Business Blog
07.07.2014 12:18
Erwartungshaltung
Was können Druckereien von Web-to-Print wirklich erwarten? Ist es nicht schon zu spät, um einzusteigen? Die Antworten auf diese beiden Fragen: nur bedingt viel und: ja, wahrscheinlich. Und dennoch bleibt Druckunternehmen nichts anderes übrig, als sich mit dem Online-Geschäft zu beschäftigen.
Es nützt ja nichts: die Kundschaft erwartet, Aufträge auch online vergeben zu können. © Fotolia
Ein Schweizer Messer, ein Stückchen Klebeband oder auch ein Streichholz: Mehr brauchte MacGyver, der TV-Handwerkerheld der 80er Jahre, nicht, um schöne Frauen aus misslichen Situationen zu befreien, automobile Vollkaskofälle zu Boliden umzubauen oder mal eben den Planeten zu retten.
Den MacGyverismus, die scheinbar simple, immer anwendbare Antwort also auf eine komplexe Problemstellung, gibt es auch in der Druckbranche, und neuerdings lautet die oft schlicht: Onlinedruck.
Gewiss: So ein Online-Druckshop kann die Abläufe zwischen Kunden und Anbieter vereinfachen. Ja, so ein Projekt bringt Druckereien dazu, ihre Prozesse zu überdenken und zu straffen. Ja, Druckdienstleistungen in einem offenen Web-Shop anzubieten, kann in überschaubarem Ausmaß einen zusätzlichen Auftragsstrom erzeugen.
Aber auch: Nein, bei Standardprodukten besteht keine Chance, alleine gegen Flyeralarm, die Onlineprinters oder Vistaprint anzutreten. Andererseits und außerdem: Nein, mit Nischenprodukten wird es schwierig, etwa ein hocheffizientes Sammelformen-System auszulasten. Und: Nein, bei Google zu werben und derart mit dem eigenen Service bekannt zu werden, ist bei diesen Klickpreisen eben keine Option.
Alles andere als günstig wird also die kurzfristige ökonomische Perspektive für Neueinsteiger im Online-Druckmarkt aussehen. Noch ungünstiger ist aber wahrscheinlich nur, sich dem Thema zu verschließen und nicht vorsichtig einen passenden Zugang zu finden. Vielleicht bleibt nur ein sehr defensives Motiv übrig: Ihr künftiges Wachstum werden die großen Onlinedruckereien vor allem von jenen absaugen, die im Onlinedruck gänzlich unsichtbar bleiben.
Die universelle Funktion des Schweizer Messers wird der Einstieg in den Onlinedruck für die meisten Dienstleister eben nicht wahrnehmen können. Diese Erwartungshaltung wird Makulatur bleiben.
Martin Schwarz
(4c Printausgabe 5/2014)
Diskutieren Sie mit uns! Wie wichtig ist das Online-Geschäft für die Druckbranche? Der #4ctalk am 05. September von 13:00 bis 14:00 Uhr auf Twitter.
Lesen Sie in der Coverstory unserer Ausgabe 5/2014, wie die Übernahme von Pixartprinting durch den Goganten Vistaprint den Wettbewerb im Onlinedruck verschärft. Und mit welchen Strategien sich kleine Anbieter behaupten können.