Kochstudio

12.10.2016 13:23

Print erreicht mehr

Nicht mehr die digitalen Neulinge im Mediengeschäft führen in den USA die Reichweiten-Rankings an, sondern etablierte Printmedien mit ihren digitalen Filialen. Woran das liegt? Wohl auch an einem Vertrauensbonus der Konsumenten, den Printmedien nun abholen können.

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Die Washington Post: lange etablierte Printmedien und ihre digitalen Formate gewinnen heute wieder an Zuspruch. © Beigestellt

Aus dem Archiv Aus für den digitalen Zeitungsdruck Wie kann Print wieder wirken? Diese Geschichte endet nicht Die Print-Zukunft, endlich gelüftet Fehlerbehebung Sie sind wieder da Wie Sie aus einem Euro 40 Cent machen

Sie haben auch schon davon gehört, oder? Es geht wieder einmal ein neuer Virus um. Er soll insbesondere junge Mediapläne der Jahrgänge 2016 und 2017 befallen. Media-Experten haben ihm bereits einen recht einprägsamen Namen gegeben: Sie nennen ihn schlicht „Print“. Und erschaudern schon beim meist geflüsterten Aussprechen seines Namens.

Dieser Print-Virus erweist sich als ungewöhnlich aggressiv. Er bewirkt zum Beispiel, dass Zeitungen durch Addition ihrer Print- und Online-Angebote eine Reichweite erzeugen, an deren Höhe niemand niemals auch nur im Traum geglaubt hätte. In den USA, wo – wie immer – der erste, mediale Infektionsherd vermutet wird, bewirkt der Virus, dass uralte, angeblich aus der Zeit gefallene Zeitungen wie die „New York Times“ und „Washington Post“ plötzlich an den Reichweiten-Königen „Huffington Post“ und „Buzzfeed“ wieder vorbeiziehen. Spötter behaupten, das läge jedoch nur daran, dass die Leser wieder mehr auf die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der Nachrichtenquellen achten. Und diese Tugenden kennt man vom Gedruckten. Die digitalen Angebote der „Washington Post“ verzeichnen im Jahresvergleich einen Nutzerzuwachs von 54 Prozent,“Buzzfeed“ und „Huffington Post“ dagegen haben jeweils zwölf Prozent verloren. Am wichtigsten aber ist: die Verweildauer der Nutzer bei den Digital-Filialen etablierter Printmedien ist viel höher als bei den rein digitalen Wettbewerbern.

Fruchtbar

Bei den Zeitschriften bewirkt der Virus eine nie zuvor dagewesene Fruchtbarkeit. Sie ist an allen Kiosken Deutschlands zu bestaunen. Landauf, landab entstehen neue, zwar sehr junge, noch pflegebedürftige, aber meist wohl überlebensfähige Titel. Sie hören auf Namen wie „Barbara“ oder „Stern Crime“ und machen nicht nur ihren Eltern bei Gruner + Jahr, sondern der ganzen Werbewirtschaft die größte Freude.

Wirkung für Media-Pläne

Da sich Wettbewerber Springer, der sich eigentlich schon längst ins digitale Nirwana verabschiedet hatte, ungerne lumpen lässt, testen sie natürlich auch dort, ob dieser Print-Virus tatsächlich eine solch erstaunliche Wirkung besitzt. Und? Ihre neue „Fußball Bild“ gedeiht prächtig. Nicht auszudenken, wenn auch weitere Verlage von diesem Virus befallen werden. Es ist stündlich mit einer Reaktion aus Offenburg oder München zu rechnen.

Für die meisten Mediapläne des 16er-Jahrgangs ist es leider schon zu spät, um sich auf die für viele überraschende Print-Renaissance einzustellen. Aber spätestens 2017 werden auch sie sich nicht entziehen können und anstecken lassen.

Die Macher dieser Mediapläne kann ich jedoch beruhigen. Im Gegensatz zur Online-Epidemie der vergangenen Jahre tut dieser neue Print-Virus nicht weh. Im Gegenteil: Marken, Markenwerte und Images erholen sich schneller wieder, sobald sie mit Print in Berührung kommen. 

Thomas Koch*

* Thomas Koch, Mediaplaner, Agenturgründer, Ex-Starcom-CEO, Herausgeber von „Clap“ und Media-Persönlichkeit des Jahres, schreibt hier regelmäßig über die Zukunft von Print. Folgen Sie Thomas Koch auf Twitter: @ufomedia

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