Business Blog
08.08.2011 13:15
Less Power for Print
Eine europaweite Kampagne soll die Aufmerksamkeit für Gedrucktes erhöhen. Sehr löblich. Klappen würde der Plan auch, wenn auch die Kampagne selbst mal Aufmerksamkeit erregen würde.
Offenbar kein sehr starker Anreiz: die Printpower-Kampagne. © Beigestellt
In den Händen von Werbern wird Wahrheit ja manchmal zur Knetmasse. Formbar, je nach Gusto, Laune und Anlass. Eine dieser – schon leicht angestaubten – Wahrheiten, von Werbern gerne mal ins Treffen geführt, lautet: „Wer nicht wirbt, der stirbt.“ Das gilt natürlich nicht immer und nicht in jedem Fall.
Die europaweite “Printpower”-Kampagne müht sich nun schon seit einiger Zeit ab, den Europäern die Lockungen des Gedruckten, seine Einzigartigkeit und Wirksamkeit, näher zu bringen. Großflächig erscheinen Sujets, in denen die namenlose Macht des Gedruckten golumhaft zu den Lesern spricht. “Ich bin ein sehr starker Anreiz zum Handeln” heißt es da zum Beispiel. Und im Kleingedruckten steht: Ein Euro, der in eine Direct Mailing-Kampagne investiert wird, kommt 14 fach zurück. Mehr Informationen zur ökonomischen Gesalbtheit von Print, darauf weisen die Lehensherren der gedruckten Macht hin, würde es in einer per Web bestellbaren Broschüre sowie natürlich auf den Printpower-Websites geben.
Ob die Sujets auch von einer breiteren Öffentlichkeit bemerkt werden oder sie nur jene zu Gesicht bekommen, die ohnehin schon das Gedruckte als Geschäftsgrundlage haben, um sich autosuggestiv selbst den Rücken stärken; ob die Sujets von Printbuyern überhaupt wahrgenommen werden können, entzieht sich an der Stelle unserer Kenntnis.
Dagegen bleibt zu hoffen, dass zumindest der crossmediale Teil der Kampagne, also die Websites, die Facebook-Gruppe, der Tweet, keinerlei kausalen Zusammenhang zur tatsächlichen Anziehungskraft von Gedrucktem auf diesem Kontinent hat.
Denn in dem Fall würde es bitter aussehen für das Gedruckte, dann gebe es keine Printpower. Ein Blick in die Statistik belegt das: laut dem Seitenranking-Portal Alexa.com hat die zentrale Website www.printpower.eu derzeit einen Seitenrang von 2,557.532. Zumindest nach der Alexa-Zählmethode werden also 2,557.531 Seiten im Weltnetz häufiger besucht als jene von Printpower. Für eine immerhin europaweite Kampagne ist der Wert schlicht niederschmetternd. Der österreichische Ableger printpower.at kommt gar nur auf einen Seitenrang von 9,039.298.
Man muss diese Rangelei um die Ränge gar nicht überbewerten. Um die Community-Bildung ist es in der Printpower-Kampagne eigentlich noch schlechter bestellt und das sollte nun wirklich alarmieren. Gerade mal 88 Follower hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Blogs der europäische Tweet von Printpower.
Und würde Marc Zuckerberg sein Facebook-Netzwerk auf Initiativen wie Printpower aufgebaut haben, wäre wohl nie ein Film über ihn gedreht worden: nur 16 Personen gefällt der Facebook-Auftritt der Printpower-Kampagne momentan.
Vielleicht erwarten sich die User ja gar keine Diskussionen über den Wert des Gedruckten, vielleicht – und das wäre vernichtend – gibt es auch gar nichts zu sagen. Als Katalysator für einen Diskurs rund um das Thema scheint die Printpower-Kampagne trotz allen Aufwandes jedenfalls nicht zu funktionieren. Vielleicht fühlen sich ja diejenigen, die die Auftragsbücher der Druckereien füllen sollen, ja auch nicht eingebunden in die Kampagne.
Den einen Schluss, den diese Zahlen zulassen, wollen wir nicht zulassen: dass Print so uninteressant ist, dass es in sozialen Netzwerken und im Web nicht einmal ignoriert wird. Die andere Schlussfolgerung dagegen wollen wir schon zulassen: dass nicht stirbt, wer nicht wirbt, sondern wie man wirbt, entscheidet, ob man stirbt. Und diese Wahrheit ist nicht wie Knetmasse.
Der notleidende Online-Auftritt der Kampagne kann nun Ihre Unterstützung gut brauchen: klicken Sie jetzt auf http://www.printpower.at. Möglichst oft. Bitte.