App-Entwicklung

02.01.2014 11:31

Neues aus Salzuflen

Aus einem öden pdf eine unterhaltsame, interaktive App zu bauen, ist keine Geheimwissenschaft mehr. Selbst für kleinere und regionale Verlage haben Dienstleister mittlerweile Lösungen entwickelt, deren Kosten einigermaßen überschaubar sind.

pressmatrix, app, ipad, zeitungApp von Pressmatrik: rund 425 Euro an Kosten pro Ausgabe. © Beigestellt

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Zumindest da gleichen sich beinahe alle Zeitungen und Zeitschriften: die Publikation als bloßes pdf wird von den Lesern einfach nicht adoriert. Jeder weiß: da muss sich etwas ändern. Doch erst jetzt beginnt die Digitalisierung der Druckprodukte und deren perfekte Ausgabe im responsiven Design über Tablet und Smartphone das öde pdf abzulösen. Das Problem war bisher: Durch den nur langsamen Rückgang der Druckauflagen gingen die Verlage auch die digitalen Komplementärprodukte relativ gemächlich an. Daniel Höpfner, Geschäftsführer des Berliner App-Dienstleisters Pressmatrix, wählt dafür ein etwas drastisches Bild:„Verlage haben ein ernsthaftes Problem. Die Auflagen fallen jedes Jahr kontinuierlich. Das ist wie ein Frosch im Wasserbad, das langsam immer heißer wird.“ Für Abkühlung und Vermeidung des wirtschaftlichen Exitus ist die Ausarbeitung digitaler Geschäftsmodelle deshalb unumgänglich. Pressmatrix sieht sich hier mit seiner gleichnamigen Software als ein Lösungsanbieter, der Medienunternehmen schnell und unkompliziert in die digitale Gegenwart holt. Die Referenzliste der Berliner kann sich bereits sehen lassen. Allerdings: Die Anzahl der Zeitungskunden ist gering, die an Zeitschriftenkunden dagegen umfangreich. Woran das liegt? Höpfner: „Wir haben den größten Erfolg im Bereich der Zeitschriften. Deren bildstarkes Layout und das iPad passen einfach hervorragend zusammen.“ 

Kleine gibt’s nicht mehr

Salzuflen, Bielefeld, Detmold, Lemgo und Blomberg: die Weltgeschichte war  im Berichtsgebiet der Lippischen Landeszeitung in diesem Jahrhundert eher nur auf Durchreise. Und dennoch gilt die Lippische Landeszeitung als geradezu forsch bei der Adoption digitaler Publikationsmodelle. Die Leiterin Online und Neue Medien Christina D’Ilio weiß, dass Leser völlig zu Recht zeitgemäße, aktuelle digitale Ausgaben von lokalen Nachrichten und ihrer Zeitung erwarten: „Entscheidend ist dabei, dass die Darstellung der Inhalte auf das jeweilige Endgerät optimiert ist. Aus diesem Grund haben wir uns gegen eine klassische ePaper-App mit einer 1:1-Kopie der gedruckten Zeitung entschieden.“ Entschlossen hat man sich zur Implementierung der Software CX Digital von Ppi Media. Für die Hamburger Software-Schmiede sind Verlage mit regionalem Verbreitungsgebiet sehr interessant, erklärt Jan Kasten, Produktmanager bei Ppi Media: „Sie können durch besondere Produkte wie etwa eine digitale Exklusiv-Ausgabe ihrer Zeitung am Sonntag ihre Kompetenz in einem regionalen Umfeld beweisen.“ 

Mehr als übliche Druckprodukte

Daniel Höpfner bezeichnet Pressmatrix fröhlich bereits als „eine Art Druckerei des 21. Jahrhunderts“. Das Unternehmen hat sein Preismodell an drei klassischen Zielgruppen ausgerichtet. Zum einen sind das kleine Verlage etwa mit Stadtmagazinen. Die werden häufig kostenlos verteilt und erscheinen in größeren Abständen, meist 14-tägig oder monatlich. Ein gutes Dutzend an Kunden nutzt hier die Pressmatrix-App. Die zweite Kundengruppe sind klassische Publikumszeitschriften, von Focus Money über die Geo-Reisezeischrift bis zur „Frau im Spiegel Royal“. Als zunehmend wichtig hat sich zudem der Bereich Corporate Publishing herausgestellt. Die Unternehmenszeitschriften erscheinen oft nur viertel- oder halbjährlich. Zusätzlich zu klassischen Verlagsanwendungen wird die Pressmatrix-App wie beim Fußball-Leitmedium „Kicker“, auch zur Archivierung von Zeitschriftenjahrgängen eingesetzt. An Bedeutung gewinnt zudem der Bildungsbereich im Bereich eLearning.

Baukastenprinzip ist angesagt

Was bieten die neuen Apps? Neben einem responsiven Design geht der Trend dazu, das oft verschmähte Basis-pdf mit Features nach Bedarf aufzupeppen. Die Software-Spezialisten von Ppi Media etwa besitzen seit langem die Rechte am Source Code und an der Vermarktung der Lösung Ditto Publisher. Die Software hat man bei Ppi Media weiterentwickelt, sie heißt CX Digital und wurde benutzerfreundlich in die redaktionelle Lösung Content-X integriert. Der Ditto Publisher läuft als Hosted Solution und ist per XML-Schnittstelle mit dem Redaktionssystem verbunden. Die Ergebnisse dieser Weiterentwicklung kommen im Projekt mit der Lippischen Landes-Zeitung erstmalig zum Tragen. „Dazu gehört zum Beispiel die Integration von Live-Feeds in die Seiten der Tageszeitungs-App als auch die Möglichkeit, automatisch heruntergeladene pdf-Ganzseiten innerhalb der nativen App zu lesen und mit entsprechenden Bookmarks zu markieren“, erklärt Jan Kasten. Einem ähnlichen Baukasten-Prinzip folgt die vom Pressmatrix-Team entwickelte Lösung. Die webbasierte SaaS-Publishing-Plattform, bei der vom Verlag die Pressmatrix-Cloud genutzt wird, wandelt Zeitschriften, Broschüren und andere Print-Publikationen innerhalb einiger Minuten in interaktive Apps für Tablets, Smartphones und Web-Browser um. Zur App-Realisierung wird in der Standardvariante ein pdf hochladen und dann um mediale und interaktive Features ergänzt. Slideshows und Videopanorama-Bilder lassen sich einbinden, Kreuzwort- und Sudokurätsel werden digitalisiert oder der Chefredakteur liest sein Editorial in Ton und Bild vor. Gefragt ist hier vorab die Redaktion. Sie entscheidet, welche Bilder in der Digitalausgabe verwendet und welche Artikel individualisiert werden sollen. Diese Individualisierungen betreffen ebenso die Werbung. Darauf haben sich die App-Anbieter eingerichtet. So lässt sich an Pressmatrix ein Admanagement-Tool anschliessen. Die digitalisierte Form der gedruckten Anzeige wird beispielsweise mit Links angereichert. Annoncen und Banner können in die App integriert werden und natürlich lässt sich nachvollziehen, ob und wie die Anzeigen vom User geklickt wurden.

Erfolg ohne Voraussetzungen? 

Wie schön: Können muss der Verlag zur App-Umsetzung fast nichts. Beteuern jedenfalls die IT-Spezialisten. Schulungen, meist webbasiert, bieten sie den Verlagen natürlich schon an. Der Verlag muss jedoch keine besonderen Voraussetzungen zur App-Integration mitbringen. Ppi Media betreibt im Auftrag des Verlags eine Amazon Cloud, die den Lesern der App die Inhalte automatisch zur Verfügung stellt. Der Verlag wiederum sorgt dafür, dass die Inhalte, also Texte, Bilder, adäquate Medienformen wie 2D/3D-Grafik oder Animation und Audio sowie Video aus dem hauseigenen Web-CMS oder Redaktionssystem als XML-Dateien zur Verfügung gestellt werden. Lohnt sich das Produkt also für jeden Verlag? Für Kasten lohnt sich die Investition in CX digital immer dann, „wenn der Verlag eine Strategie verfolgt, die auf Medienkonvergenz und auf seine lokale Kompetenz setzt.“ Der Publikationsprozess selbst ist einfach und hochautomatisiert, beteuert Produktmanager Kasten. Das mag stimmen, wenn die Workflows –auch im redaktionellen Bereich- reibungslos laufen. Für Verlagsmanagerin Christina D’Ilio ist indes klar: wer sich ernsthaft und nachhaltig im digitalen Verlagsgeschäft behaupten will, muss seine Workflows darauf ausrichten. „Die Arbeit der Redaktionen verändert sich derzeit hin zu einer medienneutralen Bereitstellung der Inhalte. Diese Veränderungen sind für die Produktion digitaler Publikationen unerlässlich. Von dieser Entwicklung profitiert auch die neue App.“

Preis kein K.O.-Kriterium

Ein attraktives Produktangebot für die Verlage will Pressmatrix mit dem Faktor Preis schaffen. Die Berliner werben ganz offen mit ihrem Preismodell im Internet. „Für unter 5000 Euro im Jahr ist ein digitalisiertes Magazin zu realisieren“, erklärt Höpfner. Je mehr Ausgaben jährlich erscheinen, desto geringer wird der Preis pro Ausgabe. Als Größenordnung kann man sich in der Kategorie Bezahl-Zeitschrift je App-Ausgabe auf einen Preis ab 425 Euro einstellen. 

Ingo Woelk

(4c Printausgabe 8/2013)

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Rene Hörmann Brillant (0)Unnötig (0) Antworten 13.01.2014 16:27 Kommentar melden Permalink
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