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Creative Printing 2013

18.07.2013 08:27

Prall gefüllte Auftragstaschen

Ob und wie Print außerhalb von Nischen überhaupt noch wachsen kann, war zentrale Frage bei der Creative Printing 2013. Branchengrößen wie Werber Thomas Koch, Spiegel-Artdirektor Uwe C. Beyer oder Elanders-Chef Peter Sommer suchten nach Antworten. Und eingie fanden auch welche.

Wahrscheinlich war Peter Sommer gar nicht so unglücklich darüber, dass er nicht einmal gefragt wurde. Als die Freundin seines Sohnes kürzlich eine Ausstellung organisierte und Einladungen und Flyer zu drucken waren, fragte sie ihren möglichen Schwiegervater in spe erst gar nicht, ob er das übernehmen könnte. Statt dessen bediente sie sich bei einem Onlinedrucker. Auftragswert: rund 50 Euro. „Dafür zahlt es sich ja eigentlich nicht mal aus, eine Auftragstasche anzulegen“, sagt Sommer, Vorstand beim europäischen Druckkonzern Elanders und für die deutschen und den ungarischen Standort verantwortlich.

Facebook-Buch

Die binnenfamiliäre Anekdote diente Peter Sommer als Enleitung für seinen Vortrag bei der Creative Printing 2013. Um Wachstum außerhalb von Nischen sollte es bei dieser von 4c veranstalteten Konferenz Ende Mai in Wien gehen und Sommer präsentierte gleich zu Beginn, wie das Wachstumsfeld Web to Print auch für Druckereien mit der Struktur von Elanders bestellt werden kann. Gemeinsam mit der Deutschen Post und Facebook hat Elanders das Projekt socialmemories.de gestartet. Die User von Facebook konnten sich ihre Online-Chronik in dem sozialen Netzwerk als Buch drucken lassen. Innerhalb weniger Tage nach Start des Services wurden 19.000 Bücher produziert. Für Sommer ist der Druck der Facebook-Bücher bestimmt ein besseres Geschäft als die Einladungen zur Ausstellung der Schwiegertochter in spe.

Gebrauchsanweisung zum Geld verdienen

Wiewohl es vielleicht nicht unbedingt am Scheitelpunkt visuellen Vergnügens angesiedelt sind, hat Peter Sommer auch mit einem anderen Geschäftsfeld ganz besonders große Freude: 1,4 Milliarden Seiten im Digitaldruck produziert Sommer pro Jahr an Gebrauchsanweisungen und Anleitungen für Autos oder Küchengeräte – ein jährlicher Umsatz von 24 Millionen Euro wird damit generiert. Sommer sagt: „Geld wird bei diesen Produkten nicht mit dem Drucken oder Binden verdient, sondern mit der Übernahme der gesamte Supply Chain. Und je höher der Faktor IT, desto höher auch die Profitabilität“. Soll heißen: die richtige Bedienungslanleitung wird, gesteuert durch ein aufwändiges IT-System, auch zur richtigen Waschmaschine geliefert oder zum richtigen Automobil. Für die Produktion der Facebook-Bücher gilt wohl ebenso: das Geld wird nicht an der Druckmaschine verdient, sondern wohl eher am Weg der Daten in den Drucksaal und an der Logistik der Bücher zum Facebook-Freund.

Es sind solche Storys und Redner wie Peter Sommer, die auch in diesem Jahr wieder mehr als 160 Gäste aus fünf europäischen Ländern in das Stadttheater Wien zur Creative Printing 2013 gelockt haben. Dabei sind es nicht nur Druckdienstleister, die diese Konferenz fix in ihren Terminkalender einplanen, sondern ebenso viele Printbuyer, Designer und Marketing-Experten.

Tipps vom Printbuyer

Wohl für Druckdienstleister von besonderem Interesse war in diesem Jahr indes der Vortrag von Joachim Plutta, Media Purchase Manager beim deutschen Handelsriesen Metro Group. Plutta, der für den Metro-Konzern immerhin ein jährliches Papiervolumen von 350.000 Tonnen verdrucken lässt, erzählte, wie optimierbar die Präsentation von Druckereien gegenüber Printbuyern wie ihm ist. Wenn Plutta etwa bloß ein PDF der Imagebroschüre einer Druckerei erhält statt sie gedruckt in Händen halten zu können, dann ist das so ein Fall, wo er Spielraum zur Perfektion ortet. Und Plutta kritisierte deutlich die Hinweise von Druckereien, Qualität und Termintreue zu bieten. „Das sind Selbstverständlichkeiten“, meint Plutta, auf die hinzuweisen vermutlich kaum Eindruck macht bei erfahrenen Printbuyern. Außerdem rät er den Verkäufern von Druckereien, sich intensiver mit ihren Gesprächspartnern zu beschäftigen, zu wissen, welche Anforderungen er hat, ein Produkt heraus zu greifen und dem Printbuyer Vorschläge zur Verbesserung zu machen.

Warren Buffett hat recht

Ein Plädoyer für Print hielt bei der Creative Printing in diesem Jahr der deutsche Mediaplaner Thomas Koch, eine Legende unter den Werbern im deutschsprachigen Raum. Er hat in seinem Berufsleben schon rund drei Milliarden Euro an Print-Werbevolumen verteilt und zeterte wortreich gegen jene Zeitungsverleger, die ihr Geschäft ausschließlich auf Digitales ausrichten, ohne überhaupt noch ein Geschäftsmodell dafür zu kennen. Koch hat einen mächtigen Kronzeugen für sein Plädoyer: Rainer Esser, den Geschäftsführer der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“. Der meinte erst im Herbst vergangenen Jahres im Interview mit 4c: „Wer sein Kerngeschäft vernachlässigt, sollte es nicht kleinreden, sondern die Klappe halten. Wer sein eigenes Geschäft, das so viel Erfolg gebracht hat, schlecht redet, ist schizophren und dumm.“ Dass der US-Milliardär Warren Buffett, üblicherweise gesegnet mit einem untrüglichen Instinkt für Profite, ständig neue US-Lokalzeitungen kauft, ist für Werber Thomas Koch ebenfalls ein Indiz für die Überlebensfähigkeit gedruckter Information. 142 Millionen US-Dollar hat Buffett für insgesamt 63 lokale US-Zeitungen bezahlt. “Er weiß um den Wert der lokalen Zeitung. Er weiß, dass ihr Wert höher ist als der von Fernsehen - und dass Online lokal bis heute nicht mithalten kann.”, so Koch über Buffett. Koch ist viel unterwegs, meist in Weltgegenden, die wenig stabil und meist wirtschaftlich am Boden liegen. Dort berät er junge Zeitungsgründer. Und er weiß: „Im Irak, in Ägypten, Libyen und Georgien, selbst im Süd-Sudan, einem der ärmsten Länder der Welt, erlebe ich mehr Print-Zukunft als im deutschsprachigen Raum."

Sanfter Relaunch 

Ein deutschsprachiges Medium, das ein wenig in Turbulenzen geraten ist und mehr als 65 Jahre nach seiner Gründung nach einer visuellen und vielleicht auch inhaltlichen Politur trachtet, ist der Hamburger “Spiegel”, das vielleicht einflussreichste Nachrichtenmagazin im deutschsprachigen Raum. Doch die Auflage sinkt. Und erst vor wenigen Monaten mussten die beiden Chefredakteure gehen. Ein neuer Chefredakteur und ein Artdirektor – erstaunlicherweise der erste seit der Gründung des Magazins – sollen es nun richten. Dieser Artdirektor, Uwe C. Beyer, war Keynote Speaker der Creative Printing 2013 und stellte in Wien erstmals die Grundzüge eines neuen Spiegel-Designs vor. “Die Umgestaltung einer Ikone”, so nannte Beyer dann auch seinen Vortrag in Wien, wird sanft sein, nicht revolutionär, soll die Tugenden des “Spiegel”, auch die Starschreiber der Magazins ein wenig besser inszenieren. 

Schwierige Koalitionen

Vor vielleicht ähnlich opulenten Aufgaben steht auch Manfred Schmid, Geschäftsführer von Ueberreuter Print. Er nahm die Creative Printing 2013 zum Anlass, sein Konzept der Kooperationen zwischen Druckereien vorzustellen, für einen Abbau der Überkapazitäten im Markt zu werben. Vor wenigen Monaten hat Schmid ja mit den Stadtdruckern den ersten Stein ins Puzzle einer künftigen Konstruktion gedrückt, die noch viele andere Druckerein integrieren soll.  Doch so attraktiv das Konzept auch klingen mag – Schmid weiß auch, wie schwierig die Details für solche Allianzen auszuhandeln sind: „Kooperieren, das würden wohl alle gerne, aber sobald es darum geht, auch den eigenen Standort aufgeben zu müssen, sieht die Meinungslage schon anders aus“, so Schmid.

Altes Problem

Es waren teilweise überraschende Perspektiven auf Probleme der Branche, die allerdings allesamt schon länger bestehen. Was wiederum Peter Sommer in seinem Vortrag recht eindrücklich bewies: „Ich hatte vor kurzem die Gelegenheit, das Protokoll einer Gesellschafterversammlung einer großen Druckerei zu lesen. Darin beklagt sich der Hauptgesellschafter und Geschäftsführer ausgiebig über die schlechte wirtschaftliche Situation, die miserable Auftragslage, die entsetzlich schlechten Preise und den Wettbewerb, der jeden noch so idiotischen Preiskampf anzettle. Er kommt in diesem Protokoll zu dem Schluss, dass das mit dem Drucken wohl keine Zukunft habe und man sich besser anderen, lukrativeren Geschäftsfeldern widmen solle”. Das Protokoll stammt aus dem Jahr 1956. Die Druckerei gibt es immer noch.

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