Großbritannien

28.06.2016 09:50

Print in Zeiten des Brexit

Der Wunsch der Briten, aus der Europäischen Union austreten zu wollen, wird auch Druckereien und Druckindustrie im Vereinigten Königreich treffen. Besonders, wenn der Finanzsektor sich tatsächlich ein anderes Zentrum als die City of London sucht.

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Die Entscheidung der Briten, sich von der EU zu trennen, wird auch die geschäftliche Grundlage der Printbranche brüchiger machen. © Fotolia

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Leicht hat es der Mann gerade wirklich nicht. Zuerst vergönnt ihm ein Drittel der Aktionäre eine Gehaltserhöhung von 60 auf rund 89 Millionen Euro pro Jahr nicht. Zwei Wochen später bricht ihm auch noch der Kurs seines Unternehmens innerhalb weniger Stunden gleich mal um mehr als vier Prozent weg. Martin Sorrell, Chef des weltgrößten Werbekonzerns WPP hat einen turbulenten Juni hinter sich. Die raschen Kursverluste seines Werbekonzerns haben jene Briten zu verantworten, die nun beim britischen Referendum für einen Austritt Großbritanniens gestimmt haben. Dementsprechend reagierte Sorrell auf das Ergebnis: „Sehr enttäuscht“, sei er. Auch die Kurse anderer großer Agenturen rutschten nach dem Votum für den Brexit ab.

Banken-Exit

Für die britische Druckbranche ist die Reaktion der Werbeindustrie auf den nun drohenden Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union alarmierend. Die Werbekonjunktur wird ganz entscheidend von der Performance des Finanzsektors im Königreich beeinflusst. Knapp 1,5 Milliarden Euro investieren Banken und Versicherungen auf der Insel jährlich in Werbung, teilweise natürlich auch in Print – so viel wie kein anderer Wirtschaftssektor. Wenn dieser Sektor nun ankündigt, das Engagement auf der Insel zurück zu fahren, wird das auch die britischen Printmedien tangieren und mit ihnen die Druckereien.

„Natürlich wird es Folgen für die Druckindustrie geben. Im Detail sind diese aber noch schwer abschätzbar“, sagt Kyle Jardine, Sprecher des britischen Print-Branchenverbandes BPIF. Eine Woche nach dem Referendum, am vergangenen Freitag, trafen sich die BPIF-Verantwortlichen schon zu einer Sitzung, die nur einen Tagesordnungspunkt hatte: den Brexit.

Die Stimmung der Drucker

Vor dem Referendum hatte die BPIF schon eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durchgeführt: Da antworteten 49 Prozent, ein Verbleib in der EU wäre günstig für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Betriebs, 27 Prozent glaubten, ein Brexit wäre wirtschaftlich für das eigene Unternehmen besser, 24 Prozent waren unsicher. Ganz uneinheitlich ist die Stimmungslage indes unter exportierenden und nicht exportierenden Betrieben in diesem Panel. Bei ersterer Gruppe meinten 56 Prozent der Befragten, ein Verbleib in der EU wäre im Interesse des Unternehmens. Bei den nicht-exportierenden Unternehmen dagegen meinten 52 Prozent, ein Brexit wäre wohl wirtschaftlich besser. 130 Mitglieder des BPIF hatten die Umfrage beantwortet.

Papier-Importe

„Nachdem wir Papier großteils importieren, könnten die Preise nun natürlich steigen“, so BPIF-Sprecher Jardine über eine der erwarteten Folgen des Brexit. Teurer wird für britische Druckereien mit dem schwächelnden Pfund auch die Anschaffung importierter Maschinen und anderer Verbrauchsmaterialien.

Ähnlich hält es Martin Eustace, Chef der Brancheninitiative Two Sides, für möglich, dass die Branche mit höheren Papierpreisen rechnen muss. Festlegen will sich der Brite aber nicht. Für eine gesicherte Prognose sei es zu früh. „Im Moment bleibt uns nichts anderes übrig, als die nächsten Wochen abzuwarten“, meint Eustace. Nachsatz: „Kurzfristig sind die Folgen für die Printmedien überschaubar, denn sie sind auf den Heimmarkt konzentriert. Die Frage ist nur, was langfristig passieren wird.“ Die Antwort werden wahrscheinlich auch Werber wie Martin Sorrell geben.

Daniela Friedinger

(4c Printausgabe 4/2016)

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