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Kinderzeitungen

10.04.2015 09:40

Gerne auch sehr bunt

Immer mehr Magazine und Zeitungen bemühen sich intensiv um Kinder als Publikum. Dabei müssen die Gestalter der Kindermedien darauf Rücksicht nehmen, dass ihre jungen Leser anders sehen und eine eigene Designsprache erwarten.

Buchstaben haben es nicht so einfach gegen andere optische Verlockungen. Sie haben erst die Chance wahrgenommen zu werden, wenn man sie spannend aneinanderreiht. Bilder dagegen, vor allem, wenn sie sich bewegen, flimmern und man sie auf das Handy downloaden kann, sind oft vom ersten Augenkontakt an faszinierend. Ein klarer Startvorteil, vor allem auch bei Kindern. Trotzdem versuchen immer mehr Printmedien mit eigenen anspruchsvollen Magazinen oder speziell gestalteten Ausgaben, Kinder als Leser zu erreichen und sie in Geschichten und Reportagen hineinzuziehen. Das gelingt besonders leicht mit Bildern. Aber auch dadurch, dass man Kinder als Medienkonsumenten ernst nimmt, die Inhalte zwar altersgerecht adaptiert, doch bei den journalistischen Ansprüchen keine Abstriche macht.

Ohne Gimmick

Bei all dem Inhalt für Kinder, der durch die virtuellen Medien schwirrt – die Printformate haben einen unauslöschlichen Vorteil: Sie lassen sich so gut besitzen, in den eigenen Händen halten und mit niemandem teilen. Mit ihnen kann man sich auch mal ins eigene Zimmer verkriechen. Die „Das ist meins!“- Attitüde von Kindern ist auch ein Asset der gedruckten Magazine. Auch die Marktforschung zeige das, meint Martin Verg, Chefredakteur von Geolino, das sich als Wissensmagazin an 8- bis 14-jährige Kinder wendet. Und bei schön gemachten Magazinen wird das Besitzen noch mal so schön, auch wenn die Kinder selten selbst das Taschengeld dafür abzweigen müssen. „Die Eltern sind die ‚Gatekeeper‘“, sagt Verg, sie treffen die Kaufentscheidungen, sie bestellen die Abos. Geolino etwa will sich auch gar nicht im schwierigen Feld der Impulskäufe am Kiosk mit anderen Titeln messen, mit jenen glitzernd-bunten Cover, auf denen mitunter auch billiges Spielzeug klebt. „Wir haben intern auch viel darüber diskutiert. Aber wir verzichten bewusst auf Gimmicks und Spielzeug. Das ist für uns eine Frage der Haltung“, sagt Verg. Und dazu gehört es ebenso, ein Magazin für Kinder nicht einfach als die simplifizierte Form des Erwachsenenmediums zu sehen.

Gemeinsam mit dem Alter der Zielgruppe dürfe man nicht das journalistische Niveau, inhaltliche Qualität oder gestalterische Ansprüche nach unten schrauben. „Es gibt so viele schlecht gemachte Medien für Kinder, egal ob es Apps, TV- oder Printformate sind“, meint Verg, „ich glaube, dass sich der Anspruch auch auszahlt. Selbst wenn es Kinder oft noch nicht benennen können, sie spüren das andere Niveau durchaus.“ Der häufigste Fehler bei der Gestaltung von Kindermedien sei, meint Verg, „dass man denkt, für Kinder muss man nicht so viel Geld oder Arbeit einsetzen.“

Ohne Erfahrung

Manchmal braucht es sogar besonders kreativen Einsatz. Denn altersbedingt müssen die Text- und Layoutgestalter ein paar logische Lücken schließen, die Erwachsene normalerweise locker mit Erfahrungswissen füllen. „Die Medienkompetenz ist bei Kindern natürlich nicht so vorhanden“,  sagt Verg. Da muss man an verschiedenen Punkten noch gestalterisch nachhelfen, die Augen führen, das Interesse lenken, die Leser durch die Geschichte an der Hand nehmen. Und überhaupt: Erst mal die jungen Leser in die Story hineinlotsen. Die Geschichten und der Zugang zu ihnen öffnen sich nach wie vor am leichtesten durch visuelle Reize, sagt Verg: „Was wir bei Geolino, Geo Mini und Geolino Extra ausspielen können, ist einfach unsere optische Stärke.“

Und die schlägt sich auch in den Produktionskosten nieder. „Die Fotohonorare machen schon einen beträchtlichen Teil davon aus. Auch bei der spannendsten Reportage gilt: Wenn das Aufmacherfoto nicht funktioniert, dann liest das keiner“, sagt Verg.

Das Post-it des Gestalters

Doch bei all den fotografischen Ansprüchen darf man nicht vergessen, dass die  Sehgewohnheiten von Kindern doch andere sind. Manche Fotostile und Bildeffekte können Kinder einfach noch nicht decodieren, dazu fehlt ihnen die Rezeptionserfahrung. Bewegungsunschärfe oder fehlende Tiefenschärfe gehören auch dazu. Für Kinder sind diese Bilder vor allem eines: einfach nur unscharf. Das Stilmittel der Schwarz-Weiß-Fotografie funktioniert ebenfalls nur bedingt. Die möglichst wirklichkeitsnahe Abbildung muss das Ziel sein. „Schließlich ist es manchmal auch das erste Mal für Kinder, dass sie in unserem Magazin etwa den Kopf eines Krokodils sehen“, sagt Amin Huschi, er ist Art-Direktor von Geolino Extra. Ein Post-it hat sich Huschi an seinen Monitor geklebt, damit er auch ja nicht vergisst, die zahlreichen Illustratoren angemessen zu briefen: „Satte, realistische Farben“, steht da darauf. „Damit einfach solche Dinge wie Indianer im lila Gewand nicht vorkommen“, sagt Huschi. Visuelle Faktizität gehört eben auch zum inhaltlichen Anspruch.

Katzenpfoten, Torten, Burger

Dafür muss man es etwa mit der Typografie, vor allem in den Headlines, als Gestalter eines Kindermagazins nicht gar so streng nehmen wie in Magazinen für Erwachsene, in denen Headline-Schriften vordefiniert sind, erzählt Huschi. In den letzten acht Jahren, in denen er Geolino Extra gestalterisch betreut, hat es sich einige typografische Schätze, illustrierte Schriften etwa, zusammengeklaubt. „Dann dürfen die Headline-Schriften je nach Thema auch die Inhalte visuell unterstützen“, sagt Huschi. Bei technischen Themen wie Robotern darf auch die Headline technisch wirken. Wenn es um Burgen geht, darf die Schrift auch mittelalterlich anmuten. Das Layout dagegen sollte auch von den selbst gesteckten Normen nicht ganz so beliebig abweichen. „Ich mag ein klares geradliniges Layout, das man dann den Themen entsprechend mit Beiwerk versehen kann“, sagt Huschi.

Beim Thema Katzen dürfen auch die Pfotenabdrücke quer über die Seite laufen. Und wenn das Essen im Fokus steht, wird aus dem Tortendiagramm auch mal ein Burgerdiagramm. Die Seiten des Geolino-Magazins selbst sind mit Farben unterlegt, damit die jungen Leser auch beim Blättern und Lesen zu ihrem Rhythmus finden. 

„Es ist ein Irrglaube anzunehmen, für Kinder müsse man sich nicht so viel Mühe geben. Auch was das Journalistische betrifft“, sagt Petra Prascsaics, redaktionelle Leiterin der Kinderzeitung der Kleinen Zeitung aus dem österreichischen Styria-Verlag. Kinder würden alles für bare Münze nehmen, „Erwachsene haben dagegen schon ein bestimmtes Gespür entwickelt, was stimmen kann und was nicht.“ Sie haben allerdings auch die Fähigkeit entwickelt, dieses Gespür zu unterdrücken.

Norbert Philipp

(4c Printausgabe 2/2015)

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