Kochstudio

23.09.2015 13:28

Die große Ausblendung

Ein mittlerweile erklecklicher Anteil der Konsumenten verweigert sich Online-Werbung per Adblocker. Das Phänomen wird von Verlagen unterschätzt. Dabei wäre das Bannerblocken ein gutes Argument für Print.

Online-Werbeblocker: Die Verweigerung der Konsumenten wird massive Reichweitenverluste zur Folge haben. © Fotolia / 4c

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Adblocker sind mittlerweile auf vielen Rechnern installiert. Nach diversen Schätzungen hat jeder vierte User eine solche Software auf seinem Computer geladen. Während es in den USA nur 15 Prozent sind, gehören die Deutschen mit 25 Prozent zu den Weltmeistern des Online-Werbeverzichts.

Sie richten damit einen ungeheuren Schaden an. Laut Adobe und Page Fair wird der Umsatzverlust durch Menschen, die Online und Mobile – verständlicherweise – keine nervtötende Reklame wünschen, derzeit auf 21,8 Milliarden US-Dollar geschätzt. Die Summe soll schon im nächsten Jahr 40 Milliarden überschreiten. Diese Rechnung – das muss allerdings gesagt werden dürfen – setzt voraus, dass die Werbewirtschaft diese ungeheuren Milliarden tatsächlich und zusätzlich in digitale Medien zu pumpen bereit wäre. Aber lassen wir die Haarspalterei.

Eine Ohrfeige

Alle Welt schreibt derzeit über das Phänomen. Aber niemand beantwortet die Fragen: Was bedeutet das eigentlich? Für die Onlinewerbung? Für die Werber? Für die Zielgruppenansprache? Für die Zukunft? Für andere Medien? Dabei sind die Antworten relativ einfach.

Für Online bedeutet es zunächst einen signifikanten Reichweitenverlust. Es hindert Online weitgehend daran, via Bewegtbildwerbung die Reichweiteneinbrüche des Fernsehens auszugleichen.

Für die Werber bedeutet es eine Ohrfeige, wie es sie noch nie zuvor gab: Erstmals können Verbraucher entscheiden, ob sie Werbung wollen oder ob sie ausgeblendet wird. Ein Viertel entscheidet sich spontan dagegen. Sie durch bessere Werbung wieder einzufangen, wird schwer bis unmöglich.

Auch am Handy

Für die Zielgruppenansprache ist es ein Desaster. Denn es sind – wie nicht anders zu erwarten – die attraktivsten Zielgruppen, die der Werbung via Adblocker entsagen: Die Jungen, die Gebildeten, ausgerechnet die Digital Natives. Den technik- und onlineaffinen Websites in Deutschland wird ein Adblocker-Anteil von bis zu 80 Prozent nachgesagt. Das sind Fakten, über die natürlich niemand gern redet.

In naher Zukunft wird vor allem durch Mobile Adblocking ein deutliches Ansteigen des in der Branche ungeliebten Phänomens prognostiziert: Man erwartet eine Verdopplung der Werbeverweigerung auf mobilen Geräten innerhalb eines einzigen Jahres. Diese Zielgruppen können wir für die Onlinewerbung als verloren abschreiben.

Print wird wertvoller

Wären die herkömmlichen Medien schlau, würden sie daraus Kapital schlagen. Es ist gewiss nicht sonderlich nett, in den Wunden anderer herumzuwühlen, aber das Geschäft um die Werbeeuros kennt leider nur noch harte Bandagen. Die Printmedien müssen den Werbekunden und ihren Media- und Kreativagenturen unmissverständlich klarmachen, dass es die attraktivsten Zielgruppen – die Gebildeten, Kaufkraftstarken und die Meinungsbildner, ja selbst die Digital Natives – im Fernsehen nur mit der Lupe zu suchen gibt. Und dass Online offensichtlich für diese Zielgruppen eine immer weniger geeignete Lösung liefert.

Die Zielgruppen, die alle haben wollen, die gibt es in Printmedien. Und das in einer Auswahl und Selektionstiefe, von der selbst Online nur träumen kann. Punkt.

Thomas Koch

Thomas Koch, Mediaplaner, Agenturgründer, Ex-Starcom-CEO, Herausgeber von „Clap“ und Media-Persönlichkeit des Jahres, schreibt hier regelmäßig über die Zukunft von Print. Folgen Sie Thomas Koch auf Twitter: @ufomedia

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