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30.05.2011 07:48

Bald geht's um den Wald

Schon jetzt zeichnet sich ein Kampf um die grüne Ressource Wald zwischen Papierindustrie und anderen Branchen ab. Und die Papierindustrie droht das Gerangel um die Rohstoffe zu verlieren. Fürchtet jedenfalls Sappi-Chef Berry Wiersum. Von Martin Schwarz

Sappi iPadDas Sappipad: Nicht nur die Online-Nutzung setzt der Papierindustrie zu, sondern auch andere Branchen, die mit Bits und Bytes nicht unbedingt etwas zu tun haben. © Martin Schwarz
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Berry Wiersum beherrscht beides: Forte und Piano. Als angeblich sehr ambitionierter Klavier – und Geigenspieler muss der Chef von Sappi Europe auch mit den unterschiedlichen Lautstärken-Anweisungen am Notenblatt umgehen können. Aber auch in seinem Job versteht sich Wiersum perfekt auf den effektvollen Wechsel zwischen Laut und Leise. Bei der letzten Jahrestagung der PRIMA (Paper and Related Industries Association), einem zahlenmäßig überschaubaren, aber teilweise recht exklusiven Club von europäischen Papier – und Medienmanagern, hat Wiersum seine Tugenden wieder gut ausspielen können. Ganz bescheiden meinte er kurz vor seiner Keynote in einem Berliner Hotel zu den Umstehenden, dass man ihn jetzt „unglücklicherweise“ 30 Minuten lang zuhören müsse, um dann in seiner Keynote ein fein abgestimmtes argumentatives Crescendo über die künftigen Herausforderungen der Papierindustrie anzustimmen.

Eine thematische Konstante der letzten Jahre bei den jährlichen Treffen der PRIMA-Mitglieder, die immer bedrohlicher werdende Konkurrenz durch Online-Medien, spielte bei Wiersums Vortrag eine eher untergeordnete Rolle. Vielmehr echauffierte sich Wiersum – und da wechselte er unmissverständlich ins Forte – über den Kampf um die Ressourcen Wald und Zellstoff, die der Papierindustrie in den nächsten größere Sorgen bereiten dürfte. Auch, weil Holz als Energieträger, aber auch Rohstoffresource für andere Branchen immer mehr Bedeutung erlangen wird. „Was man aus Öl machen kann, kann man auch aus Holz machen“, meint Wiersum. Und befürchtet jetzt schon, dass Energieunternehmen, aber auch Textilindustrie „Konkurrenten der Papierindustrie bei der Holz-Gewinnung werden“. Bloß ist die neue Konkurrenz leider liquider als die Papierindustrie.

Wenn immer mehr Branchen die Ressourcen anzapfen, werden „wir schon bald nicht genug Wald zur Verfügung haben“: Schon im Jahr 2020 könnten in Europa rund 200 bis 260 Millionen Kubikmeter Holz fehlen, um die Nachfrage befriedigen zu können. Profitieren werden davon die Forstwirtschaft wie auch die Zellstoffindustrie, die für ihre Produkte ganz neue Märkte entdecken wird und die Preise immer offensiver wird treiben können. „Wenn Sie Zellstoff herstellen, werden Sie auch in den nächsten Jhren viel Freude haben“, sagt Berry Wiersum. Leiden wird darunter die Papierindustrie. Das Phänomen hat schon begonnen, auf den Markt durchzugreifen: Während die Preise für viele Papiersorten seit Jahren praktisch stagnieren, finden sich jene für Zellstoff jedenfalls seit Mitte 2009 im Aufwind.

Vielleicht tobt der wirklich entscheidende Kampf künftig ja nicht zwischen Online und Offline, sondern dort, wo sich mehrere Branchen um die Ressource Wald balgen. Schön, dass Wiersum bei diesem Thema ins Forte gewechselt hat, denn sonst übertönt das Rauschen des Webs und der Angstreflex der Print-Branche allzu oft solche Themen.

 

4c ist Medienpartner der alljährlichen Jahreskonferenzen der PRIMA.