Kochstudio

20.12.2017 14:07

Diese Geschichte endet nicht

Die Meldungen über den Rückzug des Gedruckten und den Triumph des Digitalen mögen gerade dominieren. Doch lassen wir uns davon nicht beirren: Print hat in den 500 Jahren seiner Präsenz noch jede neue Medientechnologie überstanden.

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Einen Rettungsring braucht seine Erfindung nicht: Johannes Gutenberg. © Fotolia.de

Aus dem Archiv Print erreicht mehr Ausweitung der Kampfzone Ohne geht es nicht Nicht nur die Zeit läuft davon Lernen Sie die besten Print-Lobbyisten Europas kennen Die neue 4c-Kundenkarte Fehlerbehebung

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Medien wird die Zuordnung schwieriger. Ist Webradio noch Radio oder schon Online? Werbung auf Addressable TV ist eindeutig Online, oder ist es doch noch TV? Digital-Out-of-Home ist der Außenwerbung zwar ähnlich, wird jedoch drinnen erlebt und digital ausgespielt.

Immer schwieriger wird auch der ominöse Intermediavergleich. Da die Kontakte mit den verschiedensten Medien nach wie vor auf unterschiedlichem Wege ermittelt werden, sind sie nun einmal nicht vergleichbar. Wir müssen uns damit abfinden, dass sie auch in 20 Jahren nicht vergleichbar sein werden. Wären sie es – und der TKP das dominierende Kriterium – würden ohnehin nur noch Plakat und Radio eingesetzt. Print und TV, weil teurer, wären schon lange erledigt.

Wollten wir die Medien ernsthaft miteinander vergleichen und dabei gar ihren Beitrag zu Werbewirkung und Kampagnenerfolg miteinbeziehen, müssten wir uns zwangsläufig eine intellektuelle Stufe höher begeben. Wir müssten erstens nach der Funktion der Medien und zweitens nach ihrer Nutzungsweise fragen.

Das Wagnis Intermediavergleich

Wagen wir es: Online ist ein Such-, Informations- und Kommunikations-medium und daher als Werbeplattform eigentlich gänzlich ungeeignet. Das erklärt die Zunahme der Adblocker und den Sinkflug der Klickraten auf weltweit nur noch 0,6 Promille. Radio und TV sind reine Berieselungsmedien mit dennoch hohem Aktivierungspotential.

Print, also Zeitungen und Magazine sind die einzigen Werbemedien, für die wir unser Gehirn einschalten. Sie erfordern eine aktive Teilnahme und eine qualitative Auszeit, in der wir uns nicht durch andere Eindrücke stören lassen. Sie üben eine meinungs- und markenbildende, kaufstimulierende und daher die nachhaltigste Wirkung aller Medien aus.

Wenn wir uns nun fragen, ob Online und Medien-Digitalisierung einen Einfluss auf die Funktion der herkömmlichen Medien hatten, stellen wir überrascht fest, dass sie völlig unverändert ist: Die Berieselungs-maschinen laufen auf Hochtouren und wer lesen kann und mag, der liest eben.

Auf Erkundung in der Metaebene

Gehen wir wagemutig noch einen Schritt weiter. Begeben wir uns auf die Metaebene, in der es um Sinn, Relevanz und Existenz geht: Die kommerzielle Internetwerbung existiert seit 22 Jahren. Und ist dank der Probleme um Brand Safety und Ad Fraud schon heute so gut wie tot. Die Plattformen kommen und gehen. Second Life, Google+, Snapchat. Wer ist der Nächste, der abgelöst wird? Instagram? Es ist egal. Es ist nicht einmal sicher, ob der Social-Gigant Facebook überlebt.

Zum Vergleich: Ernst Litfaß klebte sein erstes Plakat vor 162 Jahren. Radio gibt es seit 95, TV seit 65 Jahren. Sie alle blicken auf eine lange und erfolgreiche Ära zurück. Erst neuerdings beginnen die TV-Reichweiten signifikant zu schwächeln.

Die erste Zeitung Deutschlands erschien in Leipzig dagegen vor 367 Jahren, die erste Zeitschrift, die Rorschacher Monatsschrift, sogar vor 420 Jahren. Magazine und Zeitungen sind älter als alle anderen Medien zusammengenommen. Print hat mehr Geschichte erlebt, mehr Irrungen und Wirrungen durchlebt, als jedes andere Medium sich in seiner kühnsten Phantasie vorstellen kann. Print hat Radio und TV überstanden. Print wird auch das Internet überstehen.

Print ist da und wird immer da sein

Print ist Marke pur. Print ist die Quelle fast aller Online-Meldungen. Print ist die Ursuppe der Medien. Die Mutter aller Medien. Der Medientreiber schlechthin. Heute entstehen mehr neue Printprodukte als jemals in seiner unendlich langen Geschichte zuvor.

Print ist für die Ewigkeit geschaffen. Das zeigt die Geschichte, das beweist die Wirkungsforschung, das sagt der gesunde Menschenverstand. Daran sollte denken, wer demnächst einen (Media-) Plan für die Zukunft entwickelt.

Thomas Koch*

Thomas Koch, Mediaplaner, Agenturgründer, Ex-Starcom-CEO und Media-Persönlichkeit des Jahres schreibt hier regelmäßig über die Zukunft von Print.

(Printausgabe 6/2017)

 

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