3D Druck
15.09.2017 13:53
Funktioniert einfach
Ein Berliner Startup möchte mit seinen 3D-Druckern die kostengünstige Produktion von Ersatzteilen für die Industrie ermöglichen. Einer der größten Stahlhandelskonzerne der Welt teilt die Vision offenbar und hat sich vor kurzem bei den Berlinern eingekauft.
Der Big Rep One: Der 3D-Drucker soll die Ersatzteilproduktion in der Industrie vereinfachen. © Beigestellt / BigRep
Der größte 3D-Drucker der Welt. Dieser eingängige Superlativ wird den Systemen des Berliner 3D-Drucker-Anbieters BigRep zuweilen umgehängt. Doch erstens stimmt es nicht ganz und zweitens ist es nicht unbedingt die pure Größe ihrer Geräte, die den Berlinern als marktöffnendes Argument dient.
Der größte 3D-Drucker der Welt wird tatsächlich woanders hergestellt: die Objekte, die der MassivIT 1800 aus Israel fertigen kann, können eine Größe von 1.800 x 1.500 x 1.200 Millimeter erreichen. Der BigRep One aus Berlin dagegen schafft nur Produkte mit Maßen bis zu 1.005 x 1.005 x 1.005 Millimeter. Doch während die Israelis mit einem eigens entwickelten Gel drucken lassen, werden die Objekte im BigRep One im Schmelzschichtverfahren hergestellt. Und: der Berliner Drucker ist mit einem Anschaffungspreis von 50.000 Euro deutlich günstiger als das Fabrikat aus Israel. Das und die Möglichkeit für den Druckerbetreiber, auch jedes handelsübliche PLA-Filament verwenden zu können, sollen die Entscheidung für die Berliner Drucksysteme erleichtern. Denn BigRep möchte eines: 3D-Druck möglichst tief in die Produktionsprozesse der Industrie integrieren, Ersatzteilproduktion per 3D-Druck wirtschaftlicher machen oder auch Rapid Prototyping per dreidimensionalem Druck fördern. Da wirken hohe Anschaffungskosten und proprietäre Finessen eher hemmend. „Wir sind sehr stark mit Unternehmen im Austausch und erkunden wie 3D-Druck in deren Produktionsprozessen einfließen kann“, sagt BigRep-Sprecher Maik Dobberack.
Recyclierbar
Freilich entwickeln die Berliner auch ihr eigenes Filament – das aber nicht verwendet werden muss: Pro HT, so der Markenname, hat den Anspruch, robust, sehr fließfähig und vor allem nachhaltig zu sein. Als nicht-ölbasiertes Biopolymer Filament besteht das Filament aus Mais und Eiweiß und ist somit recyclierbar. Die Materialeigenschaften sollen die Herstellungszeiten im 3D-Druck deutlich reduzieren und die Additive Fertigung für Unternehmen dadurch zeit- und kostensparender gestalten. Allerdings ist man bei der Entwicklung offenbar noch nicht so weit, wie man sein sollte, um möglichst viele Industriezweige versorgen zu können: das Filament verträgt etwa nur Temperaturen bis zu 115 Grad und ist daher in der Luftfahrt nur bedingt einsetzbar. „Die Materialentwicklung ist ein sehr großes Thema“, sagt Maik Dobberack. „Wir sind im regen Austausch mit den unterschiedlichsten Industriezweigen, um deren Anforderungen zu erarbeiten“, so Doberack.
Investment eines Stahlriesen
Die Idee der Berliner findet man auch im fernen Duisburg offenbar verlockend: Seit April ist der Stahlhandelsriese Klöckner – Jahresumsatz 5,7 Milliarden Euro – an BigRep beteiligt. Klöckner beabsichtigt, die Drucker von BigRep in den eigenen Niederlassungen in Europa und den USA einzusetzen. Die Investition könnte sich auszahlen: Bis 2020 wird in dem Marktsegment der industriellen 3D-Drucker eine jährliche Wachstumsrate von rund 20 Prozent prognostiziert. Seit der Gründung im Jahr 2014 jedenfalls hat BigRep rund 130 Drucker verkauft. In diesem Jahr soll der Umsatz von BigRep schon bei fünf Millionen Euro liegen.
Sushi-Modell
Wenn funktioniert, woran BigRep zusammen mit einem niederländischen Partner arbeitet, wird Klöckner bald noch mehr Freude mit dem Investment haben: „BigRep Sushi“, so der Name einer neuen Technologie von BigRep, soll den 3D-Druck weiter automatisieren. Das Prinzip kennt der Liebhaber asiatischer Restaurants vom Sushi-Fließband: Auf einem Endlosband stehen mehrere höhenverstellbare Druckbetten. Die durchlaufen dann Stationen wie Druckköpfe zum schichtweisen Aufbau, Laserscanner zur CAD-Vermessung und Bauteilvermessung sowie andere Produktionsprozesse wie eine Laserpolitur. Ziel ist es, verschiedene Objekte in einem Produktionskreislauf zur erstellen und nachzubearbeiten. Fertige Teile werden via Roboterarm automatisch ausgeschleust und Druckbetten für neue Aufträge dem System zugeführt.
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Kein 3D-IKEA
So wie das Prädikat vom größten 3D-Drucker der Welt nicht stimmt, war es auch ein Missverständnis, das BigRep schon 2014 in den USA berühmt gemacht hatte. Um auf einer Messe Exponate der eigenen Produkte zeigen zu können, produzierte BigRep einen antiken Tisch aus Kunststoff. Die US-amerikanische 3D-Druck-Community war begeistert und diskutierte eifrig über diese Deutschen, die da scheinbar angetreten waren, IKEA per 3D-Druck Konkurrenz zu machen. Aber Möbelproduktion, das zeigt die Entwicklung von BigRep seither, ist nicht das, worauf sich die Berliner eingerichtet haben.
Ingo Woelk
(4c Printausgabe 5/2017)