3D Technologie

12.04.2017 12:09

Große Geste

Ein Forscherteam der Universität Linz arbeitet an einer völlig neuartigen Kamera, die 3D-Daten generieren kann. Mit herkömmlichen Kameras hat die Linzer Erfindung wenig gemein: Sie ist so dünn wie eine Folie.

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Kluge Folie: Aus 256 Ansichten des Objektes werden Bilder, Tiefe und Geometrie eines Objektes – hier eine Büste – berechnet. © Beigestellt

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Kameras sind heute überall: bereit für Selfievideos in jedem Erdwinkel oder im All, zur Überwachung des Straßenverkehrs und natürlich in der Industrieproduktion. Den lokal völlig flexiblen Einsatz von Kameras verhindern zuweilen ihre robuste bis plumpe Hardware sowie ihr begrenzter Aufnahmewinkel. Vielleicht wird an der Johannes Kepler Universität in Linz gerade dieses Problem gelöst. Denn hier arbeitet Oliver Bimber an einer Kamera, die foliendünn ist. Dabei soll Bimbers Folienkamera nicht unbedingt herkömmliche Kameras ersetzen. Sie könnte vielmehr als neue Art von Benutzerinterface dienen und die Funktion von Touchpads und Bildschirmen um die Erkennung dreidimensionaler Handbewegungen erweitern – eine Idee, die etwa auch die Steuerung von Druckmaschinen, deren Leitstände heute schon mit Touchscreens ausgerüstet sind, für den Bediener vereinfachen könnte.

Ohne Linse, aber mit Tiefenwirkung

Produktvision ist die linsenlose, transparente und flexible Folienkamera, die nicht dicker als einen Millimeter sein soll. Konkret vorgestellt wurde jetzt am Linzer Institut für Computergrafik erstmals ein Sensor, der aus einer 0,3 Millimeter dünnen und transparenten Kunststoff-Folie besteht. „Diese kann eine beliebige Form und Größe annehmen. Damit soll eine bessere Einbettung in unseren Alltag möglich werden“, erklärt Oliver Bimber.

Dieser Foliendetektor erfasst 3D-Daten von Objekten, die sich vor der Folie befinden. Bei einer konventionellen Kamera übernimmt das eine Linse, aber die gibt es hier nicht. Deshalb muss der „Compressive-Sensing-Ansatz“ – also komprimiertes Abtasten – helfen. Dabei werden aus der Lichtmessung zunächst 256 Ansichten des Objektes errechnet, die sich lediglich in ihrer Schattierung unterscheiden. Daraus werden dann mit Hilfe eines gängigen Rekonstruktionsverfahrens neben fokussierten Bildern des Objektes auch dessen Tiefe und Geometrie berechnet. „Wir errechnen letztendlich eine Tiefenkarte, also den Abstand vom Objekt zur Folie pro Pixel, die in ein Dreiecksmesh trianguliert werden kann“, erklärt Bimber. Die Daten sind mit jeder 3D-Software weiterzuverarbeiten – aber darum geht es den Grundlagenforschern aktuell nicht. Sie wollen die mathematischen und optischen Ansätze auf dem Weg zur perfekten Folie weiterentwickeln.

Flexible Folienkamera

Aktuell benötigt das Verfahren eine Beleuchtungsquelle, den Picoprojektor, der das Objekt mit zufälligen Rauschmustern beleuchtet. Die zusätzliche Hardware soll überflüssig werden. „Wir arbeiten momentan daran, dieses Rauschmuster in einer zweiten Folienschicht umzusetzen, sodass keine besondere Beleuchtung mehr benötigt wird“, so Bimber. Die Aufgabe einer bildgebenden Optik soll eine kodierte Blende in Form einer weiteren Folienschicht übernehmen. Im Ergebnis wird eine Folienkamera stehen, die sowohl Sensor als auch bildgebende Optik implementiert – und dennoch sehr dünn ist.

Vielfältige Anwendungen 

Die Folienkamera ist flexibel in Größe, Bauform und Transparenz. „Während reguläre Kameras immer eine gewisse starre Bauform haben und nur in einem eingeschränkten Winkel aufnehmen, können wir unsere Folienkamera in beliebiger Größe auf eine beliebige Form anbringen“, erklärt Kameraerfinder Bimber. Die Folie ist dünn. Ihr Anwendungsgebiet aber dafür umso breiter.

Ingo Woelk

(4c Printausgabe Österreich 2/2017)

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