Business Blog
18.07.2011 16:08
Motivforschung
Mit dem Slogan „Wir sparen Papier, Sie sparen Geld“ auf seinen Sujets verabschiedet sich der deutsche Elektroriese Mediamarkt aus der Printwerbung. Vermutlich hat niemand aus der Druckindustrie sich auf die Suche nach den Motiven für diese Entscheidung gemacht. Von Martin Schwarz
Ausgedruckt: Die Prospekte von Mediamarkt wandern ins Web. © Beigestellt
Im Zentralorgan zur Weckung nicht ausschließlich edler Instinkte, der deutschen „Bild“-Zeitung, erschien vor wenigen Wochen ein ganzseitiges Inserat des Geiz-ist-geil-ich-bin-doch-nicht-blöd-Mann-Elektrohändlers Mediamarkt. Mit dem Slogan „Wir sparen Papier, Sie sparen Geld“ wies der deutsche Elektroriese darauf hin, dass der nächste Prospekt nicht mehr als gedruckte Beilage erscheinen, sondern nur noch online verfügbar wäre. Angeblich mit großem Erfolg.
Das Inserat läutet den Abschied der Media Saturn-Gruppe aus der Printwerbung ein und der wird für Verlage und damit auch Druckereien tränenreich. Noch 2010 hatte die Händlergruppe mehr als die Hälfte des rund 500 Millionen schweren Werbebudgets in Printwerbung gesteckt. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2011 wurde dieser Posten um ein Drittel gekürzt. Mehr Kürzungen werden folgen.
Die Entscheidung von Mediamarkt sollte für die Printbranche Anlass sein, zu ergründen, warum Werbebudgets insgesamt vielleicht nicht schrumpfen, aber sich deren Gewichtung verschiebt. Dazu aber reicht die ewig gleiche und ewig wirkungslose Argumentation vom angeblichen Asset Haptik und anderen vermeintlichen Tugenden von Print nicht mehr aus. Die hält nämlich niemanden auf, der andere Medienkanäle bespielen will. Vielmehr sollten die tatsächlichen Motive für den Wechsel in andere Medienkanäle für alle in der immer dürftigeren ökonomischen Nahrungskette der Printbranche sichtbar werden: Druckereien und Zulieferer müssen beteiligt werden an den Erkenntnissen dieser Motivforschung und sie müssen sich selbst daran beteiligen.
Sonst wird noch so lange am Endkunden vorbei argumentiert, bis auch die letzte Beilage ins Web abwandert. Denn die bloße Selbstbeschau der Branche und die fast schon rituellen Beschwörungsformeln über die angebliche Kraft von Gedrucktem werden niemanden aufhalten, der nicht weiß, was er von Print hat, aber zu wissen glaubt, vom Web mehr zu haben.