Business Blog
26.08.2016 13:10
Leichter Fehler
Die Frankfurter Allgemeine ist unzufrieden. Das Magazin der Zeitung, die „Frankfurter Allgemeine Woche“, verkauft sich schlechter als erwartet – und zwar sowohl an den Leser wie auch an den Werbekunden. Den Fehler hat der Verlag schon identifiziert: das Magazin ist ein Leichtgewicht.
100 Gramm Wissen: Die „Frankfurter Allgemeine Woche“ soll nun auch haptisch ein Erlebnis werden. © 4c/Schwarz
Ein neues Printprodukt auf den Markt zu bringen, gilt heutzutage ja als ähnlich verwegenes Unterfangen wie die Umrundung der Welt mit einem Solarflugzeug (gelungen) oder der Versuch von Verlagen, im Netz Geld zu verdienen (meist nicht gelungen). Die Wahrscheinlichkeit, dass Letzteres bisher jedenfalls nicht funktioniert, lässt bei Verlagen die Notwendigkeit entstehen, es doch mit Ersterem zu versuchen – dem neuen Printprodukt.
In besonderem Maße konnte man das vom Verlag der „Frankfurter Allgemeinen“ erwarten, einem Haus, in dem Wort und Geist sich noch immer vorzugsweise auf Papier manifestieren. Das mag – anschmiegsam formuliert – mit dem ideellen Erbe von Frank Schirrmacher zu tun zu haben oder – härter gesprochen – auch mit der vielleicht absichtslosen Verschleppung einer tragfähigen Digitalstrategie.
Vor vier Monaten nun hat also jene „Frankfurter Allgemeine“ ein Wochenmagazin gestartet, nahe liegend „Frankfurter Allgemeine Woche“ getauft. 50.000 verkaufte Exemplare erwartete sich FAZ-Geschäftsführer Thomas Lindner. Aber die Erwartung Lindners wurde vom Markt nicht erfüllt. Die verkaufte Auflage bewegt sich nun weit unter dem Minimalziel des Verlagschefs.
Nun neigt der digital Naive bei der Lektüre solcher Fehlstarts zur Pauschalbetrachtung, dass Print nun an sich der Fehler im System der Informationsverbreitung ist und dies bei entsprechender Nutzung digitaler Technologien nicht so kommen hätte müssen. Diese Analyse könnten wohl viele Herausgeber und Redakteurer gescheiterter digitaler Medien von der „Netzeitung“ bis zu Rupert Murdochs „The Daily“ nicht teilen. Die digitale Revolution hat eben dort ein wirtschaftliches Blutbad hinterlassen, wo Inhalt, Verbreitungsweg, Nutzererwartung und wirtschaftliche Basis nicht zusammen passten – und das gleiche gilt umgekehrt auch für Print. Dogmatisch geführte Channel-Diskusssionen sind insofern also: überflüssig. Inhalt sucht sich ohnehin seinen Weg zum Empfänger, mal digital, mal gedruckt.
Die Verlagsleitung der „Frankfurter Allgemeinen“ ist auch zu einem völlig anderen Ergebnis gekommen bei ihrer Fehlersuche. Das Magazin leidet vielleicht auch am Inhalt, der streckenweise ein bisschen bräsig daher kommt, aber ganz bestimmt und vor allem an mäßiger Ausstattung. Gedruckt auf hauchdünnem Papier, mit einer Anmutung wie der „Economist“, hat es sich inbesondere im Einzelverkauf nur schlecht durchsetzen können. Genau 100 Gramm hat übrigens eine Ausgabe der „Woche“.
Das mit der mäßigen Ausstattung sehen auch die Werber so.
Gegenüber dem Branchendienst meedia.de meinte Mediaplus-Manager Bernhard Becker, die Erstausgabe könnte im Vergleich zu anderen Wochenmagazinen wie dem „Spiegel“, dem „Focus“ oder dem „Stern“ eben „rein optisch nicht überzeugen“. Die Leser würden auch durchaus etwas mehr bezahlen, wenn „die Haptik mit der redaktionellen Qualität mithalten könnte“, so Becker gegenüber meedia.de.
FAZ-Chef Lindner will nun nicht nur in eine größere Redaktionsmannschaft, sondern auch in dickeres Papier investieren. Das ist keine Petitesse in einem Markt, der wohl auch aufgrund klammer Kassen die haptische Anmutung und das Papier eine Printprodukts als jenes Sparreservoir zu identifizieren bereit war, bei dem die geringsten Qualitätsverluste in der Gesamtwahrnehmung eines Mediums zu befürchten waren. Diese Sorglosigkeit im Umgang mit optischer und haptischer Qualität scheint sich nun doch nicht so bezahlt zu machen. Ein leichtes Magazin, das bleischwer in den Regalen liegt, zeigt also: Wer vertiefende Inhalte anbietet, scheint gut beraten, sein Produkt auch optisch als Ereignis auszustatten.
Da sollte nun der große Frank Schirrmacher nochmal zitiert werden, in einem 4c-Interview aus dem Jahr 2014: „Man sollte sich als Medienmacher schon die Frage stellen, wie viele Medienmarken es hinkriegen würden, mit ihren digitalen Produkten erfolgreich zu sein und Geld zu verdienen, ohne die Realitätsvergewisserung durch Print zu haben. Eine Zeitung, ein Magazin sind anfassbar. Schon alleine der Aufwand, diese Produkte herzustellen und auszuliefern, vermittelt dem Leser eine Werthaltigkeit.“ Bei der „Woche“ der FAZ bisher leider nicht genug.
Martin Schwarz
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