Inkjet

27.03.2011 10:51

Alles nach Baustellen-Plan

Nicht der Kunde kommt zur Druckerei, sondern die Druckerei zum Kunden. Zumindest auf der Baustelle des Wiener Hauptbahnhofs. Hier hat die Digitaldruckerei Pavlu eine eigene Filiale für den Druck von Bauplänen errichtet.

Die Copybox am Wiener Hauptbahnhof und Filialleiter Roland Klein: “Ich bin schneller als der Bäcker mit den Semmeln” © Neubauer

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Viktor Pavlu hat es gern, wenn alles nach Plan läuft. Zum Beispiel wenn er mit dem silbernen Mercedes nicht durch den Schlamm fahren muss. In den letzten Monaten war das leider oft der Fall. Denn eine seiner Filialen ist mitten im Areal des neuen Hauptbahnhofes, der größten Baustelle in der Geschichte Österreichs. Und da wird gehämmert, betoniert, gewalzt und gebaut. Schließlich wird nicht nur ein Bahnhof aus dem Boden gestampft, sondern auch ein neuer Stadtteil mit Wohnungen, Gewerbe, einem Schulcamp und einem Park. Weil das Areal über 100 Hektar misst – das entspricht der Größe des achten Wiener Gemeindebezirks – muss Pavlu innerhalb der Baustelle ein ganz schönes Stück zu seinem Geschäft fahren. Zur ersten mobile Copybox Österreichs. Ein von ihm, das heißt von der Digitaldruckerei Pavlu installierter mobiler Container mit technischem Equipment, das man für die Produktion von Bauplänen braucht. Im Stundentakt werden hier die neuesten Baupläne gedruckt, geändert und geplottet. Das ist schon etwas Besonderes. Im Normalfall nämlich werden die Baupläne per Mail verschickt, geplottet und mit dem Botenservice weiterversandt. Das kann schon mal ein bis zwei Tage dauern. In der Copybox schauen die Kunden persönlich vorbei, werden sofort bedient – und gehen mit einem fertigen Plan raus.

Schneller als der Bäcker

Die Copybox ist wie ein kleines Geschäft – auch wenn es nur ein Baucontainer ist. „Plotten, Scannen, Kopieren“, steht in fetten Lettern an der Außenhülle. Am Boden liegt ein roter Teppich, an der Wand hängen Fotos, es gibt eine Kassa, nebenan die „Kantine Rosi“ und natürlich einen Filialleiter für die Copybox: Er heißt Roland Klein, hat einen kräftigen Händedruck und stets einen Schmäh auf den Lippen. „Ich bin schneller als der Bäcker mit den Semmeln. In der Früh stehen schon die Leute an“, sagt er. Kleins Chef Pavlu ist ziemlich zufrieden mit seinem Mitarbeiter – nicht nur, weil der ihm erspart, allzu oft seinen Mercedes durch die Schlammpisten der Baustelle navigieren zu müssen: „Mit ihm hat die Copybox ein Gesicht und das bewirkt eine bessere Kundenbindung“, weiß sein Chef Pavlu. „Vieles läuft einfacher und direkter. Das spricht sich herum.“ Nach der Bestellung umzingeln die Kunden den Großformatdrucker Océ Color Wave 600 und schauen zu, wie die Pläne aus dem Drucker flutschen. Fasziniert, wie kleine Kinder. Der geleaste Drucker ist nämlich ein Hochleistungsgerät: „In den zwei Stunden, die ich hier bin, hat er bereits 120 Laufmeter ausgespuckt“, rechnet Klein vor. In den Océ-Spezifikationen steht: Gerade einmal 31 Sekunden braucht der Drucker, um ein A0-Blatt auszudrucken,

Papier vor Computer

Klein mit seinem Océ normales Papier drucken. Und zwar nicht mit einem flüssigen System, sondern mit patentierten Farbkugeln, die erhitzt auf das Papier aufgebracht und gleich wieder abgekühlt werden. Das Toner Pearl –System, wie die Océ-Marketingexperten das System genannt haben, hat den Vorteil, dass es lichtecht und wetterfest ist. Übersetzt in den Baustellenalltag bedeutet das: „Es kann schnell mal etwas auf den Plan tropfen – und wenn er dann verschmiert, ist das ganz schlecht. Dieses Verschmieren kann aber mit dem System nicht passieren“. Außerdem verhindert der UV-Schutz ein Vergilben der Pläne. „Selbst Fotos kann ich hier ausdrucken, die Qualität ist sensationell“, schwärmt Klein. Und tatsächlich: An der Wand hängt ein Bild der Schallaburg – und ein meterlanges gestochen scharfes Foto von der Baustelle, das Klein am Aussichtsturm des Bahnhofes geschossen hat.

Der Planbeauftragte

Der eigentliche Vorteil der Copybox ist aber natürlich die Schnelligkeit. Kritzelt zum Beispiel der Architekt mit der Hand auf der Baustelle den Plan voll, kann ihn Klein sofort einscannen und kopieren, schneiden und falten. „Während eines Baus werden ständig Veränderungen und Ergänzungen gemacht, was regelmäßig zu enormen Verzögerungen führt – weil der Neudruck der Baupläne so lang braucht. Hier ist das nicht der Fall“, sagt Copybox-Chef Pavlu. Darüber hinaus werden fehlerhafte Absprachen verhindert, weil der Auftraggeber bei dem Druck vor Ort ist, die Anfertigung besichtigen kann und bei Rückfragen zur Verfügung steht. Die zuständige Arge Haupbahnhof Bauplatz 01 hat dafür sogar einen Planbeauftragten installiert. Dieser arbeitet mit Roland Klein vor Ort zusammen und betreut die Anfertigung, Freigabe und Verteilung der Plots. Somit ist dieser Mann die Schnittstelle zwischen Bauprojekt und Copyboy. Und das zahlt sich durchaus aus, denn auf der Baustelle sind tagsüber 600 Mitarbeiter vor Ort und selbst in der Nacht werken 50 Zimmermänner, Maschinisten, Eisenbieger, Techniker und Bauleiter. Doch auch wenn noch so viele Leute da sind, keiner kriegt wohl so viel mit wie Herr Klein. „Ich lebe da richtig mit“, sagt er. „Momentan ist gerade der Übergang vom Tiefbau zum Hochbau. Jetzt wird’s richtig spannend“, sagt er. 

Anna Neubauer

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