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Einkaufsagenturen

22.11.2013 10:47

"Wir kritisieren nicht das Geschäftsmodell"

Holger Busch, Geschäftsführer des bayerischen Verbandes Druck und Medien im 4c-Gespräch über die Massenausschreibungen der Einkaufsagenturen, ihren Einfluss auf das Preisgefüge und den unanständig hohen Kalkulationsaufwand der Druckereien.

holger busch, verband, bayern, druck, medien, einkaufsagenturenVerbandschef Busch: "Einkaufsagenturen sind gut beraten, ihr Ausschreibungsverfahren kritisch zu überprüfen, wenn sie verhindern wollen, dass sich namhafte, leistungsstarke und hoch produktive Druckereien nicht mehr an diesen Ausschreibungen beteiligen." © Beigestellt einkaufsagenturen, 4c, 8 2013, titelstory, coverUnsere Ausgabe 8/2013: in der Titelstory wird das Geschäftsmodell der Einkaufsagenturen seziert. © 4c

4c: Sie haben sich gegen die „Massenausschreibungen“ von Einkaufsagenturen gewandt. Üblicherweise bedeuten breite Ausschreibungen als Merkmal einer gewissen Transparenz – etwa wenn das die öffentliche Hand macht. Was konkret ist falsch an den Massenausschreibungen?

Busch: Öffentliche Ausschreibungen sind im Grundsatz nicht zu kritisieren. Hier geht es aber gar nicht um öffentliche Ausschreibungen, an denen sich jeder Interessierte beteiligen kann. Hier geht es vielmehr um eine gezielte Ansprache von bestehenden oder potenziellen Geschäftspartnern, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden. Üblicherweise liegt einer solchen gezielten Anfrage ja eine erste Vorauswahl zugrunde, sodass in der Regel eine gute Handvoll von Dienstleistern angefragt wird. Bei einigen Einkaufsagenturen im Druckgewerbe sieht das deutlich anders aus. Ich kann jedenfalls Druckereien sehr gut verstehen, die sich angesichts einer dreistelligen Anzahl von angeschriebenen Geschäftspartnern Gedanken über die möglichen Erfolgsaussichten für die Auftragsvergabe machen. Vor diesem Hintergrund sind auch die Einkaufsagenturen gut beraten, ihr Ausschreibungsverfahren kritisch zu überprüfen, wenn sie verhindern wollen, dass sich namhafte, leistungsstarke und hoch produktive Druckereien nicht mehr an diesen Ausschreibungen beteiligen.


4c: Sie kritisieren ja auch die vielen Einzelpositionen, die Druckereien berechnen müssen, um an einer Ausschreibung teilnehmen zu können. Aber in anderen Branchen, wo es auch um komplexe Dienstleistungen geht, ist das auch üblich. Was ist daran auszusetzen?

Busch: Zunächst einmal gar nichts. Je detaillierter die Anforderungen werden, desto präziser lassen sich auch die Angebot in den Druckereien kalkulieren. In dem von uns konkret kritisierten Fall ging es um die Kalkulation von über 14.000 Einzelpositionen. Das verursacht bei den teilnehmenden Druckereien einen erheblichen Kalkulationsaufwand. Der wird immer dann gerechtfertigt sein, wenn es auch substanzielle Erfolgsaussichten gibt. Das wiederum hängt aber unmittelbar mit der Anzahl der angeschriebenen Unternehmen zusammen. Wir kritisieren also nicht das Geschäftsmodell an sich, sondern den – aus unserer Sicht nicht angemessenen – Umgang damit. Partnerschaft basiert auf Vertrauen und setzt Transparenz voraus. Angesichts des erheblichen Kalkulationsaufwandes in den Druckereien sollte man diese in jedem Fall auch über die Anzahl der angeschriebenen Druckereien informieren.

4c: Die Kritik des Verbandes richtet sich auch gegen die Preise, die Einkaufsagenturen erzielen. Doch uns hat etwa ein Drucker erzählt, dass die Preise im Vergleich zu anderen durchaus "auskömmlich" sind und schließlich muss niemand den so zustande gekommenen Auftrag annehmen. Welche strukturellen Probleme des Gewerbes werden da offenbar?

Busch: Selbstverständlich steht es jedem Unternehmen frei, sich für die Vergabe und Abwicklung von Druckaufträgen der Dienstleistung von spezialisierten Einkaufsagenturen zu bedienen. Das gibt es ja nicht nur im Druckereigewerbe. Durch das mehrstufige Bieterverfahren realisieren die Einkaufsagenturen für ihre Kunden häufig sehr günstige Preise. Druckereien, die sich an diesen Bieterverfahren beteiligen, wissen sehr genau, dass sie über diese Aufträge keine Spitzenmargen realisieren, sondern vor allem Auslastung und Volumen generieren. Ob sich das wirtschaftlich rechnet, muss am Ende jede Druckerei selbst entscheiden.

4c: Mit welchem Leistungsversprechen treten diese Agenturen eigentlich beim Kunden an - ist es nur der Preis oder kann der Kunde auch etwas anderes erwarten?

Busch: Auch die Einkaufsagenturen haben den Anspruch, für ihre Kunden am Ende die optimalen Dienstleister auszuwählen. Das gilt für den Preis genauso wie für die Qualität, die Zuverlässigkeit und die Termintreue. Gleichwohl werden Einkaufsagenturen – wie der Name schon verrät – vor allem eingeschaltet, um die Wirtschaftlichkeit und die Einkaufskonditionen zu optimieren.

4c: Man hat uns erzählt, dass Agenturen ihre Kunden auch dazu ermutigen, die Bandbreite der Produkte, eventuelle Spezialitäten etwa, zu reduzieren. Was bedeutet das eigentlich für Print, wenn es zu einer Verengung der Vielfalt kommt?

Busch: Bei sehr breiten Angebotsausschreibungen haben Druckereien häufig auch die Möglichkeit, Angebote zu einzelnen Körben abzugeben, wo sie sich selbst am wirtschaftlichsten sehen. Für die Einkaufsagentur hat das den Vorteil, die jeweils effizientesten Anbieter auswählen zu können. Für die Druckerei führt das zwangsläufig dazu, dass sich das eigene Angebots- und Erlösspektrum verringert. 

4c: Welchen Anteil haben Agenturen, die ja vor allem für große Konzerne aktiv werden, eigentlich am Preisverfall für Druckdienstleistungen insgesamt? Schließlich werden da viele Millionen vergeben, das wird vermutlich auch insgesamt das Preisgefüge beeinflussen.

Busch: Selbstverständlichen haben große Einkaufsagenturen, die für große Auftraggeber im Markt unterwegs sind, einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Preisgefüge im Markt insgesamt. Dass viele Druckereien mit sinkenden Absatzpreisen zu kämpfen haben, ist hinlänglich bekannt. Man mag das bedauern oder nicht: Da spielen Einkaufsagenturen natürlich auch eine Rolle.

4c: Wenn Agenturen ihren Kunden 15-18 Prozent Einsparung versprechen können, dann muss doch grundsätzlich davor bei den Preisverhandlungen zwischen Drucker und Kunde eine gewisse Schieflage entstanden sein - und der Kunde sich denken, dass er bisher schlecht verhandelt hat. Was raten Sie Druckereien, um so etwas zu vermeiden und nachträglichen Frust beim Kunden zu verhindern?

Busch: Nicht zuletzt Dank der wachsenden Marktanteile der Internetdruckereien ist das Preisgefüge für Druckdienstleistungen heutzutage für jedermann transparent nachvollziehbar. Druckereien sind daher gut beraten, ihre Preise gegenüber ihren Kunden vor dem Hintergrund des eigenen Leistungsspektrums klar und transparent zu begründen. Wir sehen nämlich, dass auch in Zeiten der Internetdrucker viele Kunden auf ihren bewährten stationären Druckpartner setzen, um so das notwendige Leistungsspektrum an Beratung, an Druckqualität und an weitergehenden Dienstleistungen ausschöpfen zu können.

4c: Unter welchen Umständen können Sie Druckereien empfehlen, mit Einkaufsagenturen zusammen zu arbeiten? In welcher Situation muss eine Druckerei sein, damit sich das rechnet?

Busch: Das hängt in erster Linie vom Geschäftsmodell und der Geschäftsentwicklung ab. Wer Auslastung und Volumen unter Inkaufnahme niedriger Margen sucht, kann bei der Auftragsvergabe großer Einkaufsagenturen durchaus fündig werden. 

4c: Wie beurteilen Sie den Umstand, dass Druckereien ja durch die Agenturen jeden Kontakt zum Endkunden verlieren, nur noch verlängerte Werkbank sind, sich nur mehr mit Maschinenkapazität einbringen können?

Busch: Erfolgreiche Druckereien verfügen in der Regel immer über exzellente direkte Kundenkontakte. Hier kann die Druckerei ihr vorhandenes Medien Know-how einbringen, so entstehen Vertrauen und Kundenbindung. Ich halte den direkten Kundenkontakt auch deswegen für so immens wichtig, weil nur so die Druckerei die wirklichen Probleme des Kunden verstehen kann und dadurch von sich aus Lösungen anbieten kann, die erstens den Kunden am Ende wirklich zufriedenstellen und zweitens nicht selten über das ursprünglich angedachte Leistungspaket deutlich hinausgehen. Wer darauf verzichtet, limitiert sein Geschäftsmodell und reduziert seine zukünftigen Erlösfelder.

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