COP21
02.12.2015 08:05
Papierindustrie will CO2-Emissionen um 80 Prozent reduzieren
Die europäische Papierindustrie ist zu Beginn des Weltklimagipfels in Paris zuversichtlich, ihr Ziel einer 80prozentigen Emissionsreduktion bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Indes könnte es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen EU und Papierindustrie wegen der EU-Klimaziele kommen.
Hier wird noch bis 11. Dezember das Weltklima verhandelt: die französische Hauptstadt Paris ist Tagungsort des Klimagipfels COP21. © Daxis / CC BY-ND 2.0
Die allermeisten Staats – und Regierungschefs haben den Klimagipfel in Paris mittlerweile verlassen. Geblieben sind die Beamten, die Minister, die Lobbyisten. Sie werden jenen Rahmen mit Vertragswerk füllen, den die Staats – und Regierungschefs gesteckt haben. Beim Klimagipfel in Kopenhagen, da war es umgekehrt: da verhandelten zuerst die Beamten und Experten und Minister und die Regierungschefs kamen erst in den letzten beiden Tagen eingeflogen. Das ging schief. Nun will man es besser machen.
Marco Mensink ist gerade erst angekommen. Für den Generaldirektor des Verbands der Europäischen Papierindustrie CEPI ist es die mittlerweile zehnte Klimakonferenz, er ist ein Veteran des langen Tauziehens und Feilschens um Emissionen, Welttemperatur und Treibhausgase.
Gegenüber 4c zeigt sich Mensink zu Beginn des Gipfels zuversichtlich, das Ziel der Papierindustrie zu erreichen, bis zum Jahr 2050 die eigenen CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 80 Prozent senken zu können, „also weit mehr als andere Industriesparten es tun“. 2011 hat die europäische Papierindustrie dieses Ziel formuliert und damals auch begonnen, an neuen Technologien zu forschen, die diese Bestrebungen ermöglichen könnten.
Die Lösung, an der die Papierindustrie arbeitet, basiert auf „Deep Eutectic Solvents“, einem Lösungsmittel. Mit dem Verfahren kann Holz in Papierfabriken mit vergleichsweise minimalem Energieaufwand in Lignin und Zellulose separiert werden kann. Das Verfahren könnte auch angewendet werden, um Deinking zu ermöglichen und damit die Wiederaufbereitung von Papier zu erleichtern.
„Das Verfahren funktioniert schon mal im Labor“, sagt Mensink nun gegenüber 4c. Insgesamt 22 europäische Papierfabriken testen derzeit die neue Technologie und arbeiten daran, sie in die Abläufe einer Papierfabrik zu integrieren. „Im Jahr 2025 soll dann die Technologie erstmals in der industriellen Produktion einer Papierfabrik eingesetzt werden“, sagt Mensink im Gespräch mit 4c.
Das sieht nach einem dochgroßzügig bemessenen Zeitrahmen aus. Das aber täuscht. Die langen Investitionszyklen von Papierfabriken setzen die Forscher unter gehörigen Druck. „Wenn wir mit neuen Technologien beginnen, müssen wir einkalkulieren, dass es 20 Jahre dauert, bis auch die letzte Papierfabrik in Europa sie einsetzt“, so Mensink.
Die Lösungsmittel-Technologie sollen insgesamt 40 Prozent der derzeit benötigten Primärenergie bei der Papierproduktion einsparen.
Zwist um Klimaziel-Berechnung
Eine ganz wesentliche Entscheidung werden die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union indes erst nach dem Klimagipfel in Paris treffen und sie wird besonders die Waldwirtschaft und deren Umfeld, also auch die Papierindustrie, treffen. Noch ist nämlich nicht ganz klar, wie das EU-Klimaziel einer 40prozentigen Emissionsreduktion bis zum Jahr 2030 exakt berechnet werden soll.
Derzeit stehen zwei Modelle zur Diskussion, wie die von Wäldern absorbierten und gespeicherten CO2-Emissionen behandelt werden könnten und eines davon gefällt der Papierindustrie nicht: dass der natürliche Effekt des CO2-Speichers Wald in diese Klimaziele einberechnet werden könnte.
Das würde bedeuten, dass die tatsächlichen Klimaziele, die etwa andere Industriesparten erreichen müssten, nur bei etwa 35 Prozent liegen, weil rund fünf Prozent der Emissionseinsparung ohnehin vom Wald kommen.
Investitionen der Papierindustrie in die Waldbewirtschaftung oder Wiederaufforstung wären dann eine klimapolitische Quersubvention für andere Industriesparten. „Wir sprechen uns dagegen aus, diesen Beitrag zu den Klimazielen mit anderen Sparten zu vermengen“, so Mensink.
In den letzten 50 Jahren ist die Fläche des Waldes in Europa um rund 30 Prozent gewachsen, unter anderem wegen der Aufforstungskampagnen der Papierindustrie.
Martin Schwarz