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Wahlen

10.09.2013 11:56

Botschaft auf Bogen

Große Flächen für großes Polit-Schauspiel. Das Plakat spielt auch in diesem Wahlkampf eine Hauptrolle. Neue wahlwerbende Gruppen bescheren den Plakatdruckern nun volle Auftragsbücher.

„Arbeit“, „Sozial. Frank“, „Weniger belämmert als die anderen“ oder auch „Österreich gehört den Optimisten“. Wenig Botschaft auf großen Flächen. Das ist Wahlkampf und Wahlkampfzeit ist Plakatzeit. Das älteste Werbemedium überhaupt dominiert speziell in Österreich den Media-Mix der Parteien.  Kein anderes Medium vermag die Botschaften der Polit-Player derart zugespitzt und vor allem nahezu flächendeckend zu transportieren. Aber: Das im Juli 2012 beschlossene Transparenzgesetz, das die Wahlkampfkosten pro wahlwerbender Partei auf sieben Millionen Euro beschränkt, zieht zwar auch eine Schneise durch den Plakatwald. Doch das Antreten neuer finanziell potenter Wahlwerber und die Rückbesinnung einiger anderer Parteien auf das Plakat könnten das zumindest teilweise wieder ausgleichen. 

Steigerungsfähig

Michael Braun, Geschäftsführer der Wolkersdorfer Druckerei Gerin, glaubt bei diesem Wahlgang jedenfalls nicht so recht, vom Mitteilungsbedürfnis der Parteien zu profitieren. “Es wird die eine oder andere Plakatkampagne geben, aber nicht im großen Stil.“ Bei früheren Wahlkämpfen hätten die Parteien speziell im Printbereich wesentlich mehr investiert. „Diese Deckelung schwächt auch die Wirtschaft und im weitesten Sinne die Kaufkraft der Arbeitnehmer“, beklagt der Chef der mit rund 60 Prozent Marktanteil führenden Plakatdruckerei aus Wolkersdorf im Weinviertel. Man kann schon froh sein, wenn Parteien mit ihren Plakatproduktionen nicht ins Ausland gingen, so wie es bei der ein oder anderen Wahl schon passiert ist.

Der Stellenwert von Plakaten oder anderer Außenwerbung ist indes ungebrochen hoch: „Plakate und Citylights werden 24 Stunden am Tag wahrgenommen. Mit einer gewissen Plakatdichte wird ein Großteil der Bevölkerung erreicht und man hat als Konsument nicht die Möglichkeit, dieser Werbeform in irgendeiner Weise zu entkommen“, betont Braun und verweist auf die Dreieck-Ständer, mit der sechs Wochen vor der Wahl die Informationsdichte nochmals erhöht wird, was wiederum bei TV und Radio in diesem Ausmaß nicht möglich ist.

Gibt es überhaupt noch Innovationen beim Plakatdruck? „Wir sind derzeit im Ausarbeiten von neuen Möglichkeiten im Bereich Farbe und Papier. Das sind Innovationen, die überraschen werden“, erzählt Braun.

Dank an Frank

Schon optimistischer zeigt sich Martin Wlacil, Prokurist und Vertriebsleiter der Druckerei Agensketterl, dem heimischen Herausforderer am Markt für Plakatdruck. Im Vergleich zur Nationalratswahl vor vier Jahren, druckt Agensketterl heuer geschätzte 20 Prozent mehr Wahlplakate. Im Vergleich zu einem Nicht-Wahljahr erhöht sich das Plakatvolumen heuer etwa um fünf Prozent. „Die Plakatdichte ist in Österreich sehr hoch. Mit nur einer Kampagne kann man auch noch Menschen im letzten Bergdorf erreichen“, ist Wlacil überzeugt und begründet seinen Optimismus auch mit dem Polit-Neuling Team Stronach sowie den Grünen, die heuer erstmals verstärkt auf Außenwerbung setzen. „Vor fünf Jahren haben die Parteien noch stärker auf Direct Mailings gesetzt, heuer steht das Plakat ganz klar im Zentrum, und zwar mit noch mehr Sujets als 2008“, sagt Wlacil. Natürlich spürt die Druckerei aus Mauerbach im Westen von Wien die ausländische Konkurrenz, aber „unsere Vorteile liegen in kurzen Wegen und ebenso kurzen Produktionszeiten sowie hoher Produktivität dank unsere neuen Maschine von Koenig & Bauer“, ergänzt Wlacil.

Mit  der ausländischen Konkurrenz meinen die beiden heimischen Plakatdrucker übrigens die tschechische Druckerei Eclipse Print, die mittlerweile neben Prag auch Produktionsstandorte in Polen, Ungarn und Slowenien betreibt und mit einem Verkaufsbüro in Wien am österreichischen Markt präsent ist. Von Parteienwerbung freilich kann Eclipse nicht profitieren: „Das wäre den Parteien sicherlich zu heikel gewesen“, so Eclipse Österreich-Geschäftsführer Bernhard Müller.

Raumfüllend

Einer, der wissen muss, ob Parteien diesmal tatsächlich mehr auf das Plakat setzen, ist Gewista-CEO Karl Javurek. Und der Grund, warum dies so ist, „liegt einerseits in der Tatsache, dass immer wieder versucht wurde, ‚plakatabstinent’ Wahlkämpfe zu bestreiten, und die Erfolge sich mit dieser Strategie nicht eingestellt haben. Einzige Ausnahme war die Landtagswahl in Kärnten, wo ich den Eindruck hatte, dass so eine Wechselstimmung in der Bevölkerung lag, dass es im Prinzip überhaupt keiner werblichen Impulse bedurft hätte, um zum bekannten Wahlergebnis zu gelangen“. Javurek erwähnt auch die Grünen, die traditionell eher plakatresistent eingestellt waren, und diesmal „wirklich groß in unserem Medium vertreten sind“.

Die Vorteile von Out-of-Home in einer Wahlkampagne sind laut Javurek klar: „Mit einem starken Plakat kann ich die Kernaussage eines Wahlkampfs auf den Punkt bringen und zeige Präsenz im öffentlichen Raum. Es geht auch bei einer Wahl darum, den öffentlichen Raum zu dominieren, um einerseits Siegeswillen auszustrahlen und andererseits ein Signal an die eigenen Funktionäre und Stammwähler zu geben“, so Javurek.

Einfach herzig

„Im Getöse des Wahlkampfs ist größtmögliche Verdichtung erforderlich. Wer die in einem Plakat einfangen und umsetzen kann, hat schon halb gewonnen. Denn anders als die Politiker glauben, hören die meisten Wähler einfach nicht zu“. Mariusz Jan Demner, Kreativgeschäftsführer der Werbeagentur Demner, Merlicek & Bergmann, die für SPÖ-Kampagne verantwortlich zeichnet. Natürlich spürt auch Demner die Sieben-Millionen-Euro-Deckelung, schließlich betrug das Wahlkampfbudget der SPÖ vor vier Jahren noch über 20 Millionen Euro. Dennoch: Das Plakat ist ein zentrales Medium. Und die Bemühungen der Parteien über Social-Media-Kanäle zu kommunizieren? Demner: „Schlicht gesagt: Herzig. Sie zeugen meist von schwach ausgebildetem Bewusstsein, was Markenführung und politische Zeichensetzung betrifft. Dabei genügen oft wenige Worte, um maximalen Impact zu erzielen“. 

Einfach schlimm

Plakatiert wird also weiterhin heftig, aber hilft viel auch wirklich viel? Alois Schober, Chef der Agentur Young & Rubcam, hat so seine Zweifel, ob die riesigen Flächen auch sinnbildend bewirtschaftet werden. „Das Plakat ist mit Abstand das wichtigste Medium im Wahlkampf und muss ein Angebot an die Wähler in drei Worten machen. Das allerdings hat kaum ein Partei bislang geschafft. So etwas Schlimmes, zumindest markentechnisch, habe ich noch nicht erlebt“. Einzige Ausnahme ist für Schober die Kampagne für das Team Stronach.

Out-of-Home-Medien stellen gerade für politische Kommunikation die dominante Speerspitze im Werbegetrommel dar, sie können Botschaften zuspitzen und mit purer Größe auch die eigene Wichtigkeit unterstreichen. Unter Umständen erscheint den Parteien das Plakat auch als Medium, mit dem sie sicherer umzugehen wissen, als mit dem Web und Social Media. Der letzte Tweet von Bundeskanzler Werner Faymann stammt übrigens vom 22. Novbember 2011. Das mit den Neuen Medien, das scheint man in vielen Parteisekretariaten vorerst mal aufgegeben zu haben. Der Wahlsieger bei der politischen Kommunikation, das ist das Plakat.

Klemens Kuttendorfer

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