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25.12.2011 23:44

Lieber nicht freuen

Auch das Siechtum von Manroland führt nicht zwangsläufig zu einer Genesung des übrigen deutschen Druckmaschinenbaus. So realistisch muss auch die Konkurrenz sein.

Boot abgesoffen untergegangenAuch wenn Manroland untergehen würde, muss das nicht bedeuten, dass die übrigen deutschen Druckmaschinenbauer trockenen Fußes das Ufer erreichen. © Fotolia

Noch vor Weihnachten, so verlautete aus dem Umfeld von Insolenzverwalter Werner Schneider, sollte ein Investor für den gestrauchelten Druckmaschinenbauer Manroland gefunden werden. Dieses Ziel, wenigstens das steht fest, wurde verfehlt. Nun hat Schneider noch ein gutes Monat Zeit, um einen Käufer für den Konzern oder Teile von ihm zu finden, andernfalls die Guillotine des deutschen Insolvenzrechts ihre Arbeit verrichten wird.

An Interessenten indes mangelt es angeblich nicht; aus allen Himmelsrichtungen will Schneider einschlägige Signale empfangen haben. Doch selbst wenn Schneider bis Februar doch scheitern und Manroland doch liquidiert werden sollte, würden die Folgen die ökonomischen Fundamente des Druckmaschinenbaus nicht unmittelbar festigen und die Konkurrenz nicht unmittelbar profitieren können. Die Pleite eines Marktbegleiters muss nicht zwangsläufig Basis sein für ein Comeback der ökonomisch ebenfalls nicht sorgenfreien Mitbewerber.

Schwieriger Bogen

Dafür hat Manroland – jedenfalls in letzter Zeit im Bogenbereich - paradoxerweise schon selbst gesorgt mit einer Produktpolitik, die in einigen Fällen das Prädikat speziell verdienen würde. Die vor mittlerweile fast vier Jahren vorgestellte Manroland 50 ist da exemplarisch. Sie wurde nicht in den Markt gehievt, weil keiner der Konkurrenten das Kleinformat zur Genüge bedient hätte, sondern weil ein Konkurrent – Heidelberg nämlich – dieses Segment praktisch monopolhaft besetzt hat. Verkaufszahlen zur Manroland 50 gibt das Unternehmen heute nicht bekannt. Es ist unwahrscheinlich, dass diese etwas ungewöhnliche Zurückhaltung ein starkes Indiz für einen überwältigenden Verkaufserfolg ist. Manroland hält heute am Bogen-Weltmarkt insgesamt einen Anteil von zehn bis zwölf Prozent; ein Kuchen, der auch die Konkurrenz nicht wirklich satt machen würde. Der Bogen-Primus Heidelberg wird also seine Marktstellung auch bei einem Ende des Konkurrenten nicht atemberaubend ausbauen können.

Etwas anders liegt der Fall bei Koenig & Bauer, bisher einem der schärfsten Wettbewerber von Manroland nicht alleine im Bogensegment, sondern auch auf der Rolle. Fällt Manroland als Hersteller von Heatset – und Coldset-Maschinen aus, würde Koenig & Bauer davon wegen des Engagements in Bogen und Rolle stärker profitieren als Heidelberg. Noch hat Manroland im Rollenbereich angeblich einen Auftragsbestand im zweistelligen Bereich, ein Teil davon sind allerdings auch 96 Seiten-Maschinen. Weil Koenig & Bauer sich bislang diesem Markt verweigert hat, würde nun noch ein dritter Player ins deutlich beschleunigte Spiel kommen: Goss, das ja 96 Seiten-Maschinen schon im Markt platziert hat, könnte ohne eigenes Zutun plötzlich das Monopol für die Jumbo-Maschinen auf dem Weltmarkt beanspruchen und wohl mit großer Verve in diese Lücke vorstoßen.  Der Druck auf Koenig & Bauer würde dann steigen, sein Produktportfolio ebenfalls auszubauen. Schließlich sind 96 Seiten-Maschinen eine durchaus gefährliche Konkurrenz für das Segment der 48 Seiten-Maschinen.

Canon  bleibt über

Zu Beginn des nun schon fast abgelaufenen Jahres war Manroland der erste Offsetanbieter, der eine Kooperation mit einem Digitaldruck-Hersteller verlautbarte. Doch die Allianz mit Océ blieb eine, die bisher nicht mit Leben erfüllt werden konnte. Noch wurde das Bundle aus Offsetdruck und Inkjetsystem noch in keiner Druckerei platziert. Canon, mittlerweile zu 99 Prozent Eigentümer von Océ, steht im Falle einer endgültigen Pleite von Manroland  plötzlich ohne Offset-Partner und damit auch ohne Vertriebsrampe in die Druckereien da. Die Kooperation von Heidelberg mit Ricoh wird das kaum tangieren, einen befeuernden Effekt aber könnte das auf die Pläne von Koenig & Bauer haben, Inkjet-Maschinen von RR Donnelly in Lizenz herzustellen und dann im Bundle mit den eigenen Offsetmaschinen zu vertreiben.

Konsequenzen für Drucker

Exklusiv betrüblich wird ein nach wie vor mögliches Ende von 165 Jahren Manroland wohl auch für die hunderten von Druckereien, die Maschinen des Anbieters in ihren Drucksälen stehen haben. Und zwar ganz besonders für jene, die relativ aktuell solche Maschinen über Banken oder Leasinggesellschaften haben finanzieren lassen. Denn die Restwert-Annahmen, die Basis vieler solcher Finanzierungen sind, dürften nach einer Liquidierung des Unternehmens nicht mehr haltbar und vielleicht Gegenstand schmerzlicher Verhandlungen der Drucker mit ihren Finanzierern sein. Auf die Liquidität der Druckereien wird das keine wirklich positiven Auswirkungen haben, was letztlich auch die Marktbegleiter von Manroland noch einmal übel treffen könnte. Ganz nebenbei: noch ist auch nicht absehbar, welche Wirkungen der nicht ausgeschlossene ökonomische Exitus von Manroland auf die Preise für die neuen Maschinen der Konkurrenz hätte.

Um das Bild vom Boot, in dem alle sitzen, widerwillig zu strapazieren: jenes, in dem die deutschen Druckmaschinenbauer sitzen, hat aus vielerlei Gründen eine gewisse Schlagseite. Sich darauf zu verlassen, dass es wieder stabil liegt, wenn einer von Bord geht, wäre vielleicht zu optimistisch.

Martin Schwarz

 

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