Business Blog
19.08.2012 23:58
Kein Friseur unter dieser Adresse
Auch ein Unternehmen, dessen Erfolg auf tendenziell humorlosen Algorithmen basiert, bewies in der Vorwoche Sinn für Ironie: Google argumentierte in Print-Inseraten, warum Werbung im Web so wirksam ist.
Print-Werbung für Web-Werbung: Google-Inserat in einer kanadischen Tageszeitung. © Beigestellt Noch zu haben: Harry`s Haircuts-Domain aus der Google-Werbung. © 4c
Vom Suchmaschinengiganten Google darf man folgendes getrost annehmen: dass man in einem Unternehmen, dessen Gedeih und Verderb großteils mathematischer Präzision -genauer: Algorithmen – ausgesetzt ist, auch ziemlich genau Bescheid weiß über die Wirksamkeit von Werbung. Man hat ja auch jahrelang Erfahrung gesammelt damit und die Präzision des eigenen Adword-Programms immer mehr verfeinert.
In der Vorwoche nun ist Google in einen Medienkanal eingetaucht, dessen ökonomische Fließrichtung dem Web-Giganten eigentlich nicht zupass kommt: Print. In großflächigen Inseraten unter anderem in der kanadischen Tageszeitung „The Globe and Mail“ argumentierte Google, warum Werbung mit dem eigenen Adwords-Programm die effizienteste aller von Menschenhand geschaffenen Möglichkeiten ist, seine Zielgruppe zu erreichen. Der eingängige Spruch dazu: „Wissen Sie, wer einen Harrschnitt braucht? Menschen, die nach einem Haarschnitt suchen.“ Und Menschen, die auf Google nach einem Friseur suchen, werden eben auch bezahlte Adwords von Friseuren eingeblendet – im abgedruckten Google-Adword in dem Sujet ist es „Harry`s Haircuts“.
Die Nutzung von Gedrucktem für ein Programm wie Google Adwords ist ein kompromissloser Beweis für dreierlei: Google schwingt sich damit zum Kronzeugen für die Wirksamkeit von Print-Werbung auf, denn wenn schon die Server-Dompteure Gedrucktes für ihre Interessen nutzen, so ist das ein argumentatives Gottesteilchen für Print-Advokaten. Google anerkennt damit auch in einem gewissen Maße, dass Printwerbung einen für Konsumenten inspirierenden Charakter hat und – so sie gut gemacht ist – einen Bedarfsimpuls auslösen kann, während Programme wie Adwords eben nur jene Menschen zu Harry`s Haircut führen, die ohnehin schon wissen, dass sie eine Oberflächenbehandlung des Hauptes benötigen. Und Google beweist zu guter Letzt auch noch das Gespür für eine weitere Dimension feiner Ironie: die im Sujet angegebene Webadresse von Harry`s Haircuts gibt es nämlich nicht. Menschen, die einen kanadischen Haarschnitt brauchen und also nach einem Friseur bei Google suchen, werden dieses Suchergebnis also nicht finden können. Wer jetzt übrigens die entsprechende Domain kaufen möchte: sie kostet 99,- Euro im Jahr.
Martin Schwarz