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27.12.2012 07:27

Schwarmintelligenz

Eine Kristallkugel braucht es dazu nicht: das kommende Jahr wird geprägt sein von teilweise überraschenden Kooperationen sowohl zwischen Druckereien und vielleicht sogar zwischen Druckmaschinenbauern.

Alles geteilt: Kooperationen in unterschiedlicher Ausprägung werden die Druckbranche im kommenden Jahr dominieren. © Fotolia.de

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Es gibt gewiss ehrwürdigere Orte, um eine jedenfalls kleine Revolution am österreichischen Printmarkt sichtbar zu machen. Ehrwürdiger jedenfalls als der Windfang beim Eingang zur Druckerei Ueberreuter in Korneuburg. Dort hängt seit einigen Monaten ein eher schmuckloses Schild, das die Besucher willkommen  heißt. Darunter sind vier Logos gedruckt: jenes von Ueberreuter selbst, von Ueberreuter Packaging, von Stiepan und von Print Advice. Bald wird Ueberreuter-Chef Manfred Schmid das Schild vermutlich austauschen müssen und noch das Logo der neuen „Stadtdrucker“, jener gemeinsam mit Edelbacher, Druckwerkern und Print Advice gebildeten Druckereien-Gruppe hinzufügen müssen.

Schmids Konzept

Wenn alles so läuft, wie es sich Manfred Schmid vorstellt, könnte der Windfang beim Eingang auch bald zu klein werden für das Schild. Denn Schmid will noch mehr Druckereien in eine Kooperation binden, auf diese Weise auch Maschinenkapazitäten einerseits aus dem Markt bringen oder maschinelle Monokulturen aufbauen, wie es die Stadtdrucker schon vorgezeigt haben: während sich Ueberreuter selbst eine maschinelle Monokultur im Format 70/100 aufbaut und in Korneuburg die Prozesse industriell stramm strafft, könnten kooperierende Druckereien etwa weiterhin ihre Kleindrucksorten herstellen. Das Konzept der Wiener Stadtdrucker müsste nicht einmal auf Wien beschränkt bleiben. Schmid hält die Tür bewusst weit offen für kleinere Druckbetriebe, die bei Ueberreuter andocken wollen. Einige von ihnen werden vielleicht überhaupt keine Produktionsmittel mehr erhalten müssen, können sich auf den Vertrieb konzentrieren und die Dienstleistungen etwa in Korneuburg zu recht günstigen Konditionen einkaufen 

Vertriebssteuerung

Das Risiko für Schmid ist nicht gering einzuschätzen. Ob gelingt, was er vorhat, oder ob er scheitert, wird vor allem im Vertrieb entschieden – in seinem eigenen wie auch dem jener Druckereien, die in Korneuburg andocken möchten. Es gibt gerade in jüngster Zeit Branchenbeispiele in Wien und Umgebung, wo die Vertriebssteuerung nicht straff genug organisiert wurde – mit fatalen Folgen. Schmid und besonders sein für Vertrieb und Marketing zuständiger Co-Geschäftsführer Robert Plaschko müssen dafür Sorge tragen, dass der vielgliedrige Vertrieb eines solchen Druckereien-Verbundes sich nicht in eine Spirale der Kannibalisierung ziehen lässt, die beiden müssen auch eine Kundensegmentierung implementieren, wie sie im Trial-and-Error-Vertrieb des grafischen Gewerbes nicht allzu oft vorkommt.

Kühne Ideen

Aber nicht nur Ueberreuter bastelt an einer neuen Form der Marktkonsolidierung. Auch Joachim Kühn, der neue Geschäftsführer der Oberndorfer Druckerei, zirkelt in seinem Nachdenkprozess um die Idee, die Oberndorfer-Tochter J. Fink im deutschen Ostfildern zu einem Gravitationszentrum für regionale Beilagendrucker auszugestalten. Im Interview in der aktuellen Ausgabe von 4c meinte Kühn: „Ich kann mir vorstellen, dass wir zusammen mit anderen Druckereien am Standort Ostfildern wachsen. Wir führen bereits Gespräche mit Kollegen, mit denen man kooperieren oder gemeinsam investieren könnte.“ Übernahmen meint er damit eindeutig nicht. „Was hätten Sie denn davon, einen anderen Beilagendrucker zu übernehmen? Die Kundendatei? Die hat gerade bei Beilagenaufträgen eine kurze Halbwertszeit. Lange Kundenbeziehungen gibt es da nicht, nach einem oder zwei Jahren ist der Kunde üblicherweise wieder weg.“, so Kühn gegenüber 4c. Also strebt Kühn danach, die Zusammenarbeit nach dem Muster von Ueberreuter zu schmieden.

Selbst im deutschen Druckmaschinenbau, bisher ein Eldorado für technisches Eigenbrötlertum, hat mittlerweile die Erkenntnis Platz gegriffen, dass nicht jeder Druckmaschinenhersteller wirklich jede Komponente selbst produzieren muss. Da sind Überraschungen nicht ausgeschlossen.

Es wird also das Jahr des Teilens – damit am Ende vielleicht alle mehr haben.

Martin Schwarz

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