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Weiterverarbeitung

20.12.2017 14:21

Neuland für Neustadt

Die Onlineprinters im bayerischen Neustadt an der Aisch haben nun auch ihre Weiterverarbeitung zertifizieren lassen. Der Schritt ist für eine Onlinedruckerei technisch nicht besonders mutig. Und trotzdem sind die Bayern fast die einzigen, die ihn gegangen sind.

Warum ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, die Weiterverarbeitung zu zertifizieren? Dort, wo in einem Drucksaal die Station mit Sammelheftern und Schneidemaschinen und Falzmaschinen beginnt, endet meist das Wirkungsgebiet von Zertifizierern. Seltsam, eigentlich. Denn auch vom Heften oder Stanzen sollte der Kunde doch industrielle Standards erwarten können. Der PSO ist schon so lange in die Drucksäle eingezogen, dass er längst zum allgemeinen Standard geworden ist. „Ein unzufriedener Kunde findet mit wenigen Mausklicks einen unserer Mitbewerber. Für uns hört die Einhaltung von Qualitätsstandards deshalb nicht beim Druckbogen auf, denn für das bestellte Druckprodukt ist der gesamte Fertigungsprozess wichtig. Mit dem noch so ordentlich geprüften Bogen passiert immerhin noch einiges wie der Zuschnitt, die Falzung und Heftung und so weiter“, erklärt Jürgen Winkler, für die Produktion bei den Onlineprinters im bayerischen Neustadt an der Aisch zuständig. Es war wohl dieser Wettbewerbsdruck, der die Onlineprinters nun als erste Druckererei in Deutschland und eine der ersten in Europa zu einer Zertifizierung der Weiterverarbeitung motiviert hat.

„Das ist gerade für den B2B-Bereich besonders wichtig. Wenn sie zum Beispiel unseren Service des White Label Versands nutzen, nehmen Fachleute aus Grafikagenturen und Druckereien für eigene Kunden die Bestellung bei uns vor. Onlineprinters schickt dann das Produkt direkt an deren Kunden, mit der Absenderadresse der Agentur oder des Wiederverkäufers. Sie stehen letztendlich für das georderte Produkt ein, das sie selbst nie in Händen halten. Dafür müssen sie sich auf das Qualitätsbewusstsein von Onlineprinters verlassen können“, so Winkler.

Neue Standards

Der Onlinedrucker hat das Finishing jetzt von der Ugra nach PSO zertifizieren lassen. Die Ugra hat für die Zertifizierung der Weiterverarbeitung also auf den bewährten Kriterien der Druckzertifizierung aufgebaut. Grundlage des Zertifizierungsprogramms ist die schweizerische Viscom-Richtlinie „Technische Anforderungen und Toleranzwerte für die Printmedienverarbeitung“.

„Für die grafische Industrie ist es mit Sicherheit spannend, wenn auch für die Weiterverarbeitung einheitliche Qualitätsstandards etabliert werden“, fügt Jürgen Winkler hinzu. „Die PSO-Zertifizierung für die Weiterverarbeitung setzt genau da an, wo die Prüfung des Drucks aufhört und ermöglicht damit eine ganzheitliche Betrachtung der Produktqualität. Mit der PSO-Zertifizierung können wir nun die Einhaltung von Qualitätsstandards für alle Produktionsschritte noch einmal offiziell bestätigen.“

Gut kalkuliertes Risiko

Besonders mutig ist eine solche Zertifizierung aber gerade für Online-Druckereien nicht: Die Regularien der PSO-Zertifzierung zu erfüllen, ist kaum eine technische Herausforderung, weil ja gerade Onlinedruckereien davon leben, auf einem industriellen Niveau und mit hocheffizienten Workflows zu produzieren. Sie setzen sich die hohen Standards selbst, an denen sie sich orientieren und die natürlich auch die Qualitätssicherung von Druck und Finishing betreffen. Täglich treffen bei in Neustadt an der Aisch mehr als 7.500 Aufträge täglich ein, der digitale Katalog umfasst aktuell etwa 1.500 Produkte in über zehn Millionen Varianten. “Seit jeher haben wir deshalb für alle Produktionsschritte hausinterne Standards aufgesetzt, um die Qualität unserer Druckerzeugnisse sicherzustellen. Ohne diese würde das Geschäftsmodell gar nicht funktionieren“, so Produktionschef Winkler. „Der externe Blick durch die Ugra hat uns aber auch auf weitere Verbesserungspotentiale aufmerksam gemacht, sodass wir nun zum Beispiel bebilderte Kartensysteme für die Wartung an jeder Maschine angebracht haben, in denen erklärt wird, was wann wie zu tun ist, wenn Abweichungen auftreten. Das macht die Arbeit für Mitarbeiter leichter und steigert die Prozessstabilität.“ 

Das Geschäftsmodell braucht Qualität

Die Prüfer folgen dem Produkt entlang seinem Entstehungsweg im Unternehmen. Für die Druck-Zertifizierung wird beim Dateneingang angefangen und dann mit der Datenverarbeitung, dem Proofdruck, der Plattenkopie und dem letztendlichen Druckbogen die Erfüllung der Kriterien überprüft. Dabei ist sowohl von Bedeutung, ob die Software funktioniert, als auch, ob der geschulte Blick der Mitarbeiter Fehler erkennt. Für die Weiterverarbeitung funktioniert der Prozess ähnlich. Der fertige Druckbogen kommt zur Schneidemaschine, dann zum Falzen, Heften und auch zur Versandstation; hier wird zum Beispiel geschaut, ob auch die Verpackung so bemessen und gestaltet ist, dass das Druckprodukt beim Transport keinerlei Qualitätsmängel erfährt.

Trotzdem ist Onlineprinters das erste Druckunternehmen, der das Finishing von der Ugra hat zertifizieren lassen. Warum ist das so? „Es herrscht häufig noch immer die Meinung vor, Onlinedruck bringe schlechte Qualität hervor. Aber ohne Qualität würde das Geschäftsmodell nicht funktionieren“, kommentiert Jürgen Winkler. Auch wenn es Teile der traditionellen Konkurrenz nicht wahrhaben wollen: Der Onlinedruck ist einfach ein Skalengeschäft. Durch die hohe Anzahl an Druckaufträgen können die Druckereien so effizient produzieren, dass sie sowohl hohe Qualität als auch günstige Preise anbieten können. Es ist ganz einfach, so Winkler: „Auf unseren 70 x 100 cm Sammeldruckbogen treffen sich Aufträge aus 30 Ländern Europas. Bei dieser Masse an Aufträgen müssen wir hohe Standards anlegen, da bei Fehlern auf einen Schlag sehr viele Kunden betroffen sind. Wenn wir nicht liefern, könnten sie sich schnell woanders umschauen”.

Anja Schlimbach

(4c Printausgabe 6/2017)

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