Inkjet
10.06.2013 13:05
Zeitung mit Düsentrieb
Der deutsche Springer-Verlag rüstet seine Zeitungsdruckmaschinen mit Inkjet-Köpfen auf. Der Verlagsriese arbeitet an neuen Ideen zur Werbevermarktung – und könnte nebenbei auch einen Aktualitätsschub für Tageszeitungen bewirken.
Inkjet-Modul bei Axel Springer: nun wird an Geschäftsmodellen für den Düsentrieb gearbeitet. © Beigestellt
Es ist – vorerst – ein Versuch. Einer freilich, dessen ökonomische Lockungen noch nicht vollends offenbar geworden sind, den der deutsche Springer Verlag aber dennoch in aller Gründlichkeit angeht: in wenigen Wochen wird der Verlag in allen seinen Druckereien Integrated Inkjet-Aggregate von Kodak, insgesamt 33 an der Zahl, installiert haben. „In Ahrensburg haben wir gemeinsam mit unseren Projektpartnern Kodak und Manroland diese Technologie zur Marktreife entwickelt. Als Hybriddrucktechnologie bietet Integrated Inkjet aus unserer Sicht enrome Gestaltungsmöglichkeiten für unsere Zeitungsobjekte. Jedes Exemplar der Zeitung lässt sich damit in Teilbereichen individualisieren. Damit bietet sich diese Technik sowohl für Gewinnspielaktionen als auch für andere innovative Vermarktungsansätze an“, sagt Thomas Drensek, Werksleiter der verlagseigenen Offsetdruckerei in Ahrensburg.
Inserate für die Gegend
Wie diese Vermarktungsansätze aussehen könnten, skizziert Manfred Werfel, stellvertretender Chef der internationalen Zeitungsorganisation WAN Ifra: „Man könnte sich vorstellen, dass damit etwa eine Supermarktkette, deren Anzeige optisch in allen Regionen gleich ist, mit lokalen Angeboten versioniert.“. Da wird dann im konventionellen Offsetdruck der Hintergrund produziert und für das Vertriebsgebiet der jeweiligen Zeitungsausgabe die Adresse der Filiale und deren Sonderangebote aufgedruckt. „Das war bisher in Zeitungen nicht möglich“, so Werfel.
Limitierungen
Die Fantasien über die ökonomischen Möglichkeiten sind derzeit noch wesentlich bunter als der Farbauftrag der Inkjetdüsen: soll das System in der gleichen Geschwindigkeit wie die Zeitungsrotation produzieren, ist nur monochromer Druck möglich. Außerdem kann mit den Kodak Prosper-Köpfen derzeit nur Streifen von etwa zehn Zentimetern Breite bedruckt werden. „Auch die Auflösung ist wohl noch nicht geeignet, um Bilder damit zu drucken, aber Texte und einfarbige Grafiken, wie zum Beispiel eine Anfahrtsskizze, funktionieren, wie ich das gesehen habe, schon sehr gut“, fügt Manfred Werfel hinzu.
Aktueller denn je
Unter Umständen lassen sich die Inkjet-Installationen auch für den redaktionellen Inhalt der Zeitung nutzen: „Integrated Inkjet erlaubt uns, Zeitungsexemplare zu individualisieren. Dies ist ein großer Schritt weg von der Produktion inhaltlich absolut einheitlicher Teilauflagen. Aus unserer Sicht stehen wir hier am Anfang einer Entwicklung. Weitere Schritte wie Regionalisierung und Personalisierung können folgen, wenn es uns gelingt, die damit verbundenen Herausforderungen in Weiterverarbeitung und Logistik zu bewältigen“, so Thomas Drensek. Gerade für eine Boulevard-Zeitung wie die „Bild“ mit ihrem hohen Aktualitätsanspruch ergibt sich da eine günstige Konstellation aus Technologie und Inhalt: Texte könnten aktualisiert oder auf as jeweilige Verbreitungsgebiet abgestimmt werden, ohne die Maschine überhaupt anhalten zu müssen.
Auf „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann, derzeit auf Fact Finding-Mission im kalifornischen Silicon Valley und da vor allem mit virtuellen Geschäftsmodellen beschäftigt, wartet eine zweifellos spannende Aufgabe.