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10.07.2011 15:24

Obama hat recht

Der amerikanische Präsident hat Zoff mit den Druckern. Und er steht dabei auf der richtigen Seite. Von Martin Schwarz

Barack Obama bei seiner Videobotschaft: Drucken als „dumme Ausgabe“. © Beigestellt

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Gerade einmal vier Minuten und sieben Sekunden lang war das Video, mit dem sich US-Präsident Barack Obama nun Zoff mit den amerikanischen Druckern einhandelte. Das soll man nicht überschätzen: höchstwahrscheinlich muss sich Obama in seinem präsidialen Alltag mit mächtigeren Lobbying-Gruppen als der „Printing Industries of America“, dem amerikanischen Druckereien-Verband herumschlagen. Ein feines Lehrbeispiel für konzise Argumentation auf der einen und stereotype Reflexe auf der anderen Seite ist das Zerwürfnis dennoch.

Umflort von sanftem Licht, auf dem Tisch neben sich einen ganzen Stapel Bücher liegend, kündigte der Präsident an, das „Federal Register“, ein Jahrbuch der Gesetzesänderungen der Bundesbehörden, künftig nicht mehr drucken zu lassen. Die 4.700 Ämter in den ganzen Vereinigten Staaten, die bislang regelmäßig mit dem Paragraphenballast beschickt wurden, könnten bei Bedarf das gesamten Register online abrufen. So etwas zu drucken, argumentierte der Präsident, sei „nutzlos“, weil das Register in der Form ohnehin nicht gelesen würden; das gedruckte Werk, so fuhr er fort, sei „Abfall“ und die Druckkosten „dumme Ausgaben“, die sich die USA nicht mehr leisten wollen.

Kaum waren des Präsidenten Worte verhallt, erhob sich lautes Raunen unter den Funktionären der „Printing Industries of America“, ein Stürmchen der Empörung brandete auf und Verbandspräsident Michael Mankin stromerte argumentativ gegen den präsidialen Erlass los. Die Worte Obamas, so Mankin, würden den Eindruck erwecken, dass die Druckindustrie ein sterbender Wirtschaftszweig und Gedrucktes ein „Relikt der Vergangenheit“ sei.

Aus der Perspektive Obamas kann das stimmen. Der Präsident ist geprägt von der höchstpersönlichen Erfahrung, vor allem mit der geschickten Nutzung von Online-Tools, Web 2.0 und Social Media eine Wahl gewonnen zu haben. Scott Thomas, Design Director seiner Kampagne und im vergangenen Jahr Stargast der von 4c organisierten Creative Printing-Konferenz in Wien hat Obama eine Kampagne entworfen, wie sie sie noch nie in der Geschichte gab.

Die Reaktion von Verbandspräsident Mankin lässt vor allem eines befürchten: dass der dinosaurierhafte Irrtum des Drucker-Verbands, Print wäre alternativlos und der einzig heilsbringende Medienkanal in einer Wüste der Information, noch immer nicht ganz ausgeräumt ist. Ein Paragrafenwerk zu drucken und es rund 5.000 Mal quer durch die Vereinigten Staaten zu schippern, damit es dann in irgend welchen Amtsstuben zwischen Wisconsin und South Carolina verstaubt, ist unnötige Ressourcenverschwendung.

Print wird seiner Delegimitierung nicht entgegen wirken können, wenn seine Vertreter nicht langsam begreifen, dass Print die Koexistenz und die Kollaboration mit anderen Medienkanälen braucht und Druckvolumen um des Druckvolumens willen zwar Druckmaschinen beschäftigt, aber bloß das wirtschaftliche Präludium zu weiterem Preisverfall ist. Statt dessen wäre wohl die einzige sinnstiftende Möglichkeit, den Druck des „Federal Register“ zu retten, ihn alternativ als Print on Demand-Lösung anzubieten.

Denn zwischen Nutzen und Verfügbarkeit gibt es einen klaren Unterschied: was der Konsument nicht braucht, wird er auch nicht nutzen, nur weil es verfügbar ist.

Noch ein Streiflicht dazu: vor einigen Jahren erzählte mir ein Manager eines großen Maschinenbaukonzerns, er sei fest davon überzeugt, dass gedruckte Telefonbücher weiterhin gebraucht würden. Schließlich würde auch er nicht ins Web gehen, um Telefonnummern zu suchen, sondern das Telefonbuch aufschlagen. Besser kann man Bedarf nicht begründen.

 

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