3D Druck
08.08.2016 09:55
Kubos Lächeln
3D-Technologie aus Darmstadt sorgt dafür, dass der japanische Held im Animationsfilm eines Filmstudios aus dem US-amerikanischen Oregon auch eine realistische Mimik zeigt.
Die Helden der LAIKA-Studios aus dem 3D-Drucker. Der junge Mann mit der E-Gitarre ist übrigens Kubo, der talentierte Samurai. © Beigestellt
Kubo führt ein sehr beschauliches Leben, irgendwo in Japan, irgendwo am Meer. Er ist ein guter Erzähler, erfreut seine Umgebung mit fantastischen Geschichten. Bis zu jenem Tag, als ein übler Geist aus der Vergangenheit die Erde heimsucht, eine alte Blutfehde erneut entfesselt und Kubo selbst Teil einer fantastischen Geschichte wird, in der er gemeinsam mit seinen Kumpanen Monkey und Beetle seine Familie retten muss.
Kubo, der tapfere Samurai, ist ein Animationsfilm aus den LAIKA-Studios in Oregon und Kubo und all die anderen Fabelwese gibt es wirklich. Aus dem 3D-Drucker. Das amerikanische Filmstudio bedient sich der Fertigungstechnik, um Animationsfilme wie jenen über Kubo herzustellen. Dabei werden die Figuren für jede einzelne Filmsequenz neu platziert und fotografiert und tragen immer andere Gesichtsmasken zur Simulation der Mimik. Aus 28 Bildern entsteht eine Sekunde Film. Ein Lachvorgang mit hochgezogenen Mundwinkeln dauert in etwa so lange und beansprucht eine Vielzahl von Masken und Aufnahmen.
Für den derzeit in Arbeit befindlichen fünften Film aus der Kubo-Serie wollen die US-Amerikaner ihre Farbgebung weiterentwickeln. Deshalb taten sie sich mit dem deutschen Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD und dem 3D-Druckerhersteller Stratasys zusammen, um die Farbnuancen im 3D-Druck zu optimieren. Erste Tests sind vielversprechend, sagt Brian McLean, Oscar-Gewinner Direktor der 3D-Prototyping-Abteilung von LAIKA: „Eine derartige Farb- und Geometriegenauigkeit haben wir bisher bei einem 3D-Kunststoffausdruck noch nie gesehen.“
Tausende 3D-Gesichtsmasken
Zur Herstellung der Puppen und ihrer Gesichtsausdrücke gestaltet und animiert LAIKA die Gesichter zunächst im Computer. Danach werden mit 3D-Farbdruckern zehntausende leicht unterschiedlicher Gesichtsausdrücke gefertigt und in den Szenen den Puppen jeweils passend angelegt. LAIKA setzte dieses Verfahren weltweit erstmalig 2009 bei ihrem Film Coraline ein.
Cuttlefish schwimmt voraus
Die Kombination aus LAIKA-Filmtechnik, 3D-Kunststofffarbdrucker und dem 3D-Farbdruckertreiber Cuttlefish des Fraunhofer-Instituts soll akkurate und von Gesichtsausdruck zu Gesichtsausdruck konsistente Farben verwirklichen. „Cuttlefish ist ein universeller 3D-Farbdruckertreiber, mit dem man wirklich realistische 3D-Farbdrucke anfertigen kann“, beschreibt Fraunhofer-Forscher Philipp Urban die Tugenden der Software. Cuttelfish kann einfach zu gängigen 3D-Drucktechnologien hinzugefügt werden und unterstützt speziell hochauflösende Multi-Material-Drucker, auch bei der Produktion großer und multipler Objekte. Das Endergebnis kann Cuttlefish auf dem Monitor darstellen, bevor ein kosten- und zeitintensiver 3D-Druck angestoßen wird. Die hohe Qualität bei der Reproduktion von Farben und Texturen begründet Urban so: „Unsere Drucker-Software ermöglicht es, mit vielen Druckmaterialien gleichzeitig zu arbeiten, die Geometrie, die Farben sowie die feinen Farbübergänge des Originals exakt wiederzugeben und den Ausdruck auf dem Bildschirm vorab zu simulieren.“
Hollywood ist erst der Anfang
Beim Fraunhofer-Institut in Darmstadt sieht man den Technologieeinsatz von 3D-Farbdruck im Film als Entwicklungstreiber. Hatte der 3D-Druck bisher vor allem die originalgetreue Wiedergabe von Formen im Blick, richtet sich der jetzt verstärkt auf die perfekte Farbgebung. In Bereichen wie Ausleuchtung und Schattenwurf gibt es großes Forschungs- und Verbesserungspotenzial. Philipp Urban beschreibt es so: „Die nächste Herausforderung sind Transluzenzen, also partielle Lichtdurchlässigkeit und Lichtstreuung eines Körpers. Dadurch verändern manche Objekte je nach Lichteinfall ihre Farbe oder zeigen Strukturen unter ihrer Oberfläche. Dies nachzubilden und in 3D-Drucken möglich zu machen, ist unser nächstes Ziel.“ Für die Zukunft sieht Urban umfassendes Forschungspotenzial, um den 3D-Druck für noch mehr Anwendungsgebiete interessant zu machen: „Automobil-, Schuh- und Filmindustrie haben großen Bedarf an möglichst exakten Anschauungsprototypen. Grundsätzlich kann der 3D-Farbdruck überall dort seine Stärken entfalten, wo individualisierte Einzelstücke benötigt werden. Das sind unter anderem die plastische Chirurgie, der Zahnersatz und Ersatzteile, die sich in ein visuelles Umfeld einfügen müssen.“ Wenn Samurai Kubo also im nächsten Film täuschend echt lächelt, weint oder besorgt dreinschaut, dann hat das mit Darmstädter Technologie zu tun.
Ingo Woelk
(4c Printausgabe 4/2016)
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