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Joseph Binder Award 2014

01.12.2014 10:31

Größe braucht kein Format

Ein Designpreis, dem das Ergebnis alleine nicht reicht: Der Joseph Binder-Award suchte in 13 Kategorien auch nach den inhaltlichen Kerne in den formalen Hüllen. Die Jury fand reichlich.

79 Sieger beim Joseph Binder Award 2014. 4c ist seit 2012 Medienpartner des wichtigsten österreichischen Designpreises. © Beigestellt Die Atzgerei und das Donaufestival: Gold für das neue Corporate Design. © Beigestellt Mahnschreiben für Weitzer Hotels: Gold in der Kategorie Kommunikationsdesign. © Beigestellt Die Atzgerei und das Donaufestival: Gold für das neue Corporate Design. © Beigestellt

Für dünne Filmplots sind bekanntlich auch 90 Minuten Kino zu lang. Für schmale Ideen  ist schon eine Briefmarke zu groß. Wo der Kern und die Substanz fehlt, lässt sich eben nichts aufblähen. Nicht auf Breitwand, nicht auf Plakate mit 24 Bögen. Die größten Skizzenblöcke, die hellsten Beamer, die stärksten Worte, die markanteste Typographie, die knalligsten Farben, die raffinierteste technische Trickkiste – Kommunikationsdesigner brauchen all das nicht, wenn das Konzept stimmt, das man durch die medialen Kanäle schickt.  Dann kann auch der  Bierdeckel der Überbringer der Botschafter sein. Als Gestalter der Tiefenstrukturen der Kommunikation,  nicht bloß als Behübscher  der Oberfläche, so will Susanne Breitfeld vom Berufsverband der deutschen Grafikdesigner, ihre Kollegen gerne wahrgenommen sehen. Und genau  jene Einreichungen, in denen sich dieser Anspruch abzeichnet, sieht sie auch als Jurorin bei Designpreisen am liebsten. Wie zuletzt beim einzigen österreichischen Designpreis für Kommunikationsdesigner mit internationalem Zulauf, dem Joseph Binder Award. Die ausgezeichneten Gestalter zeigten mit ihren Projekten, dass innere Ideen auch an der Oberfläche am schönsten strahlen.

Gute Arbeit und Geld

Und all das im Dienste der Kommunikatoren, die über die Gestaltung versuchen, ihren Botschaften Nachdruck, Gewicht und Gehör zu verleihen. „Es ist keine Kunst, die wir Kommunikationsdesigner zelebrieren. Wir sind Teil der Creative Industries. Wir sind Dienstleister“, betonte Laurent Graas, Vorstandsmitglied von Design Luxemburg und ebenfalls Teil der Jury des Joseph Binder Awards. „Wir machen gute Arbeit und wir erwirtschaften Geld“. Mit Ideen und der Kreativität, die sich beim Joseph Binder Award in 690 Einreichungen auf 13 Kategorien auffächerte. „Kreative Leistung hat einen Wert, die eben auch Geld kostet für die Auftraggeber“, sagt Graas. Das dürfe man nicht vergessen bei all der lauten spielerischen Gestaltungsfreude, die dem Betrachter entgegenspringt.

Orchestral

Auch die Herzen der Juroren hüpften bei einigen preisgekrönten Gestaltungen besonders hoch, wie Susanne Breitfeld erzählt. Vor allem, wenn etwa die Wiener Designer Roland Radschopf und Illustrator Nikolay Uzunov plötzlich den Bautrupp für das Corporate Design einer Baufirma in ein Orchester verwandeln, das seine Werkzeuge virtuos beherrscht. Dafür gab es einen Silber-Award. Oder wenn die Klarheit einer Idee kaum Jury-Diskussionen zulässt, wie etwa beim  Projekt der Agentur Atzgerei: Für das Donaufestival haben sie das bestehende Corporate Design effektvoll neu inszeniert. Bislang prägten es  drei parallele Balken. Nun ist einer von ihnen ein Querschläger, der das Logo zum Ungleichheitszeichen werden lässt. Eine schlüssige Idee, weil so wie  früher sollte beim Donaufestival anlässlich des zehnjährigen Jubiläums so wenig wie möglich  bleiben.

Über den Plakatrand

Inhaltliche Twists, Brüche und Überraschungen sind die allererste Gestaltungsaufgabe und auch eine hohe Kunst. Wie auf den Plakaten, die die Vorarlberger Designagentur Sägenvier für das Vorarlberg Museum entwickelte: Da darf die Typographie mal über den Plakatrand „hinausschauen“, genauso wie sich die Ausstellung, die das Sujet bewirbt, den Blick jenseits der üblichen Wahrnehmungsgrenzen vorgenommen hatte. „Durchdrungen von einer Idee“, so sollen die Entwürfe sein, sagt Breitfeld. Dann gelangen die Botschaften besser in die Köpfe und Bäuche der Rezipienten. Aber auch leichter auf die Shortlist von Designwettbewerben wie dem Joseph-Binder-Award. So wird Breitfeld nicht müde zu repetieren: „Konzept, Konzept, Konzept. Das ist das Grundkriterium für gutes Kommunikationsdesign“. Die Gestalter seien  nicht dazu da, nur die Inhalte zu „stylen“. Buchstaben zu frisieren, Fotos zu färben und die Dinge attraktiv im Weißraum aufzustellen.

Gut zum Designer

„Der Joseph Binder Award  ist vor allem ein fairer Preis“, sagt Breitfeld. Nicht einer, der eher einer Marketing-Plattform für die Auftraggeber gleicht. „Bei manch anderen Preisen ärgere ich manchmal wirklich, wie da mit Designern umgegangen wird“. Da gäbe es welche, die etwa zunächst prämieren und danach zweitausend Euro wollen, damit sich der Einreicher auch  seinen Platz im Katalog sichert.  Der Joseph-Binder Award erfülle hingegen die Qualitätskriterien, die der Berufsverband der deutschen Grafikdesigner für Designpreise aufgestellt hat, meint Breitfeld. Und auch die Prinzipien seines Namensgebers hält er hoch. Severin Filek, Chef von Design Austria, ließ sie sicherheitshalber noch mal zur Preisverleihung an die Wand beamen: „Design hat die Funktion der Darstellung. Design hat die Funktion der Kommunikation. Design hat die Funktion der Motivierung“.  Joseph Binder postulierte zeitlose Ansprüche.

Erzählende Linien

Vor vier Jahren, als Breitfeld ebenfalls in der Jury war, wären die Gestalter noch deutlich zurückhaltender gewesen: „Damals war alles viel zarter, irgendwie lyrischer. Der Trend ging beinahe in Richtung No-Design“. Heute zeichne sich wieder das Plakative und Kräftige ab. So wie ein roter Faden, den das Design ohnehin schon vor einigen Jahren aufgenommen hat: das Storytelling, die narrative Ebene, die die Gestalter in ihren Projekten einziehen.

Vor allem in der Kategorie „Illustration“ erzählen sie  auch implizit etwas über sich. „Illustration ist immer etwas Persönliches“, sagt die deutsche Designerin Franziska Walther, die diesmal in der Jury saß und vor zwei Jahren selbst einen Preis in Silber mit nach Hamburg nahm. Diesmal konnte sie gar nicht lang genug begutachten, wie „intelligent und charmant“ etwa die Agentur Markwald Neusitzer Identity ihre Ideen für Neujahrsvorsätze in Kartenform abgeliefert hatten: Erfolg, Bewegung, Abenteuer und was man sich sonst noch vornimmt, visualisierten die Illustratoren mit skurril-absurden Ideen. Das wurde mit „Gold“ in der Kategorie „Illustration in anderen Anwendungen“ belohnt.

Freundschaftlich mahnend

Aber auch für die Goldpreisträger im „Kommunikationsdesign“ verlor Walther viele lobende Worte:  Das Mahnschreiben der Weitzer Hotels versucht es weniger mit dem Mahnen, als mit der humorvollen Erinnerung, dass da noch kein Geld geflossen ist. Den  üblichen, aggressiv-strengen Ton haben die Grazer Gestalter von Moodley Identity durch einen visuell und sprachlich freundschaftlichen Gestus ersetzt. „Hier war auch eine Auszeichnung angebracht, allein dafür, dass man hier Design für in einem Kontext verwendet, in dem das normalerweise gar nicht geschieht“, sagt Walther. Bei diesem und bei vielen anderen Entwürfen musste die Jury erst gar nicht zu langen Diskussionen ansetzen, erzählt sie. „Andere wiederum haben wir zunächst rausgeschmissen und später wieder hereingeholt“. In der Jury trafen verschiedene Muttersprachen aufeinander, auch Daina Vitolina, Gründungsmitglied des lettischen Design Information Center sowie Iva Babaja, Präsidentin des International Council of Graphic Design Associations waren Teil von ihr. Doch der Konsens, wie es Laurent Graas aus Luxemburg sagte, war die Sprache, die alle teilen: „Und die ist nun mal das Design“.

(4c Ausgabe 8/2014)

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