erfolgreich war, das möchte man bei C&A aktuell nicht kundtun. Aber das ist für den Markt auch unwesentlich. C&A zeigt, wie man mit einer Social Media-Kampagne aus Print und digital, eingebettet in ein strategisches Gesamtkonzept, junge Käuferinnen umgarnen kann.

Ingo Woelk

(4c Ausgabe 1/2015)

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