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Gestern 08:31

Operation Sorgenfalte

In Panik registrieren die Verleger ein Minus von einem Prozent bei den Printwerbeumsätzen in Deutschland. Sie sollten sich eher Gedanken darüber machen, ihre gedruckten Zeitungen und Magazine zu modernisieren.

Sorgen, Nöte, Ängste: Deutschlands Verlagschefs warnen anlasslos vor wirtschaftlicher Apokalypse. © Fotolia.de

Der Verleger Hubert Burda gab vor einigen Wochen eine Erkenntnis zum Besten, die so niemand hören wollte: „Das alte Verlegermodell funktioniert nur in Print.“ Burda glaubt weder daran, dass man weder mit Werbung noch mit Paid Content genug Geld verdienen werde. Er ist inzwischen offenbar der Auffassung, man könne zwar E-Paper verkaufen, aber die Menschen keine speziellen Inhalte über eine Paywall erwerben würden. Christoph Keese vom Springer Verlag schreibt dazu bei Twitter, dass der Journalismus dann zum Subventionsfall würde. Und erwartungsgemäß vehement widerspricht der Bild-Chefredakteur Kai Diekmann, ausgestattet mit 250.000 Digitalabonnenten, dem 74-jährigen Burda.

Burdas Sorgen

Mathias Blumencron, Onlinechef der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, nennt es die „Million-Dollar-Question“ unserer Zeit und befürchtet, Burda könne Recht behalten. Wenn Paid Content nicht funktioniert und die Refinanzierung des Journalismus über Werbung generell infrage steht, was wird dann aus dem Qualitätsjournalismus, wie wir ihn kennen? Investitionen in Hedgefonds, meint Burda, seien eine mögliche Lösung. Formuliert Burda, der als erster deutscher Verleger sehr früh ins Internet investierte, damit eine bevorstehende Apokalypse – oder gehört seine Aussage in die Schublade „No Country For Old Men“?

Hat Burda nicht Recht, wenn er zum Thema Werbefinanzierung feststellt: „Wenn man früher eine Wochenzeitung aufschlug, gab es Hunderte von Anzeigen. Heute finden die Leute im Internet, was sie brauchen.“ Tatsächlich ist das Rubrikgeschäft komplett ins Netz abgewandert. Nun kehren auch die werbenden Marken den Zeitungen und Zeitschriften zunehmend den Rücken: Die soeben veröffentlichten Nielsen-Bruttoumsätze zeigen für 2014 ein Gesamtmarktplus von vier Prozent, für Zeitungen und Zeitschriften jedoch ein Minus von einem Prozent.

Zweistellig ist das neue Schwarz

Ein Prozent Minus? Ist das Grund für eine apokalyptische Hysterie? Wohl kaum. Und erst recht dann nicht, wenn die Onlinemedien selbst nicht über ein Plus von einem einzigen Prozent hinauskommen. Erst recht nicht dann, wenn man, wie Burda, zweistellig wächst und zudem eine nach wie vor zweistellige Umsatzrendite für den Printbereich erzielt.

So sieht es aus

Lassen wir doch bitte die Kirche im Dorf. Die Unternehmen brauchen die klassischen, analogen Medien, um zu ihren Zielgruppen durchzudringen. Das Internet als Werbemedium ist hierzu überhaupt nur wenigen Fällen und Branchen wirklich geeignet. Neben TV sind es doch die Printmedien, die vor allem besser verdienende und gebildete Verbraucher wirksam erreichen. Die Nettowerbeumsätze der beiden Printgiganten Zeitungen und Zeitschriften beliefen sich 2013 auf 7,2 Milliarden Euro. Ein Minus dieser Größenordnung bedeutet, dass die Printmedien in diesem Jahr in Deutschland die stolze Summe von 750.000.000 Euro verdienen werden.

Da gibt es weder eine Veranlassung, Google zerschlagen zu lassen, noch seine Redakteure auf die Straße zu setzen, noch den Journalismus per se mit dem Damokles-Schwert zu erdolchen.

Liebe Verleger: Sie besitzen den Content, um den Sie alle beneiden. Sie haben die Verbraucher, die alle Unternehmen erreichen wollen. Modernisieren Sie Ihre Verlage und machen Sie Ihren begehrten Printjournalismus attraktiv und zukunftsfähig. Oder mit den Worten von Nicolas Clasen (in „Der digitale Tsunami“ beschreibt er den bevorstehenden Durchbruch der digitalen Medien): „Content is all you have, make it work!“

In unserem Land ist Platz für Old Men und Young Men. Und viel Platz für Print.  

Thomas Koch

Thomas Koch, Mediaplaner, Agenturgründer, Ex-Starcom-CEO, Herausgeber von "Clap" und Media-Persönlichkeit des Jahres, schreibt in 4c Deutschland regelmäßig über die Zukunft von Print. Folgen Sie Thomas Koch auf Twitter: @ufomedia

(4c Printausgabe Deutschland 1/2015)

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