Business Blog

16.02.2014 11:27

Geschrumpftes Empire

Wenn die Relevanz von Messen an ihrer sensorischen Funktion für die Entwicklung einer Branche gemessen wird, lohnt die Reise nach London zur IPEX definitiv nicht.

Stand von Koenig & Bauer bei der IPEX 2010: in diesem Jahr werden die meisten Offset-Hersteller nicht bei der Messe dabei sein. © Beigestellt

Aus dem Archiv Stummes Opfer Messe-Moratorium Auch Heidelberg sagt ab Lieber nicht freuen 181 Tage Auf einem anderen Planeten Rachingers digitale Demenz

Wo andere mit globaler Anziehungskraft punkten und stolz verkünden, aus welchen entfernten Regionen des Erdenrunds die Aussteller einer Messe kommen, herrscht bei der IPEX kleinlaute Zurückhaltung. Auf der Website ist eine Aussteller-Suchfunktion nach Land nicht möglich und auch die betreuende PR-Agentur dürfte mit einer entsprechenden Anfrage überfordert sein: vor zwei Wochen schon hatten wir gebeten, uns mitzuteilen, aus welchen Ländern welche Aussteller im März nach London eilen werden – bisher ohne Antwort. Auch unsere zweite Frage nach der durchschnittlichen Standgröße blieb bislang unbeantwortet. Es ist ein wohl kalkuliertes Schweigen, denn beide Faktoren – die Herkunftsländer der Aussteller und die durchschnittliche Standgröße – sagen sehr viel darüber aus, wie eine Messe wahrgenommen wird: als relevante Trendschau, die weit über die unmittelbare Region hinaus ihre Wirkung entfaltet und Pflöcke einschlägt bei der Entwicklung der Branche, oder eben als regionaler Event.

Bei der IPEX muss unmittelbar vor Beginn festgehalten werden: sie hat ihre Position als beinahe gleichrangiger Komplementär-Event zur Drupa völlig verloren.

Es ist schon ein rasanter Abstieg, den die einst so stolze Messe da hinnehmen musste: Rund 1.000 Unternehmen stellten vor vier Jahren im wenig weltläufigen Birmingham aus, sie kamen aus rund 40 Ländern. Jetzt sind es gerade mal etwas mehr als 300 Aussteller, der Großteil von ihnen wird aus Großbritannien kommen, ein erklecklicher Anteil auch aus China. Sie glauben nicht, dass Sie auf den Messeständen von Beinahe-Weltmarktführern wie ChangZhou Machinery Blade aus Changzhou, Bobrus Maszyny Poligraficzne aus Lodz oder FC Exports aus dem malerischen Letchworth etwas entdecken, das Ihnen echte Inspiration zur weiteren Entwicklung Ihres Geschäfts verschaffen könnte? Ja, das ist nicht ganz auszuschließen, leider.

Doch auch die wenigen Unternehmen, denen man üblicherweise attestiert, jenes Kielwasser aufzubereiten, in dem dann die Branche dahin gleitet, sind rar oder gar nicht in London dabei. Und sind sie dabei, dann werden sie gerade die IPEX nicht unbedingt als Basis für spektakuläre Produktlaunches nutzen. Dafür gibt es weitaus geeignetere Foren.

Wenn Sie sich dennoch für eine Reise ins teure London entschließen, halten Sie sich eher an das Rahmenprogramm der IPEX, denn das hat im Gegensatz zur Messe tatsächlich Klasse: Beim so genannten “World Printing Summit” werden Kaliber wie Barry Hilpert, Chef der britischen Polestar-Gruppe, Benny Landa, EFI-Chef Guy Gecht oder Johnny Fung, Chef der Leo Paper Group auftreten. Deren Vorträge dürften allemal inspirierender sein als der Gang durch die Messehallen. 

 

Martin Schwarz

Twitter Facebook del.icio.us digg.it
Dieser Artikel hat noch keine Kommentare. Verfassen Sie den Ersten!
→ Posten Sie JETZT Ihre Meinung zu diesem Thema!
Mehr aus Business vor 21 Stunden 200 Jobs bei der Frankfurter Allgemeinen in Gefahr 11.09.2014 13:47 Politico auch in Europa 10.09.2014 15:50 Viraler Dank an IKEA 10.09.2014 09:35 Garantiert enttäuschend 08.09.2014 07:57 Bitcoins auf Bewährung 05.09.2014 15:54 „Online muss teurer werden“ 03.09.2014 18:56 Lehrer können individualisierte Schulbücher bestellen