Buchdruck

15.09.2013 19:17

Der tschechische Taktgeber

Die Druckerei Finidr im nordtschechischen Ceský Tesin produziert rund 20 Millionen Bücher pro Jahr, einen Großteil davon für ausländische Verlage. Gelebt wird bei Finidr kompromissloses Lean Management. Dafür sorgt schon der sehr umtriebige Chef.

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Finidr Heidelberg Speedmaster XL 106Installation einer Speedmaster XL 106 bei Finidr: 20 Millionen Bücher pro Jahr. © Beigestellt

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Jaroslav Drahos macht sich gerade ein bisschen Sorgen. Gar nicht so sehr darum, dass gerade an einer Stelle das Dach der Produktionshalle undicht geworden ist und es jetzt während des Regens kontinuierlich in die Produktion tropft. Nein, das erschüttert den Chef der Druckerei Finidr in Cesky Tesin im Norden Tschechiens nicht.

Ein Phänomen, das ihn schon eher nachdenklich macht, kann man mit ein paar Handgriffen und etwas Dachpappe nicht reparieren: dass Kinder immer weniger lesen. In Tschechien, aber auch anderswo. Die Verweigerung der Jungen, ein Buch in die Hand zu nehmen, verdüstert die Perspektive für das Geschäft von Drahos nämlich erheblich.

Abhängig

Seit 1994 hat der gelernte Drucker Drahos mit Finidr die größte Buchdruckerei Tschechiens aufgebaut, macht mittlerweile mit 350 Mitarbeitern rund 23 Millionen Euro Umsatz und exportiert satte 80 Prozent der Produktion nach Deutschland, nach Österreich, in die Schweiz, nach Polen, selbst nach Großbritannien.

Drahos ist abhängig davon, dass junge Menschen auch weiterhin blättern und nicht nur klicken, sich mit gedruckten Büchern beschäftigen. Also hat Drahos einige Initiativen gesetzt, die zumindest ein wenig dazu beitragen sollen, den Abfluss der Aufmerksamkeit gegenüber gedruckten Büchern zu verlangsamen: so engagiert sich Findir beim Projekt „Every Czech reads with Children“, damit Kindern regelmäßig vorgelesen wird und unterstützt außerdem Schulen und Kindergärten bei der Ausstattung ihrer Bibliotheken.

Sehr lean

Nebst solch aktiver Vorsorge, das gedruckte Buch auch langfristig in seiner Funktion als Gebrauchsgegenstand abzusichern, verwirklichte Drahos in seiner Druckerei eine Produktionsphilosophie, die kompromisslos darauf ausgerichtet ist, keine Verschwendung, keine Verzögerung zuzulassen. Schon 2007 hat er die Produktion auf Lean Management umgestellt.

Die Druckmaschinen, allesamt von Heidelberg, laufen drei Schichten pro Tag, sieben Tage die Woche und die Statistiken über Auslastung und effiziente Nutzung der Kapazitäten nimmt Druckereibesitzer Drahos überaus ernst. „Der Chef kann die Produktionsstatistiken sogar über sein Handy abrufen und wenn er bemerkt, dass irgendwo gerade eine Maschine steht, ruft er mich an, auch wenn er nicht im Haus ist“, erzählt Tomas Roman, bei Finidr für die Produktion verantwortlich. „Die Kundschaft wird bei den Lieferterminen immer anspruchsvoller und duldet keine Einschränkungen bei der Qualität“, erklärt Roman die Kommunikationsfreude seines Chefs.

Gefahren frühzeitig erkennen

Sehr interessiert ist Roman, der Produktionsstratege bei Finidr, deshalb am neuen Remote Monitoring-Service, das Heidelberg anbietet. Die Performance der Druckmaschinen wird damit nicht nur in Echtzeit gemessen, sondern Unregelmäßigkeiten analysiert und frühzeitig erkannt. Die erst im Mai bei der China Print vorgestellte Technologie ermöglicht es Druckereien, die Stillstandszeiten weiter zu minimieren, weil die Analysen des Remote Monitorings bei den regelmäßigen Wartungen der Maschinen besonders berücksichtigt werden. Drahos würde das wohl mögen, muss sich Roman denken.

Prämiensystem

Die beiden letzten Neuerwerbungen, die nun in der rund 8.000 Quadratmeter großen Produktionshalle Platz gefunden haben, sind zwei Speedmaster XL 106. Eine der beiden Maschinen ist erst seit zwei Monaten in Betrieb, doch schon jetzt kann Drahos behaupten: „Die beiden XL 106 haben unsere Produktivität um 40 Prozent gesteigert.“

Die Maschinenführer an den beiden XL 106 wird die hohe Zuverlässigkeit der Maschinen vermutlich freuen – nicht bloß in technologischer Hinsicht. Denn bei Finidr zahlt sich Produktivität auch pekuniär aus. „Die Maschinenführer erhalten Prämien, wenn die Geräte, für die sie verantwortlich sind, einen überdurchschnittlich hohen Ausstoß haben. Einige von denen verdienen mehr als ich. Aber für mich ist das in Ordnung“, lächelt Roman.

Martin Schwarz, Ceský Tesin

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