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Magazin-Launch

22.01.2012 19:49

Nur für Leser

Ein Schweizer Magazin entzieht sich bedingungslos den gestalterischen und inhaltlichen Regeln, die Printmedien heute übergestülpt werden. Das Ergebnis ist ein visuelles Vergnügen. Obwohl es eigentlich nicht viel zu sehen gibt.

Der Satz hat Gewicht, bleischwer klingt er in seiner Bedeutungsmächtigkeit. „Wir wollen die Welt abbilden“, sagt Daniel Puntas. und er sagt es mit einer Selbstverständlichkeit im Ton, die schon erahnen lässt, dass dieser Anspruch einfach nicht verhandelbar ist.

Im Herbst des vergangenen Jahres hat Daniel Puntas Bernet, ehemaliger Redakteur der „Neuen Zürcher Zeitung“, ein Magazin gegründet, das sich so ziemlich jeder gestalterischen oder inhaltlichen Regel widersetzt, die heute für den Launch eines – auch ökonomisch - erfolgreichen Printproduktes  als unverzichtbar gelten: Puntas` Magazin „Reportagen“ ist provokant zeitlos, reizend effektfrei, erstaunlich farblos und unanständig teuer gemacht. Das alles erklärt Puntas mit einem anderen, fast ebenso credohaften Satz: „Wir glauben, dass ein starker Text wie Kino im Kopf ist“. Der ganze Glaube materialisiert sich nun in einem zweimonatlich erscheinenden Print-Hybrid aus Buch und Magazin: gedruckt im A5-Format auf dickem, hochwertigem, ungestrichenem Papier, gefasst in einen Leineneinband, klebegebunden, völlig ohne Fotos auskommend, ausschließlich in Schwarz und Gründ gehalten, von würdevoller Typografie dominiert, 128 Seiten stark.

Fotolos

Der Umstand, dass ein Magazin, das ausschließlich textlich opulente Reportagen bringt, völlig ohne Fotos auskommt, hat Puntas schon kurz nach der Gründung einige Aufmerksamkeit beschert. Angeblich, weil Fotos zu teuer wären für den Entrepreneur, hätte er auf Fotografien verzichtet, hieß es. Ganz so ist das freilich nicht. Wie alles bei Bernets erstaunlichem Projekt lässt sich auch dieser Verzicht auf ein gedankliches Konstrukt zurück führen: „Bei guten Texten reicht eine Illustration. Wenn es zu viele aufmerksamkeitsstarke Bilder gibt, liest man vielleicht den Text nicht mehr“, sagt Puntas.

Zeitlos

Es ist auch ein – vielleicht so nicht beabsichtigtes - Dokument des Widerstands gegen die modernen Regeln des Magazinmachens, das Puntas mit seinem „Reportagen“-Magazin vorlegt. Kein einziger der Texte findet seine Rechtfertigung im auf – und abschwellenden Aufmerksamkeitspegel anderer, schnellerer Medien, jeder Text ist von totaler Zeitlosigkeit und trotzdem nicht unaktuell. Da geht es um eine St. Petersburger Wohngemeinschaft, einen Wochentrip einer koreanischen Reisegruppe durch halb Europa, um Menschen, die sich im grünen Gürtel Berlins ansiedeln. Die ganze Welt wird also wirklich abgebildet, wenn auch nur punktuell. Wer so global ist, dem fällt es offenbar auch gestalterisch schwer, im Magazin thematische Schoten einzuziehen: eine Navigation oder Blattteile gibt es nicht. Mitunter übertreibt es Puntas aber auch mit seiner Bedeutungssuche. Den Text über St. Petersburg durchziehen Textpassagen, die von der schwarzen in grüne Schrift chargieren. Das sollten jene Passagen sein, in denen es um die untergegangene Sowjetunion geht. Sieht aber eher aus wie schlechtes Farbmanagement des Druckers. „Verstanden hat das keiner. Das war ein Fehler“, sagt Puntas. Und auch da ist er sich sehr sicher. Im Nachhinein wenigstens.

 

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