Etikettendruck

14.07.2017 08:25

Kleine Fläche, große Möglichkeiten

Dass sich Digitaldruckhersteller mit großer Verve um den Etikettenmarkt bemühen, ist wohl überlegtes Kalkül: hier verändert sich der Markt besonders rasch hin zu einem Auftragsmix, der ideal für den Digitaldruck ist.

Gleicher Wein, unterschiedliche Etikettendesigns: die Kundschaft im Etikettenmarkt spielt mit den Möglichkeiten der Personalisierung. © Marzek/beigestellt

Aus dem Archiv Heidelberg präsentiert digitale Etikettendruckmaschine Eine Richtigstellung Konica Minolta holt sich Manager für neue Produktionsdruck-Sparte Digitaldruck: «verpackungsfern» war gestern Klappt mit Kleben Auf einer Wellenlänge „Würde fast wetten, dass Heidelberg Primefire vor Landa auf dem Markt ist“

Wenn in einem Segment der Druckbranche sich Kundeninteresse und technologische Entwicklung in eine günstige Konstellation schieben, dann ist es wohl im Etikettenmarkt. „Die Sortenvielfalt der Produkte ist gestiegen. Wenn Kunden früher drei Sorten bestellt haben, dann sind es jetzt gleich 30 Sorten. Mit der steigenden Anzahl der Sorten steigt aber auch die Komplexität jedes Auftrages – und damit die Wertschöpfung“, erzählt Florian Ulrich, Geschäftsführer der Wiener Etikettendruckerei Ulrich. Und die Aufträge müssen natürlich auch immer schneller abgewickelt werden: „Der Markt ist extrem schnelllebig – kurze Lieferzeiten sind gefragter denn je“, erzählt Ulrich.

Ohne Druckformen

Um diesen Marktfügungen begegnen zu können, produziert etwa die Traiskirchner Druckerei Marzek Etiketten+Packaging auf HP Indigo-Maschinen. „Mit der HP Indigo kann man metallisierte Materialien und transparente Folien bedrucken. Der Druckpasser ist besser als bei konventionellen Offsetmaschinen. Wir veredeln im Anschluss noch mit Siebdruck und Prägungen oder Spotfarben. Bald wird auch das mit rein digitalen Veredelungs- und Nachbearbeitungseinheiten völlig ohne Druckformen und Werkzeuge möglich sein“, erwartet Marzek-Geschäftsführer Michael Wareka.

Auf der anderen Seite steht die Trockentonertechnologie von Xeikon. „Es ist altbekannt, dass Xeikon lange Zeit keine PE- und keine Thermomaterialien bedrucken konnte. Mit dem neuen ICE Tonersystem ist das allerdings kein Problem mehr“, so Florian Ulrich. „Ein Vorteil der neuen Cheetah-Maschine von Xeikon ist, dass man 30 Laufmeter bei fünf Farben fahren kann. Es muss nicht geprimert werden und aus der Erfahrung meiner Mitarbeiter heraus kann ich sagen, dass die Xeikon sehr bedienfreundlich ist.“

Im Vergleich zu HP verzeichnet Xeikon allerdings einen deutlich geringeren Marktanteil. „Es ist sicherlich  firmenspezifisch, welches System besser passt. Es gibt ein paar Punkte, die für die HP sprechen, es gibt andere, die für die Xeikon sprechen. Wir haben beide Systeme im Haus installiert und mit beiden sehr zufrieden, weil sie eben unterschiedliche Kundensegmente bedienen“, fügt  Florian Ulrich hinzu.

Mehr Inkjet

Nun geht Xeikon mittlerweile auch in Richtung Inkjet und lässt den Trockentoner im Etikettenbereich möglicherweise mit geringerer Priorisierung weiterbestehen. „UV-Inkjet ist ein wachsender Bereich und die Qualität ist schon sehr gut“, erklärt Michael Wareka. „Ich glaube, dass hier im Moment das größte Wachstumspotential verborgen ist.“

Tatsache ist, dass UV- Inkjet, wie er etwa auch in den Gallus-Maschinen von Heidelberg eingesetzt wird, eine hohe Farbdeckung und Opazität hat. „Die Produktionsgeschwindigkeit ist in der Regel sehr hoch“, weiß Michael Wareka. „Man muss sogar schnell produzieren, damit die Tinte nicht ins Material gesaugt wird, bevor die UV-Lampe das Ganze härtet“, ergänzt Michael Wareka. „Die hohe Farbdeckung legt den Vergleich zum Siebdruck nahe. Man kann sogar einen gewissen Reliefeffekt erzielen, wie er zum Beispiel in der Kosmetikindustrie sehr gefragt ist.“

Kombinationen

Die Punktauflösung ist allerdings nicht so fein wie beispielsweise bei HP Indigo oder Xeikon. „Gerade bei transparenten Etiketten oder einer Weißunterlegung ist der Inkjet natürlich ideal, weil hohe Farbdichten erzielt werden können, und somit ein Siebdruck imitiert werden kann – etwa bei Weißunterlegungen. Wenn die Preise für die Tinte sinken, was sicher kommen wird, da eine Technologie umso billiger wird, je mehr Maschinen im Markt installiert sind, kann ich mir vorstellen, dass sich der Inkjet noch mehr etablieren wird“, kommentiert Florian Ulrich.

Wie auch in den konventionellen Druckverfahren werden Trockentoner, Flüssigtoner und Inkjet auch weiterhin nebeneinander existieren. „Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kombination von Indigo mit Inkjet durchaus interessant ist. Beide haben unterschiedliche Effekte und unterschiedliche Stärken, die sich wunderbar ergänzen können“, ist Michael Wareka überzeugt. „Das einzige ist, dass es den Trockentoner vielleicht irgendwann nicht mehr geben wird.“

Weniger robuste Maschinen

Mit der höheren Digitaldruck-Penetration in den Etikettendruckereien steht die Branche indes vor einer neuen,  marktentscheidenden Herausforderung: die Verkürzung der technologischen Abschreibungsdauer. „Künftig wird man die digitalen Maschinen keine zehn Jahre betreiben können. Die Entwicklung schreitet viel zu schnell voran. Es ergibt beispielsweise auch keinen Sinn, ein Smartphone zehn Jahre lang zu nutzen. Nach dieser Zeit ist es einfach technologisch überholt“, erklärt Michael Wareka. Vielleicht führt das sogar zu einer Verhaltensänderung der Maschinenhersteller: „Gewisse Sachen werden nicht mehr so robust gebaut werden.“

Auch neue Verordnungen stecken der Etikettenproduktion einen neuen Rahmen. „Ab 2019 kommt beispielsweise eine neue EU-Marktrichtlinie zum Tragen, die unter anderem festlegt, dass jede Pharmazieschachtel mit einem Sicherheitsmerkmal ausgestattet werden muss, um sicherzustellen, dass die Packung nicht schon geöffnet wurde“, erzählt Florian Ulrich. „Das Etikett ist hier eine saubere Lösung zur Produktsicherung.“

Wenig Platz, viel Dialog

Eine ganz neue Produktkategorie werden wohl auch dynamische Designs sein. „Theoretisch kann man ein Bild nehmen, das sich verändert, eine Pflanze, die wächst. Es können Filme in Etiketten eingebunden werden. Oder das Design ist so gestaltet, dass jedes Etikett ein Detail enthält, das im Regal, wenn die Produkte nebeneinander stehen, ein Gesamtbild ergibt. Mit spezieller Software kann sich das System sogar selbst variieren“, erzählt Michael Wareka, woran in seinem Unternehmen gerade getüftelt wird. „Da gibt es ein nettes Beispiel von einem Etikett, auf dem Elefanten zu sehen sind, die alle ein wenig anders aussehen, weil eine andere Farbe oder ein anderes Muster verwendet wurde.“

Möchten Sie mehr solcher Storys lesen? Nur 39,- Euro kostet das Jahresabo von 4c. Dafür erhalten Sie sechs Printausgaben und vollen Zugang zu unserem Contentshop 4c PLUS mit über 100 Storys für ein ganzes Jahr. Jetzt bestellen: https://4-c.at/abo

Was natürlich zukünftig gefordert ist, sind zusätzliche Informationen, die das Etikett tragen muss. Ein QR-Code kann zu einem Film führen, zu einer Website mit passenden Rezepten oder Möglichkeiten der Interaktion integrieren. Beispielsweise kann ein Konsument, wenn ein Produkt zu Ende geht, über eine Shopseite direkt ein neues bestellen, das gleich am nächsten Tag geliefert wird.  „Da gibt es wahnsinnig viele Möglichkeiten, um einen echten Nutzen für die Konsumenten zu generieren und auf die einseitige Kommunikation zu verzichten. Man kann durch Promotions und Gewinnspiele die Kunden auch zu einem ehrlichen Feedback auffordern. Dadurch erhält der Produzent wertvolle Informationen, wie er Produkte im Sinne des Konsumenten verbessern kann“, fügt Michael Wareka an. 

Auch Augmented Reality wäre eine Option, Etiketten mit sichtbarem Mehrwert auszustatten. „Nehmen wir mal als Beispiel ein Autoprospekt. Mit Augmented Reality  springt das Auto plötzlich aus dem Titelbild hervor. Es lassen sich die Türen öffnen, man kann die Scheinwerfer einschalten, die Farbe des Autos kann verändert werden. Das sind tolle Sachen“, so Michael Wareka. Und die gibt es auch im Etikettenmarkt: „Es gibt sehr exklusive Champagneretiketten, wo so etwas jetzt schon gemacht wird.“

Um solche Projekte zu verwirklichen, werden die Manager von Etikettendruckereien sich allerdings mit anderen Fragen als bloß der Entscheidung zwischen Flüssigtoner, Trockentoner und Inkjet beschäftigen müssen.

Anja Schlimbach

(4c Printausgabe 4/2017)

Twitter Facebook del.icio.us digg.it
Mehr aus Druck 05.10.2017 11:40 Onlineprinters zertifizieren Weiterverarbeitung 18.09.2017 08:45 Zeitung für nebenan 15.09.2017 13:53 Funktioniert einfach 14.09.2017 09:10 Supergünstige Broschüren bei print24.com und extrem schnelle Lieferzeiten – 3…2…1…Deins! 04.09.2017 12:52 Neuer Weißtoner für iGen 5 von Xerox 01.09.2017 11:28 Ein 3D-Drucker für zehn Euro 31.08.2017 15:07 Komori festigt Position in Benny Landas Netzwerk