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Interview

05.09.2013 11:53

"Die Branche muss übersetzen"

Rüdiger Maaß, Geschäftsführer des deutschen Fachverbands Medienproduktioner, über die künftigen Funktionalitäten von Print in einer von Online-Medien dominierten Welt und was Installateure besser können als die Druckindustrie.

rüdiger maaß fmpFMP-Chef Rüdiger Maaß: "Es ist die Aufgabe der Mediendienstleister, die Kombination an Medien, an Technologien und Verfahren herauszufiltern, die das am besten ermöglichen können." © Beigestellt

Wie wird sich die Druckbranche in den nächsten Jahren verändern? Welche Trends sehen Sie heute als Notwendigkeit, um Märkte zu sichern oder auszubauen?

Ein Installateur weiß, welche Werkzeuge er einzusetzen hat, um einen Wasserrohrbruch zu beheben. Er wird niemals seinen Kunden sagen, ich benutze dafür einen Schraubenschlüssel mit einer Maulweite von 13 mm für Verschraubung M8 der Marke Wera oder AMF. Das interessiert den Kunden auch gar nicht, er will nur den Wasserrohrbruch repariert haben. In der Druckbranche ist es aber nun einmal leider so, dass ständig über UV-Lack-Veredelungen, die inline in einer bestimmten Offsetmaschine gedruckt werden können, geredet wird, obwohl die Kunden einfach nur erfolgreich kommunizieren wollen. Es ist die Aufgabe der Mediendienstleister, die Kombination an Medien, an Technologien und Verfahren herauszufiltern, die das am besten ermöglichen können. Natürlich werden alle Drucktechnologien mit sämtlichen Veredelungen auch weiter eine wichtige Rolle spielen, aber sämtliche technologische Entwicklung muss sich in die Gesamtfunktionalität von Print einordnen. Im Endeffekt muss die Branche alle Leistungsmerkmale und Kriterien für den Kunden übersetzen.

Zeichnet sich denn schon ein Umdenken innerhalb der Branche ab?

In Teilbereichen sicherlich. Das Kuriose ist, dass die Dinosaurier der Printmedien – wobei das gar nicht negativ gemeint ist – damit beginnen müssten. Große Verlage haben zwar erkannt, dass sie etwas tun müssten, haben aber ihre tatsächlichen Potenziale noch nicht erkannt. Und natürlich haben wir aus der Printbranche kommend auch ein berechtigtes Interesse daran, dass alle Prozessbeteiligten – Vorstufendienstleister, Druckereien, Verlage, Werbeagentur  – mit Drucken weiter Geld verdienen. Das darf aber nicht die Motivation sein. Es müssen vielmehr Kampagnen mit verschiedenen Medien entwickelt werden, die für Kunden erfolgreich wirken.

Welche Rolle spielen technische Aspekte denn dann in der Zukunft überhaupt noch?

Print wird irgendwann nicht nur Trägermedium sein, sondern eine multiple Qualität haben. Das betrifft nur zu einem Teil den Content. Print wird eine höhere Attraktivität  sowohl in qualitativ-haptischer Hinsicht als auch in Verbindung mit Druckveredelung in multisensorischer Hinsicht entwickeln. Und schließlich wird Print zunehmend die Funktion der Verlinkung in Form von Medienbrücken in Online- oder Mobilekanäle übernehmen. Die unterschiedlichen Zielgruppen sind in Zukunft gegebenenfalls noch digitalaffiner. Gerade deswegen hat Print eine gute Chance, wieder neu entdeckt zu werden, weil Gedrucktes seine Qualität ausspielen kann, die insbesondere in Richtung Multisensorik gehen.

Die Kommunikationsbranche braucht ein Medium, das in der Lage ist, mit einer hohen Attraktivität und Affinität in der Zielgruppe auf digitale Applikation hinzuweisen. In diesem Bereich bringt Print mit einer sensationell guten Push-Methode grundsätzlich große Potenziale mit ins Spiel.

Heißt das, dass zurzeit zwar die Technologie den Markt bestimmt, doch eigentlich der Markt die Technologie bestimmen sollte?

Ich sehe die gesamte Entwicklung der Kommunikationsbranche als eine Pyramide. Einige der Grundlagen sind auch schon da. Und dazu gehören mit Sicherheit die bereits existierenden technischen Mehrwerte wie Druckqualität, Haptik und die bereits verfügbaren industriellen Veredelungstechnologien. Wenn aber das Fundament nicht richtig aufgestellt ist, dann kann die ganze Pyramide niemals in Form kommen. Will heißen, wenn sich die Druckbranche der Herausforderungen der Positionierung von Print, der Fokussierung der Anwender, der Entschleunigung des Marktes und der Verlinkung der einzelnen Medien nicht stellt, dann steht die Zukunft der Branche nicht sehr stabil, denn dann wird niemand mehr nach Print verlangen.

Nehmen wir an die Basis der Pyramide wäre gut aufgestellt, wie geht es dann weiter?

Print muss sich mittelfristig als hervorragende Medienbrücke positionieren. Wir wissen, dass Print aufgrund seiner Potenziale ein extrem wichtiger Bestandteil der ‚nachhaltigen‘ Kommunikation ist. Dabei steht Nachhaltigkeit in diesem Kontext für die Wahrnehmung von Informationen aus Printmedien. Diese werden nicht nur gelesen. Printprodukte werden in Besitz genommen, sie lassen sich sehen, riechen, fühlen. Und deshalb sind Informationen nicht so flüchtig wie in einer Online-Mobile-Applikation. Print steht deshalb als Push-Medium für Online-, mobile oder digitale Applikationen auch schon in den Startlöchern, aber da muss noch viel geschehen.

Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Anja Schlimbach.

Lesen Sie mehr über die Visionen der Druckmaschinenhersteller und ihre spannendsten Experimente in Ausgabe 6/2013 von 4c.

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