Je suis Charlie

18.01.2015 10:56

„Es geschah alles sehr schnell“

Mit dem Logo „Je suis Charlie“ hat der französische Grafikdesigner Joachim Roncin dem Schrecken über den Anschlag auf das satirische Wochenmagazin „Charlie Hebdo“ ein visuelles Ventil geschaffen. Heute ist Roncin verwundert über das, was er mit „Je suis Charlie“ losgetreten hat.

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Einer der populärsten Hashtags auf Twitter und ein Logo, hinter das sich Millionen Menschen stellen, um sich mit Charlie Hebdo zu solidarisieren. © Beigestellt

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Es waren drei kleine Worte, die nach den Anschlägen in Frankreich um die Welt gingen: „Je suis Charlie“ (Ich bin Charlie). Nun will der Grafikdesigner Joachim Roncin, der das Logo auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter prägte, seinen kleinen Satz rechtlich schützen lassen, wie er der Nachrichtenagentur AFP in Paris sagte. Er wolle damit die kommerzielle Ausbeutung des Slogans verhindern.

Die weißen und grauen Buchstaben auf schwarzem Grund wurden zum Symbol der Unterstützung für die Satirezeitung „Charlie Hebdo“, die islamistische Attentäter angegriffen und dabei zwölf Menschen erschossen hatten. Nun versuchen Geschäftemacher weltweit, den Slogan für die Meinungs- und Pressefreiheit für ihre Zwecke zu nutzen. Das Logo wird auf alles gedruckt, von T-Shirts, Kaffeetassen und Aufklebern bis Anhängern. 

Der 39-jährige Roncin ist entsetzt, was mit seinem Satz passiert und wie viele Leute „daraus Geld schlagen wollen“. Vor allem werde dadurch der Sinn das Slogans völlig entwertet. „Derzeit arbeite ich mit Juristen daran, um möglichst sicherzustellen, dass Objekte mit dem Slogan nur dem Zweck der Förderung der Meinungsfreiheit dienen.“

Nach Angaben seiner Anwältin Myriam Sebban will Roncin möglichst auf sein Urheberrecht pochen. Das französische Patentamt hatte am Mittwoch mitgeteilt, dass es die zahlreichen Anträge, den Slogan #JeSuisCharlie als Marke einzutragen, nicht annehme.

Roncin, der vor den Anschlägen 400 Follower auf Twitter hatte, schuf einen der populärsten Hashtags aller Zeiten. Zusammen mit seinen Kollegen vom Mode-Gratis-Magazin „Stylist“ saß er in einer Redaktionskonferenz, als am Mittwoch vergangener Woche zwei Islamisten in die Redaktionskonferenz von „Charlie Hebdo“ stürmten und mit Kalaschnikows unter „Allahu Akbar“-Rufen um sich schossen. Ein Kollege von Roncin sah die Meldung von dem Anschlag auf Twitter, und der Grafikdesigner entwarf „geschockt“ das Logo.

Roncin weiß nicht mehr genau, wie er auf die Idee zu dem Logo kam, er meint aber, es sei eine Mischung aus Geschichte und Pop-Kultur. Von dem berühmten Kennedy-Satz „Ich bin ein Berliner“ im Jahr 1963 bis zu „Wir sind alle Amerikaner“ nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA ließ er sich inspirieren. Auch der Satz „I am Michael Brown“ in der Stadt Ferguson in den USA, wo ein unbewaffneter junger Schwarzer von der Polizei erschossen wurde, spielte eine Rolle.

Danach ging der Slogan um die Welt. „Es geschah alles sehr schnell. Es ist alles sehr verworren, es war eine Kette von Ereignissen, es war weltweit“, sagt Roncin und wirkt überrollt von den Geschehnissen. „Ich habe nur ein Bild entworfen, einen Slogan. Die sozialen Netzwerke haben diese Bewegung zu etwas gemacht, das krankhafte Ausmaße angenommen hat.“ Er gibt aber zu, dass er einen „Wow“-Moment erlebt habe, als bei dem großen Gedenkmarsch in Paris von rund 1,5 Millionen Menschen für die Anschlagsopfer überall der Slogan zu sehen gewesen sei.

Auf der anderen Seite gibt es die, die seinen Slogan abändern, verhunzen oder gar missbrauchen. So tauchte ein Hashtag #JeSuisNico im Internet auf, wo Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy durch den Kakao gezogen wurde, weil er beim Gedenkmarsch plötzlich in der ersten Reihe aufgetaucht war. Oder eine Fotomontage des französischen Schauspielers Gérard Depardieu, der für seinen ausschweifenden Wein-Konsum bekannt ist, und der mit einem Schild #JeSuisChablis gezeigt wurde.

Aber auch Twitter-Botschaften mit #JeSuisPasCharlie (Ich bin nicht Charlie) oder gar #JeSuisKouachi als Unterstützung für zwei der Attentäter gab es. Roncin ist entsetzt: „Ich glaube, diese Leute verstehen die ursprüngliche Botschaft nicht. Eine säkulare Botschaft der Hoffnung und voilà, eine Botschaft für Frieden.“

Fran Blandy, AFP

(APA/AFP)

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