Business Blog
22.09.2013 11:56
Einig im Irrtum
Es wird wieder viel über die Zukunft der Zeitung diskutiert – mit eindeutigem Tenor.
Die Zeitung als Bettlektüre: angeblich nicht mehr so gefragt. © Manroland
Sie wird allerorten abgewogen, verhandelt und meist auch in Frage gestellt: die Zukunft der Zeitung. Der „Spiegel“ lässt derzeit in seiner Zeitungsdebatte meist papieraverse Blogger zu Wort kommen, die dann etwa in Fernsehbeiträgen über eben jene Debatte argumentativ entwaffnende Sätze sagen wie „Ich hasse bedrucktes Papier.“ Und auch jene, die Medienökonomie nicht mit persönlichen Phobien zu erklären versuchen, sind sich weitgehend einig: die gedruckte Zeitung, es braucht sie nicht mehr. Sie ist eine wirtschaftliche Anekdote wie das Bierkutschertum, der Braunkohleabbau oder die Petroleumlampe.
Der Kauf der traditionsreichen „Washington Post“ durch den milliardenschweren Amazon-Gründer Jeff Bezos hat die Verkarstung der Meinungslandschaft noch verstärkt: Bezos wird die Print-Ausgabe der Zeitung gleich mal einstellen und nur noch online Inhalte anbieten, scheinen alle zu wissen. Schließlich hat er mal in einem Interview bekannt, keine gedruckten Tageszeitungen zu lesen. Touché, das wirkt natürlich einleuchtend.
Aber Verleger wissen auch um die Kraft der Marke – und diese Marke wird vor allem über die Printausgaben stets neu aufgeladen. So ist es bei fast allen Medien und es gilt umso mehr bei jenen Online-Inhalten, für die User zahlen sollen. Print schafft erst jenes Vertrauen, für das Menschen dann vielleicht auch online Geld auszugeben bereit sind. Mal überspitzt formuliert: Paywalls, Paid Content, in welcher Form auch immer, brauchen Print. Und dafür gibt es nur wenige Ausnahmen. Wer weiter darauf baut, auch für Inhalte bezahlt zu werden und nicht ausschließlich für Werbeflächen, der wird ohne das Gespann Print-Online nicht sehr weit kommen.
Natürlich wird sich die gedruckte Zeitung verändern müssen, natürlich werden manche auch untergehen. Doch wer meint, einfach nur den Medienkanal wechseln, sich des bedruckten Papiers entledigen zu müssen, der hat einfach nicht begriffen, dass jede Reproduktionsform – ob gedruckt oder online – eben andere Inhalte und Darstellungsformen braucht. Und dass es für diese Inhalte und Darstellungsformen auch weiterhin Bedarf gibt.
Martin Schwarz
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